Bericht des BMVIT über EU-Vorhaben 2014
Wien (pk) - Die Europäische Kommission (EK) stellt in ihrem Arbeitsprogramm 2014 die Förderung
von Wachstum und Beschäftigung in den Mittelpunkt. Die Herausforderung der nächsten Jahre werde es sein,
intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum in Europa zu erzielen, unterstreicht Verkehrsministerin Doris
Bures in der Einleitung der Jahresvorschau des BMVIT über EU-Vorhaben in den Bereichen Verkehr und Infrastruktur.
Der Bericht bietet einen Überblick über das Legislativ- und Arbeitsprogramms der EK und das operative
Jahresprogramm des EU-Rats.
Auf den Weg zum vollständig integrierten und vernetzten Binnenmarkt
Mit der Umsetzung des Rahmenprogramms "Horizont 2020" sollen Investitionen in Innovation und Forschung
gefördert, die richtigen Markt- und Wirtschaftsbedingungen geschaffen und die nationalen Anstrengungen besser
aufeinander abgestimmt werden. Im Verkehrsbereich bedeutet das für die EU-BürgerInnen eine effizientere
Nutzung der Netze und den erleichterten Wechsel zwischen den verschiedenen Beförderungsarten. Die EK wolle
dazu Vorschläge in den Bereichen Schienenverkehr, Flughäfen, Flugverkehrsmanagement und Häfen verabschieden.
Ein vollständig integrierter und vernetzter Binnenmarkt, der auch die Bereiche Telekommunikation, Energie
und Verkehr umfasst, erfordere eine erschwingliche, zugängliche, effiziente und sichere Netzinfrastruktur,
stellt das Verkehrsministerium grundsätzlich fest.
Die Fazilität "Connecting Europe" (CEF) - das Finanzierunginstrument für die Umsetzung der
Transeuropäischen Netze (TEN) Verkehr, Energie sowie Kommunikation für den Zeitraum 2014-2020 – ist eng
mit dem mehrjährigen Finanzrahmen verknüpft. Der EU-Haushalt diene damit als Katalysator für private
Investitionen in strategische Netzinfrastrukturen, heißt es dazu im Bericht. Seit September 2013 gibt es
einen Vorschlag zur Errichtung eines Binnenmarkts für die Telekommunikation bis 2015. Die EK sieht darin einen
wichtigen Schritt in Richtung eines tatsächlichen digitalen Binnenmarkts.
Viertes Eisenbahn-Paket: mehr Kompetenzen für Europäische Eisenbahnagentur
Unter den als vorrangig bezeichneten Initiativen des europäischen Gesetzgebers kommt dem Vierten Eisenbahn-Paket
eine besondere Bedeutung zu. Damit soll das Projekt eines einheitlichen europäischen Eisenbahnraums vollendet
werden. Seit 2013 liegen zwei wichtige Richtlinienvorschläge zur Übertragung von Kompetenzen an die Europäische
Eisenbahnagentur vor. Bei der Neufassung der Vorschriften zur Interoperabilität des Eisenbahnsystems handelt
es sich um Fragen der Marktzulassung von Eisenbahnfahrzeugen, während die Neufassung der Vorschriften der
Eisenbahnsicherheit die Ausstellung von Sicherheitsbescheinigungen für Eisenbahnunternehmungen, die diese
für den Netzzugang benötigen, betrifft. Bei beiden Vorschlägen stimmt Österreich mit der Position
des Rats überein und sieht europaweit einheitliche Regelungen als unerlässlich für den gemeinsamen
Eisenbahnraum.
Kritisch wird von Österreich hingegen der Entwurf bezüglich der Öffnung des Marktes für einheimische
Schienenpersonenverkehrsdienste und der Verwaltung der Eisenbahninfrastruktur gesehen. Grundsätzlich geht
es dabei um die Trennung der Infrastruktur vom Eisenbahnbetrieb. Nach österreichischer Auffassung sind die
vorgesehenen Bedingungen zu strikt und könnten Holdingsysteme in Frage stellen. Gerade Österreich sei
einer der Staaten, in denen die Netzöffnung am weitesten fortgeschritten ist, gleichzeitig habe man bewiesen,
dass auch ein Holdingmodell einen funktionierenden Wettbewerb auf dem Netz ermöglicht, argumentiert das Verkehrsressort.
Es gebe hierzulande auch keine Diskriminierung im Netzzugang. Österreich werde in den Verhandlungen daher
für die Beibehaltung eines integrierten Eisenbahnunternehmens plädieren, so die Verkehrsministerin.
Österreich kritisch bis ablehnend zum Vorschlag im Bereich IKT –Telekommunikation, Post, Innovation, Patentwesen
Der Bericht führt auch zwei Initiativen an, die der Vereinfachung und Verringerung des Verwaltungsaufwands
dienen sollen. Die erste der genannten REFIT-Maßnahmen betrifft Vereinfachungen der Regelungen für den
Zugang zum Markt des grenzüberschreitenden Güterverkehrs. Österreich begrüßt diese Regelung,
wünscht sich aber Detaillierungen zur Frage der Kabotage, wobei grundsätzlich Österreich negative
Auswirkungen einer weiteren Liberalisierung des Kabotagemarktes befürchtet.
Überwiegend kritisch bis ablehnend verhält sich Österreich zum Vorschlag für eine Verordnung
zum Bereich IKT –Telekommunikation, Post, Innovation, Patentwesen über Maßnahmen zum europäischen
Binnenmarkt der elektronischen Kommunikation. Im Vorschlag geht es darum, dass BürgerInnen und Unternehmen
ohne grenzbedingte Beschränkungen und ungerechtfertigte Zusatzkosten Zugang zu elektronischen Kommunikationsdiensten
haben sollen, wo immer diese in der EU angeboten werden.
Österreichs wendet unter anderem ein, dass der Vorschlag durch seine komplexe Struktur, die neben einer Verordnung
auch die Abänderung von Richtlinien vorsieht, Rechtsunsicherheit schaffe. Eine Vollharmonisierung in manchen
Bereichen erscheint aus heimischer Sicht fraglich. Das betreffe etwa den Konsumentenschutz, wo es zu keiner Verringerung
des hohen Schutzniveaus kommen dürfe. Der Vorschlag würde auch den Aufwand für die nationalen Regulierungsbehörden
erhöhen, der Nutzen für die Unternehmen sei hingegen zweifelhaft, da die bürokratischen Hürden
für sie nicht in der Frage der EU-weiten Genehmigung, sondern in nicht voll harmonisierten Bereichen wie Wettbewerbs-,
Steuer- Unternehmens-, Arbeits- und Sozialrecht liegen, so der österreichische Standpunkt.
Grundsätzlich begrüßt wird von Österreich der im Vorschlag enthaltene Ansatz zu einer europaweiten
Regelung für ein offenes Internet. Der von der Kommission vorgeschlagene Text wird aber als zu weitgehend
erachtet, da er Eingriffsmöglichkeiten zu sehr dem vertraglichen Belieben von Betreibern und Content Anbietern
anheimstelle, wird im Bericht angemerkt. Im Ergebnis scheine der Vorschlag damit auf ein Zwei-Klassen-Regime im
Internet hinauszulaufen. Das gefährde einerseits das vom Internet ausgehende Innovations- und Wachstumspotenzial
und andererseits die vom Nutzer erwarteten Rechte in Bezug auf das "offene Internet".
TEN-Leitlinien Verkehr kommen Österreich entgegen
Das operative Arbeitsprogramm während der achtzehn Monate der Ratsvorsitze Irlands, Litauens und Griechenlands,
das bis Mitte 2014 läuft, führt unter den verkehrspolitischen Prioritäten Themen wie nachhaltige
Vernetzung, Sicherheit und Gefahrenabwehr bei Verkehrsträgern, fairen Wettbewerb und Marktzugang sowie neue
Technologien und Mobilität an. Die drei Ratsvorsitze haben die Beratungen über das Flughafenpaket, das
Seeverkehrspaket, das Verkehrssicherheitspaket, die Vorschläge zum Schienen- und Güterverkehr, zur Frachtgutbeförderung
zwischen EU-Häfen und zum einheitlichen europäischen Luftraum aktiv vorangebracht.
Besonders Augenmerk lag auf dem Vorschlag für eine Verordnung über die Leitlinien für Transeuropäische
Verkehrsnetze (TEN-V) und über die Fazilität "Connecting Europe" (CEF), in der die Finanzierungsbeiträge
für TEN-Verkehrsprojekte festgelegt sind. Mit Jahresbeginn 2014 sind beide Verordnungen in Kraft getreten.
Die für die TEN-V in der Periode 2014-2020 zur Verfügung stehenden EU-Finanzmittel betragen nach laufenden
Preisen rund 14,95 Mrd. €. Als EU-Kofinanzierungsbeitrag für die TEN-V ist im Rahmen von CEF ein Maximalsatz
von 40 % vorgesehen, wenn es sich um grenzüberschreitende Schienen- und Binnenwasserstraßenprojekte
und die Beseitigung von Engstellen bei Binnenwasserstraßen handelt. Die EU-Finanzmittel müssen im Rahmen
von Ausschreibungen beantragt werden.
Der Vorschlag sei hinsichtlich der Definition der Netze und insbesondere des Kernnetzes für Österreich
günstig, hält das Verkehrsministerium dabei fest. Es bestehe auch kein Erfordernis, die nationalen Ausbaupläne
für Infrastruktur, etwa das Zielnetz der ÖBB, anzupassen. Österreich begrüßt die CEF-Verordnung,
da hier ein Schwerpunkt für umweltfreundliche Verkehrsträger gesetzt wird.
Zulassung von "Gigalinern": Österreich befürchtet Druck durch Richtlinienänderung
Im Straßenverkehr gebe es nach wie seitens mehrerer EU-Mitgliedsstaaten Bestrebungen, überlange und
überschwere LKW; so genannte "Gigaliner", europaweit zuzulassen, ist dem Bericht des Verkehrsministeriums
zu entnehmen. Die EK versuche, mit einem Legislativvorschlag zur Änderung der Richtlinie RL 96/53/EG (über
Maße und Gewichte) unter gewissen Voraussetzungen grenzüberschreitende Fahrten von Gigalinern zu ermöglichen.
Aus österreichischer Sicht liegt darin die Gefahr, dass mit dem Argument des Binnenmarktes bzw. Diskriminierungsverbots
politischer und wirtschaftlicher Druck ausgeübt werden könnte, ebenfalls höhere Abmessungen zuzulassen.
Gigaliner würden aber den die Wettbewerbsbedingungen umweltfreundlicher Verkehrsträger verschlechtern,
und das hochrangige Straßennetz stark belasten. Österreich habe sich daher immer vehement und mit Nachdruck
bei sämtlichen Gelegenheiten sowohl national als auch auf EU-Ebene gegen die Einführung von Gigalinern
und die Überarbeitung der Richtlinie ausgesprochen.
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