Drittes Symposium Dürnstein – Internationaler Gedankenaustausch
St. Pölten (nlk) - Im Stift Dürnstein fand heuer bereits zum dritten Mal das Symposium Dürnstein
mit dem Thema "Die Krise und das Gute Leben" statt. Veranstaltet wurde das Symposion von der NÖ
Forschungs- und Bildungsges.m.b.H. (NFB) in Kooperation mit der Donau-Universität Krems und der Kirchlichen
Pädagogischen Hochschule Wien/Krems. Kuratorin und damit inhaltlich verantwortlich zeichnete auch heuer wieder
Dr. Ursula Baatz.
Ziel des Symposion Dürnsteins ist es, einen internationalen Gedankenaustausch anzuregen und mit Referenten
und Teilnehmern Impulse zu setzen, damit Weiteres entstehen und sich entwickeln kann. Der Bogen spannte sich heuer
von den Mythen der Kalkulation über die Frage "Wieviel ist genug?", die globalisierten Arbeitsmärkte,
die Frauenarbeit, Prekarisierung und die Armut in Europa, die Menschenrechte bis hin zur Spiritualität und
"Vivir bien". Die Teilnehmer des sehr gut besuchten Symposions Dürnstein waren gefordert, flexibel
zu sein und sich den unterschiedlichen Aspekten zu widmen. In dichter Folge wurden unterschiedliche Zugänge
zur Frage, was Gutes Leben ausmacht und bedeuten kann, dargestellt und diskutiert.
Wirtschaftswissenschafter Tomas Sedlacek, Chefvolkswirt der Tschechischen Handelsbank, versprach im Eröffnungsvortrag
spannende Debatten: "Es gibt kein perfektes System, das nicht irgendwann einem Crash zum Opfer fällt!"
Auf die technologischen Veränderungen nahm der zweite Tag Bezug. Robert Skidelsky, Professor für Ökonomie
an der Universität Warwick, warnte: "Wie schaffen wir die Transition zu einer Gesellschaft mit immer
weniger Einkommen und Jobs? Nur mit Grundeinkommen und einer Bildung, die uns auf diese Zukunft vorbereitet!"
In diesem Sinne argumentierte auch Adelheid Biesecker, Professorin für Ökonomische Theorie: "Es
gibt für die Gesellschaft abseits der Erwerbsarbeit so viel zu tun, das erfordert eine Umverteilung unserer
Zeit!" Zum Thema der Guten Arbeit auf globalisierten Arbeitsmärkten gab es auch eine Podiumsdiskussion
unter der Leitung von Dekanin Gudrun Biffl. Politikwissenschafterin Isabell Lorey widmete sich dem Regime der Prekarisierung,
Markus Hengstschläger der Wichtigkeit der Grundlagenforschung als Zukunftsvorsorge und die Theologin Anemone
Eglin erhob Einspruch gegen die Trennung von Demenz und Lebensfreude in einer immer älter werdenden Gesellschaft.
Was die Religion in Bezug auf Gutes Leben ausmacht, war Inhalt des Streitgespräches zwischen Dozentin Amani
Abuzahra, Theresia Heimerl, Professorin für Religionswissenschaften, und Robert Pfaller, Professor für
Philosophie.
Rechtsphilosoph Gerhard Luf bezog sich in seinen Ausführungen auf Aristoteles und den Begriff der Eudaimonia
als umfassendes Verständnis von gelungenem Leben als eine Basis, die auf die Polis ausgerichtet ist. Jürgen
Breuste, Professor für Stadt- und Landschaftsökologie, stellte sich die Frage, welche Rolle die Natur
für die Gesundheit der Menschen hat, und widmete sich den Zwischenstädten, deren Problematik der Stadt-
und Raumplaner Reinhard Seiß sehr anschaulich aufzeigte. Mieze Medusa erörterte sehr ausdrucksvoll,
was Gutes Leben am Land bedeuten kann, mit allem Für und Wider. Die Frage des Guten Lebens auf der Straße
wurde im Gespräch "Gutes Leben ohne Netz" diskutierte. "Hautnahes Erleben des Lebens auf der
Straße bedeutet Konfrontation mit Aspekten, mit denen wir uns für gewöhnlich nicht konfrontieren
wollen", stellte der Zen-Meister Heinz-Jürgen Metzger fest. "Allerdings ist es ein Unterschied,
ob in Straßenretreats oder -exerzitien oder aus der Not heraus auf der Straße gelebt wird", führte
Gefangenen- und Krankenhausseelsorger Johannes König aus und Robert Sommer, Redakteur und Mitbegründer
der Straßenzeitung Augustin, warf die Frage auf "Wem gehört eigentlich die Straße?"
Für Michaela Moser, Vizepräsidentin des Europäischen Armutsnetzwerks, ging es "stark darum,
unser Denken zu verwenden" und "zu überlegen, in welchen Konzepten wir denken", denn "es
gehört auch zum Guten Leben, mehr auf Achtsamkeit zu achten und die Wahrnehmung zu schärfen". Einer
der Höhepunkte des Symposiums war die Schlussdiskussion mit Universitätslektor Christian Felber, der
Vizepräsidentin des Europäischen Armutsnetzwerkes Michaela Moser, Veit Schmid-Schmidsfelden, Vorstandsmitglied
der Industriellenvereinigung NÖ, und Oscar Vega Camacho, Politikwissenschafter aus Bolivien.
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