Brüssel (ec) - Die Kommission hat am 19.03. in den Bereichen, in denen sie Handlungsbefugnis hat, positiv
auf die allererste europäische Bürgerinitiative reagiert. Die Organisatoren der europäischen Bürgerinitiative
„Right2Water“ riefen die Kommission auf, allen Bürgerinnen und Bürgern der EU das Recht auf Wasserversorgung
und Abwasserentsorgung zu garantieren, die Versorgung mit Trinkwasser und die Bewirtschaftung von Wasserressourcen
von den Binnenmarktregeln und der Liberalisierung auszuschließen und weitere Anstrengungen zu unternehmen,
um weltweit universellen Zugang zu Wasserversorgung und Abwasserentsorgung zu sichern.
Vizepräsident Maroš Šefc(ovic( sagte: „Die Bürgerinnen und Bürger Europas haben ihr Anliegen vorgebracht,
und die Kommission hat heute positiv darauf reagiert. Als direktes Ergebnis dieses ersten gesamteuropäischen,
bürgergesteuerten Demokratieprozesses kommen verbesserte Wasserqualität, Infrastruktur, Abwasserentsorgung
und Transparenz allen Menschen – in Europa und in den Entwicklungsländern – zugute. Ich beglückwünsche
die Organisatoren zu ihrem Erfolg.“
Die Reaktion der Kommission ist Gegenstand einer Mitteilung, in der als Erstes dargelegt wird, dass die EU bereits
enorm viel für Wasserversorgung und Abwasserentsorgung getan hat. So hat sie EU-weit ehrgeizige Standards
für die Wasserqualität vorgegeben und Finanzmittel für den Ausbau und die Verbesserung der Wasserinfrastruktur
in Mitgliedstaaten bereitgestellt.
Die Entscheidung über die optimale Verwaltung von Wasserdienstleistungen liegt fest in den Händen der
Behörden in den Mitgliedstaaten, und die Kommission wird auch künftig die AEUV-Bestimmungen beachten,
nach denen die EU zu Neutralität gegenüber den nationalen Entscheidungen über die Eigentumsordnung
für Wasserversorgungsunternehmen verpflichtet ist. Auch bei internationalen Handelsverhandlungen wird die
Kommission weiterhin sicherstellen, dass die auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene getroffenen Entscheidungen
über die Verwaltung von Wasserdienstleistungen respektiert und gesichert werden. Die einzigartige Bedeutung
der Wasserversorgungs- und Abwasserentsorgungsdienstleistungen für die Befriedigung grundlegender Bedürfnisse
der Bevölkerung wird durchgehend im EU-Recht anerkannt. Die Wasserverteilung und -versorgung sowie Abwasserentsorgungsleistungen
sind bereits ausdrücklich vom Anwendungsbereich der grenzüberschreitenden Dienstleistungsfreiheit ausschlossen.
Im vergangenen Jahr hat die Kommission als direkte Folge von Bedenken der Öffentlichkeit die Bereitstellung
von Wasserdienstleistungen aus der Richtlinie über die Konzessionsvergabe ausgeschlossen.
Weltweit stellt die EU zusammen mit ihren Mitgliedstaaten derzeit nahezu 1,5 Mrd. EUR jährlich für Programme
für Wasserversorgung, Abwasserentsorgung und Hygiene (Water Supply, Sanitation and Hygiene - WASH) in Entwicklungsländern
bereit und ist damit der wichtigste einzelne Geldgeber auf diesem Gebiet.
Im Lichte der Europäischen Bürgerinitiative war die Kommission bemüht, noch vorhandene Lücken
sowie Bereiche zu ermitteln, in denen auf EU- oder nationaler Ebene noch mehr getan werden muss, um auf die Anliegen
einzugehen, die diesen Aufruf der Bürger zum Handeln motivieren. Heute sagte sie die folgenden konkreten Schritte
und neue Maßnahmen in Bereichen zu, die für die Initiative und ihre Ziele unmittelbar von Belang sind:
- verstärkte Anstrengungen, um die vollständige Umsetzung des EU-Wasserrechts
durch die Mitgliedstaaten zu erreichen;
- Einleitung einer EU-weiten öffentlichen Konsultation zur Trinkwasserrichtlinie,
um zu prüfen, inwieweit Verbesserungen erforderlich sind und wie diese erreicht werden können;
- Verbesserung der Information der Öffentlichkeit durch den weiteren Ausbau
einer straffen, transparenteren Verwaltung und Verbreitung von Daten zu kommunalem Abwasser und Trinkwasser;
- Prüfung der Möglichkeit, Richtwerte für die Wasserqualität
aufzustellen;
- Förderung eines strukturierten Dialogs zwischen den Interessenträgern
über Transparenz in der Wasserwirtschaft;
- Zusammenarbeit mit bestehenden Initiativen, um ein breiteres Spektrum von Indikatoren
und Richtwerten für Wasserdienstleistungen anzubieten, und Verbesserung der Transparenz und Rechenschaftspflicht
der Anbieter von Wasserdienstleistungen, indem den Bürgerinnen und Bürgern vergleichbare Daten zu zentralen
wirtschaftlichen und qualitativen Indikatoren zur Verfügung gestellt werden;
- Anreize für innovative Ansätze für die Entwicklungshilfe (z. B.
Förderung von Partnerschaften zwischen Wasserversorgungsunternehmen und von öffentlich-öffentlichen
Partnerschaften), Förderung des Austauschs bewährter Praktiken zwischen den Mitgliedstaaten (z. B. Solidaritätsinstrumente);
- Einsatz dafür, dass der universelle Zugang zu Wasserversorgung und Abwasserentsorgung
eine Priorität der Nachhaltigkeitsziele in der Zeit nach 2015 ist;
- Aufforderung der Mitgliedstaaten, im Rahmen ihrer eigenen Zuständigkeiten
den in Form dieser Initiative vorgebrachten Anliegen der Bürgerinnen und Bürger Rechnung zu tragen und
ihre eigenen Anstrengungen zu verstärken, um sicherzustellen, dass gesundheitlich unbedenkliches, sauberes
und erschwingliches Wasser für alle zur Verfügung steht.
Hintergrund
Die europäische Bürgerinitiative wurde im April 2012 als wichtiges Instrument eingeführt, mit
dem die Bürgerinnen und Bürger ihre Anliegen auf die Tagesordnung bringen können. Sie ermöglicht
einer Million Menschen aus mindestens einem Viertel der EU-Mitgliedstaaten, die Europäische Kommission zum
Handeln in Bereichen aufzufordern, in denen diese Handlungsbefugnis hat. Die erste erfolgreiche europäische
Bürgerinitiative, Right2Water, sammelte 1,68 Millionen Unterschriften, wobei sie in 13 Mitgliedstaaten die
Mindestzahl erreichte – damit lag sie weit über dem rechtlich vorgeschriebenen Minimum. Bis heute haben insgesamt
mehr als 5 Millionen Bürgerinnen und Bürger der EU über 20 verschiedene Initiativen unterzeichnet.
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