Burgtheater

 

erstellt am
12. 03. 14
11.30 MEZ

 Kulturminister Ostermayer beruft Direktor Hartmann ab
Holdingchef Georg Springer spricht Entlassung aus und kündigt selbst Rückzug aus Burgtheater-Aufsichtsrat an
Wien (bpd) - "Ich musste heute den Direktor des Burgtheaters, Matthias Hartmann, abberufen, Georg Springer hat den Vertrag aufgelöst und die Entlassung ausgesprochen", sagte Bundesminister Josef Ostermayer am 11.03. bei einer Pressekonferenz im Bundeskanzlerkamt, die er gemeinsam mit Georg Springer, dem Geschäftsführer der Bundestheater Holding gab. "Aufgrund der Fakten und den vorliegenden Rechtsgutachten gab es keine andere Möglichkeit. Hartmann hat seine Sorgfaltspflicht als Geschäftsführer erheblich verletzt. Er hat weder Mängel des Rechnungswesens noch bei der internen Kontrolle behoben. Um weiteren Schaden für die Republik und das Burgtheater abzuwenden, musste dieser Schritt unmittelbar erfolgen."

Bundestheater-Holding-Geschäftsführer Georg Springer bekannte seine Mitverantwortung und gab seinen Rückzug aus dem Burgtheater-Aufsichtsrat bekannt. "Ich werde Holding-Prokurist Othmar Stoss in die Kontrollgremien der Bundestheatertöchter entsenden", so Springer.

Ostermayer skizzierte den Stand der Dinge und die weiteren Schritte: "Ich habe bereits an meinem ersten Arbeitstag als zuständiger Minister ein Rechtsgutachten beauftragt, das sowohl gesellschaftsrechtliche als auch strafrechtliche Konsequenzen, inklusive der Möglichkeit, Schadenersatz zu fordern, untersuchen sollte. Am 3. März wurde der Rechnungshof eingeschaltet." Ebenso werde die Rolle der Wirtschaftsprüfer durchleuchtet, Anzeige gegen die KPMG wurde bereits erstattet. "Am 19. März wird bei der nächsten Aufsichtsratssitzung interimistisch ein Geschäftsführer bestellt, ebenso ist die Ausschreibung für einen neuen künstlerischen Leiter unverzüglich einzuleiten", so Bundesminister Ostermayer weiter.

Die Interims-Leitung werde große Herausforderungen zu bewältigen haben, gab Ostermayer zu bedenken. Es müsse die entstandene Kluft im Burgtheater-Ensemble geschlossen und die Weichen für die Zukunft des Theaters gestellt werden: "Ziel ist es, dass wir wieder über Stücke auf der Bühne und nicht über die Geschehnisse dahinter reden können. Denn das Burgtheater ist eine ungemein wichtige Kulturinstitution in Österreich und im gesamten deutschsprachigen Raum."


 

 Fekter: Burgtheater braucht jetzt einen Neubeginn…
…mit struktureller Kosteneffizienz und gleichbleibendem künstlerischem Niveau
Wien (övp-pk) - "Das Burgtheater braucht jetzt einen Neubeginn mit struktureller Kosteneffizienz bei gleichbleibendem künstlerischem Niveau", sagte ÖVP-Kultursprecherin Abg. Dr. Maria Fekter am 11.03. nach den Ereignissen bezüglich des Burgtheater- Managements. "Mit den Maßnahmen, die Kulturminister Ostermayer gesetzt hat, wird ein Neubeginn möglich. Dieser muss aber nach den Ereignissen der letzten Monate strikt auf Kosteneffizienz ausgerichtet sein. Das Burgtheater darf - auch in seiner unbestrittenen künstlerischen Qualität - nicht weiter darunter leiden, dass es manche als sprichwörtlichen Selbstbedienungsladen missbraucht haben."

"Das Burgtheater ist - mit öffentlichen Geldern! - großzügig dotiert und kann über mehr Budget verfügen als vergleichbare Bühnen in Europa", fügte Fekter hinzu. "Bedauerlicherweise sind aber die Produktionskosten oftmals viel zu hoch - insbesondere das Leading Team hat sich selbst offensichtlich überproportional hohe Gagen ausbezahlt, was ja der Rechnungshof auch schon massiv kritisiert hat."

"Um das hohe künstlerische Niveau des Burgtheaters halten zu können, muss es daher nun zu umfangreichen strukturellen Maßnahmen und gleichzeitig zu mehr Effizienz bei den Produktionen kommen", betonte die ÖVP-Kultursprecherin und kam auch auf die parlamentarische Kontrollfunktion zu sprechen: "Die Gagenexplosionen sind erst in jüngster Zeit entstanden und müssen im Kulturausschuss hinterfragt werden, so etwa bei der Sitzung des Kulturausschusses übermorgen, Donnerstag." Fekter hofft trotz der Entlassung Hartmanns und des Rückzugs von Georg Springer auf deren Erscheinen in der Donnerstags-Sitzung des Ausschusses. "Wir werden uns mit der Causa jedenfalls intensiv befassen."


 

Rosenkranz: Hartmann-Abgang in zwei Akten war vorhersehbar
Aufsichtsrats-Verantwortung auch noch zu klären
Wien (fpd) - "Wenig überrascht" zeigt sich FPÖ-Kultursprecher NAbg. Dr. Walter Rosenkranz von der Entscheidung Kulturminister Ostermayers, Burgtheaterdirektor Matthias Hartmann zu entlassen. " Nachdem Hartmann bereits gestern einen mehr als kuriosen Schritt (Ruhendstellung) gesetzt hat, was arbeitsrechtlich gar nicht möglich gewesen wäre, hat nun Minister Ostermayer endgültig die Reißleine gezogen und sich von Hartmann getrennt. Das von Ostermayer bestellte Gutachten zur Klärung der Mitverantwortung Hartmanns am finanziellen Debakel des Burgtheaters dürfte wohl den letzten Ausschlag für die Entlassung gegeben haben.

"Der Fall ist damit allerdings noch nicht abgeschlossen", so Rosenkranz weiter. "Denn was auf jeden Fall auch noch zu klären ist, ist die Verantwortung des Aufsichtsrates. Hier wird der Geschäftsführer der Bundestheater Holding und Aufsichtsrats-Chef des Burgtheaters Springer im Kulturausschuss einige Fragen beantworten müssen."


 

 Zinggl: Eine wichtige und wegweisende Entscheidung für die Kulturpolitik
Grüne: Das Anfragerecht des Parlaments muss wieder auf die Bundestheater ausgeweitet werden
Wien (grüne) - "Kulturminister Ostermayer hat in der Burgtheater-Affäre rasch und umsichtig agiert und die richtigen Schlüsse gezogen", lobt der Kultursprecher der Grünen, Wolfgang Zinggl, anlässlich der Abberufung von Matthias Hartmann als Direktor des Burgtheaters.

"Ich bin aber der Überzeugung, dass in die Gänge des Burgtheaters schon früher Licht gedrungen wäre, wenn sich das parlamentarische Anfragerecht auch auf die einzelnen Häuser der Bundestheater GmbH erstrecken würde. Denn es wird immer klarer: Das Ministerium muss von den Vorfällen und Problemen schon lange gewusst haben, und restlos aufgeklärt ist der Fall durch die Ablösen nicht. Wie steht es etwa mit der Verantwortung des Aufsichtsrates? Unabhängig von jeder Wirtschaftsprüfung: Um zu erkennen, ob es ein internes Kontrollsystem am Burgtheater gibt, reicht ein Blick ins Organigramm. Andererseits ist der geringe Enthusiasmus der Aufsichtsorgane angesichts einer Sitzungspauschale von 100 oder 150 Euro nachvollziehbar. Grundsätzlich sieht es so aus, als hätte auch die Holding die ihr zugedachten Aufgaben nicht erfüllt. Sie ist daher massiv in Frage zu stellen", meint Zinggl.

"Hoffen wir, dass dieser unschöne Anlassfall nun die Transparenz erhöht. Und hoffen wir weiter, dass der Fall Burgtheater Signalwirkung erzielt, was Selbstbedienung und Günstlingswirtschaft im Kulturbereich betrifft. Wo nicht die Kunst, sondern der persönliche Vorteil im Vordergrund steht, werden wir nicht aufhören, dies zu thematisieren", sagt Zinggl.


 

Franz fordert Sonderprüfung des Rechnungshofes
Hat Aufsichtsrat bei Kontrolle versagt?
Wien (str) - Nach den offensichtlichen Personalkonsequenzen beim Burgtheater verlangt Team Stronach Kultursprecher Abg. Marcus Franz eine Sonderprüfung des Rechnungshofes. "Die verworrene Situation und die gegenseitigen Schuldzuweisungen machen eine unabhängige und objektive Untersuchung von höchster Stelle notwendig", betont Franz.

Zur Entlassung von Burg-Chef Matthias Hartmann sagt Franz: "Die Köpfe der Verdächtigen abzuschlagen ist eine wirkungsvolle Methode. Aber ob sie vor einer endgültigen Klärung auch die beste Methode ist, kann bezweifelt werden."

Für den Team Stronach Kultursprecher ist in diesem Zusammenhang auch die Rolle des Aufsichtsrates der Bundestheater-Holding zu klären. "Dieser Aufsichtsrat ist hochkarätig besetzt - u.a. mit der ehemaligen Ministerin Hilde Hawlicek, dem Noch-Sektionschef im Finanzministerium Gerhard Steger oder dem Präsidialchef im Bundeskanzleramt Manfred Matzka. Es ist zu prüfen, warum dieser Aufsichtsrat seiner Prüfpflicht offensichtlich nicht nachgekommen ist."

Franz weist auch darauf hin, dass der Rechnungshof bereits im Jahr 2010 Mängel bei der internen Revision festgestellt hat. "Es muss daher auch geklärt werden, ob und was seitdem in diesem Bereich geschehen ist."


 

Meinl-Reisinger: Gelegenheit für einen Neustart der Bundestheater-Holding nutzen
Ohne Strukturreform werden sich Krisen wie am Burgtheater wiederholen
Wien (neos) - Die Ablösung von Matthias Hartmann durch BM Ostermayer bezeichnet die NEOS-Kultursprecherin und Kulturausschussvorsitzende Beate Meinl-Reisinger als konsequenten und notwendigen Schritt. Weder das "ruhen lassen" der Geschäftsführung noch der Rückzug Hartmanns auf die künstlerische Leitung sei rechtlich haltbar gewesen.

Für einen Neustart im Burgtheater und der Bundestheater-Holding, müsse das Zurücklegen der Aufsichtsrats-Funktionen durch Holding-Chef Georg Springer selbstverständlich sein. "Wir müssen diese Gelegenheit nutzen, um die offensichtlichen Mängel in der Struktur und Organisation der Holding zu beheben. Die Trennung der Funktionen des Holding-Chefs und Aufsichtsrat sind ein erster Schritt in einer Reihe notwendiger und längst überfälliger Maßnahmen," so Meinl-Reisinger. Damit die Holding nach einem wohl nötigen Neustart ihre Kontroll- und Steuerungsfunktionen endlich ausreichend wahrnehmen könne, brauche es neben grundlegenden Überlegungen hinsichtlich stärkerer Zentralisierung wesentlicher Bereiche auch endlich das konsequente Beheben wesentlicher Planungs- und Kontrollmängel:

- eine Analyse aller Controllingtätigkeiten der Bühnengesellschaften, - die Festlegung genauer Kennzahlen in allen Budgetbereichen für die Bühnengesellschaften durch die Holding, - die Vereinheitlichung der Rechnungslegungs-Software, der Budgetplanungsprozesse und -kalender in allen Bühnengeselschaften,

~ - eine Zentralisierung zumindest einiger Rechnungslegungsprozesse der Bundestheater bei der Holding, - ein konzernweit gültiges Handbuch zur Bilanzierung. Die meisten dieser Maßnahmenempfehlungen waren dem BMUKK und der ~

Holding seit der Effizienzanalyse der Bundestheater-Holding 2010 durch Ernst&Young bekannt. Damals wurde auch am Beispiel der Staatsoper gezeigt, dass die einzelnen Bundestheater regelmäßig 10% unter den tatsächlichen Ist-Werten des Vohrjahres ihre Budgets planen. "Eine Bundestheater-Holding macht nur Sinn, wenn sie den Bundestheatern kaufmännische Aufgaben abnimmt, damit die Bühnen sich auf die Kunst konzentrieren können. Eine Holding, die nichts sieht, nichts hört und nichts weiß, ist nur ein Kostenfaktor," so Meinl-Reisinger abschließend.

Die Verantwortung der Inhalte liegt bei den Aussendern. Die Redaktion.

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