Europäische Konferenz mit LH Erwin Pröll in Wroclaw beriet darüber, wie aus
Krisen und Wandel Chancen erwachsen können.
Wroclaw/St. Polten (landentwicklung.org) - Rund 150 Interessierte aus zehn Ländern Europas sind am
06. und 07.03. einer Einladung der Europäischen ARGE Landentwicklung und Dorferneuerung zur Konferenz „European
Rural Visions 2020. Krisen – Wandel – Chancen“ ins polnische Wroclaw gefolgt und beschäftigten sich zwei Tage
lang mit den mannigfaltigen Zukunftsfragen, die Europas ländliche Regionen bewegen und herausfordern. Der
niederösterreichische Landeshauptmann und Vorsitzende der ARGE Landentwicklung und Dorferneuerung, Erwin Pröll,
brachte es in einem einleitenden Statement auf den Punkt: „Die Entwicklung von Dörfern und ländlichen
Regionen kann längst nicht mehr auf die Landwirtschaft reduziert werden, sondern reicht erheblich weiter.
Wir müssen uns mit der ganzheitlichen Dimension auseinandersetzen und die großen Herausforderungen in
Angriff nehmen, mit denen sich unsere Gesellschaft konfrontiert sieht.“
Zu diesen großen Herausforderungen zählen der demografische Wandel, der Themenkreis Klima und Energie,
die Schaffung von regionaler Wertschöpfung angesichts einer globalisierten Wirtschaft oder der Umgang mit
den Ressourcen Landschaft und Boden. Manche dieser Entwicklungen wie etwa der demografische Wandel betreffen ländliche
Dörfer und Gemeinden in besonders dringlicher Weise, für andere wiederum – Stichwort erneuerbare Energien
– bieten vitale ländliche Räume gangbare Lösungen. Klar ist daher, wie dies im Rahmen der Konferenz
vonseiten der international und interdisziplinär zusammengesetzten Runde der ReferentInnen wie auch TeilnehmerInnen
mehrfach festgestellt wurde: Nur durch ein Miteinander von Stadt und Land, ein Miteinander städtischer und
ländlicher Gesellschaft sind wir befähigt, Antworten auf die großen Fragen der Zukunft Europas
zu finden.
Zeitgemäße Lebensräume brauchen Diversität
Um die Attraktivität von Dörfern als Lebensraum für Menschen jeder Generation und beider Geschlechter
zu steigern, bedarf es in vielen Bereichen des täglichen Lebens einer Auswahl an Angeboten – sei es im Bereich
der Kinderbetreuung, sei es im Dienstleistungsbereich oder im Vereinswesen. Da einzelne Gemeinden diese Diversität
nicht zu bieten vermögen, sind kommunale und interkommunale Allianzen von unschätzbarer Bedeutung. „Der
demografische Wandel, der neben einem Älterwerden der Bevölkerung auch dadurch gekennzeichnet ist, dass
die Gesellschaft bunter wird, ist nicht aufzuhalten, nicht in den großen Städten und schon gar nicht
in den Dörfern – umso wichtiger ist es daher, auf ihn zu reagieren und Strategien zu entwickeln, die ihn nicht
als Bedrohung beklagen, sondern als Chance erkennen“, zeigte sich etwa BOKU-Professorin Gerlind Weber überzeugt.
(Wieder-)Entdeckung alternativer Wirtschafts-, Demokratie- und Energiekonzepte
Keineswegs im Widerspruch zu nationalen, europäischen und globalen Realitäten stehen ländliche
Regionen, die durch Kreativität und Innovationskraft alternative Wege bestreiten, wenn sie beispielsweise
durch die Besinnung auf das Genossenschaftswesen und die Etablierung von Regionalgeld Wertschöpfung neu definieren
und den Verlust von Kaufkraft minimieren, wie dies Franz Galler vom bayrischen Büro für nachhaltige Regionalentwicklung
darlegte. Eine Intention übrigens, die angesichts der Tatsache, dass die Europäische Union jährlich
rund 400 Milliarden Euro für den Import von Erdöl und Erdgas vorwiegend aus Russland und dem Nahen Osten
ausgibt, neben dem Klimaschutz auch das zentrale Argument für die Erzeugung erneuerbarer Energien darstellt,
wie dies der luxemburgische Staatssekretär für Nachhaltigkeit und Infrastruktur, Camille Gira, betonte.
„Ohne ländliche Räume, wo neben Nahrungsmitteln auch ein breites Portfolio an erneuerbarer Energie erzeugt
wird, ist die Energiewende, an deren Notwendigkeit längst kein Zweifel mehr besteht, schlicht und einfach
unmöglich.“ Neue Beteiligungsmodelle spielen bei der Finanzierung von alternativen Energieanlagen genauso
eine Rolle wie bei einer Vielzahl anderer Projekte, die von und mit den BürgerInnen erdacht und umgesetzt
werden – eine „Schule für Basisdemokratie par excellence“, so Henning Kuschnig vom Sächsischen Staatsministerium.
Am Rande der Konferenz, die in Kooperation mit den polnischen Wojewodschaften Niederschlesien und Oppeln sowie
der Universität für Naturwissenschaften Wroclaw, veranstaltet wurde, zeigte die Europäische ARGE
Landentwicklung und Dorferneuerung eine Fotoausstellung, die die Vielfalt und Schönheit von Kulturlandschaften
in europäischen ländlichen Räumen eindrucksvoll widerspiegelt, und präsentierte die zweisprachige
„Rural Raodmap“, ein Leitbild für eine nachhaltige Entwicklung europäischer Dörfer und Landgemeinden.
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