Schwerpunkte des neuen Generalverkehrskonzept
St. Pölten (mms) - Die Arbeiten am neuen Generalverkehrskonzept der Stadt sind nach über einem
Jahr intensiver Diskussionen und Planungsarbeit abgeschlossen. Die Schwerpunkte des neuen Generalverkehrskonzepts
liegen in der Verbesserung der Rahmenbedingungen für den Umweltverbund, d.h. fürs zu Fuß gehen,
fürs Rad fahren sowie für die Abwicklung des öffentlichen Verkehrs.
Da das alte Generalverkehrskonzepts (GVK) der Stadt aus dem Jahre 1989 stammt und seit in Kraft treten des GVK
durch Infrastrukturprojekte, Landeshauptstadtwerdung sowie durch das Wachstum der Stadt sich die Rahmenbedingungen
stark geändert haben, wurde es erforderlich das Generalverkehrskonzept grundlegend zu überarbeiten und
auf diese Weise die Verkehrsstrategie der Stadt an die zwischenzeitlich erfolgten Entwicklung und den daraus entstehenden
neuen Anforderungen anzupassen. Aufgrund dessen wurde gemeinsam mit den zuständigen Abteilungen beim Land
Niederösterreich, das als Partner in dieser Angelegenheit gewonnen werden konnte, nach einem umfangreichen
Planerfindungsverfahren dem Institut für Straßen- und Verkehrswesen der Technischen Universität
Graz sowie dem in Wien ansässigen Verkehrsplanungsbüro Rosinak & Partner ZT GmbH der Auftrag zur
Überarbeitung und Neufassung des Generalverkehrskonzepts der Stadt erteilt.
Das Generalverkehrskonzept der Stadt als strategisches Planungsinstrument
Das neue Generalverkehrskonzept ist ein strategisches Planungsinstrument in dem mit Hilfe von Zielen und Grundsätzen
die angestrebte verkehrspolitische Entwicklungsrichtung der Stadt für die nächsten 10 - 15 Jahre festgeschrieben
und durch die Angabe von Schwerpunkten jener verkehrspolitische Handlungsrahmen festgelegt wird, innerhalb dessen
die angestrebten Ziele erreicht werden sollen. Darüber hinaus dient es den unterschiedlichen mit dem Verkehr
und öffentlichen Raum befassten Abteilungen der Stadt als Leitlinie für die tägliche Planungsarbeit.
Aufgrund des mittel- und langfristig angelegten Planungszeitraums, beziehen sich einige der in der Neufassung
des Generalverkehrskonzepts angeführten Maßnahmen zum Teil auf im alten Generalverkehrskonzepts enthaltene,
aber derzeit noch nicht umgesetzte Infrastrukturprojekte, die für die Entwicklung der Stadt als erforderlich
angesehen werden und daher in der Neufassung nicht mehr einer neuerlichen Prüfung unterzogen wurden. Zu diesen
Schlüsselprojekten, auf die die Planung des neuen Generalverkehrskonzepts aufbaut, zählen die Schnellstraße
S34, die Westtangente, die Kerntangente Nord sowie die Spange Wörth (Erschließung des Betriebsgebiets
NÖ-Central).
Andererseits bedingt der bewusst grob gehaltene Planungsmaßstab des Generalverkehrskonzepts, dass die
darin enthalten Maßnahmen vor deren Umsetzung noch einer detaillierten Abstimmung bedürfen.
Auswertung der Mobilitätserhebung zeigt große Potenziale im nicht-motorisierten Verkehr
Die Auswertung der zu Beginn der Arbeiten am Generalverkehrskonzept von der TU Graz im Herbst 2012 durchgeführten
Verkehrsmessungen und Mobilitätserhebung, bei der mehr als 1.200 St. Pöltner BürgerInnen als auch
EinpendlerInnen befragt wurden, ergab dass einerseits die Reisegeschwindigkeit im motorisierten Individualverkehr
im St. Pöltner Stadtgebiet mit durchschnittlich 31,5 km/h in Nord-Süd-Richtung als auch in Ost-West-Richtung
mit durchschnittlich 32,5 km/h im Vergleich zu anderen Städten sehr hoch ist. Des Weiteren wurde erkannt,
dass die Hälfte der Wege, die die St. PöltnerInnen zurücklegen kürzer als 3 km sind und beachtliche
45% dieser kurzen Wege dennoch mit dem privaten Pkw zurückgelegt werden.
Darüber hinaus zeigt der für St. Pölten erhobene Modal-Split, mit Hilfe dessen die Benutzungshäufigkeit
der unterschiedlichen Verkehrsmittel repräsentativ dargestellt wird, im Vergleich mit anderen österreichischen
Landeshauptstädten das folgende Bild: Der öffentliche Verkehr nimmt in St. Pölten mit einem Anteil
von 17% sämtlicher im Stadtgebiet zurückgelegten Wege einen guten Wert ein, während der motorisierte
Individualverkehr mit 56% Wegeanteil- dieser liegt rund zehn Prozent über den meisten anderen österreichischen
Landeshauptstädten - sehr stark ausgeprägt ist (vgl. untenstehende Abbildung). Der nicht-motorisierte
Verkehr ist dagegen mit 11% Radverkehrsanteil und 16% Fußgängeranteil eindeutig unterrepräsentiert.
Aufgrund des hohen Anteils kurzer Wege bis 3 km die in St. Pölten mit dem privaten Pkw zurückgelegt
werden, die sich aber auch problemlos mit dem Fahrrad oder zu Fuß bewältigen ließen, auch da die
Topographie von St. Pölten nahezu optimale Voraussetzungen für den Radverkehr bietet, lassen die großen
Potentiale die in St. Pölten im nicht-motorisierten liegen, erkennen.
Zielsetzung des neuen Generalverkehrskonzepts
Aufbauend auf der Grundlagenerhebung wurde die Erkenntnis gewonnen, dass aufgrund der hohen Reisegeschwindigkeit
im MIV innerhalb des St. Pöltner Stadtgebiets zusammen mit den für den motorisierten Individualverkehr
bereits in der Umsetzungsplanung befindlichen Infrastrukturausbauprojekten (Traisentalschnellstraße S34,
Westtangente und Kerntangente Nord) keine darüber hinausgehenden Maßnahmen zur Ertüchtigung des
motorisierten Individualverkehrs im Stadtgebiet erforderlich sein werden. Hingegen wurde ein Aufholbedarf im Bereich
des nicht-motorisierten Verkehrs festgestellt, dessen Rahmenbedingungen sich durch die Umsetzung der im neuen Generalverkehrskonzept
enthaltenen Maßnahmen wesentlich verbessern sollen. Die Abbildung 3 enthält die für die Stadt St.
Pölten bis zum Jahr 2025 und darüber hinausgehend avisierten Modal Split-Ziele, die von den Verkehrsplanern
in Abstimmung mit der Politik und unter Beteiligung der St. Pöltner BürgerInnen festgelegt wurden.
Neben den Modal Split-Zielen (Abbildung 3) wurden die folgenden weiteren Ziele, die teilweise aus der Bevölkerung*) stammen, ins Generalverkehrskonzept aufgenommen:
- Mehr Lebensqualität durch weniger Kfz-Verkehr,
- Den öffentlichen Verkehr verbessern,
- Den Radverkehr fördern,
- Attraktive Fußwege im städtischen Bereich schaffen,
- Den öffentlichen Raum aufwerten,
- Zukunftweisende Mobilität in den neuen Stadtteilen (Entwicklungsgebieten
der Stadt),
- Verringerung der Abhängigkeit vom privaten Pkw.
Maßnahmenprogramm und Schwerpunkte
Zur Erreichung der oben genannten Ziele wurde das in Abbildung 4 dargestellte Maßnahmenprogramm festgelegt.
Das Maßnahmenprogramm gliedert sich in:
- Schwerpunkte: Größere Planungs- und Umsetzungsprozesse, die sich aus
der oben dargestellten Erkenntnis sowie der daraus abgeleiteten Schwerpunktsetzung ergeben und einen längeren
Zeithorizont zur Umsetzung benötigen.
- Straßennetz: Hier stellen die Lebensraumachsen eine neue Kategorie dar,
deren Sinn die Förderung des nicht-motorisierten und des öffentlichen Verkehrs, sowie die Steigerung
der Aufenthaltsqualität ist.
- Stadtteile: Aufgrund unterschiedlicher Problemstellungen in den einzelnen Stadtteilen
müssen die Lösungen ebenso individuell sein.
- Kontinuierliche Initiativen: Diese stellen die laufenden Maßnahmen der
planerisch tätigen Fachabteilungen des Magistrats dar und dienen dieser Leitlinie für die tägliche
Planungsarbeit.
Schwerpunkte des Generalverkehrskonzepts
Straßenausbau: verlagern und beruhigen / öffentlicher Raum / Lebensraumachsen:
Der Fokus dieser Schwerpunkte liegt auf der Umnutzung der durch die neu geschaffenen Verbindungsachsen freiwerdenden
Kapazitäten im vorhandenen Straßennetz und verfolgt das Ziel der Verlagerung des motorisierten Individualverkehrs
aus den Siedlungsgebieten auf die höherrangigen Straßen sowie das Rückgewinnen des Straßenraums
sowohl für den öffentlichen Verkehr, als auch den Radverkehr sowie für FußgeherInnen.
Dies soll langfristig mit einer gestalterischen Aufwertung des Straßenraums einhergehen.
In diesem Zusammenhang wurde für diese neue Straßenkategorie der Begriff Lebensraumachsen geschaffen,
die von Stadtteilzentren und sowie vom Stadtwald bis in das Stadtzentrum St. Pöltens führen. Die dafür
in Frage kommenden Straßenzüge sind: Kremser Landstraße, Purkersdorfer Straße mit der Fortsetzung
über die Wiener Straße, Josefstraße und die Andreas Hofer-Straße.
Öffentlicher Verkehr:
- Regelmäßige Evaluierung und Anpassung des ÖV-Angebots der Stadt
(LUP-Stadtbus, Anrufsammel-, Dörfer- und Nachttaxi),
- Attraktiverung des LUP-Stadtbus durch Beschleunigung (Busbevorrangung, Busspuren
und Lebensraumachsen; Prüfung der Fahrradmitnahme im/am Verkehrsmittel),
- Abstimmung / Prüfung Schnellbuslinie St. Pölten entlang der B20 Mariazeller
Straße,
- Forcierung des Vorhabens "Regionalschnellbahn St. Pölten" (Attraktive
Fahrpläne und neues Wagenmaterial sowie eigenes Branding).
Radverkehr:
- Abbau von Barrieren (Fortführung des Lückenschlussprogramms),
- Verbesserung und Sicherung von Querungen,
- Direkte Verkehrsführung und ausreichend Grünzeit bei Lichtsignalanlagen,
- Wegweisung und Beschilderung,
- Langfristig: Getrennte Führung der Radfahrer von den Fußgängern
- insbesondere auf stark von Radfahrern und / oder Fußgängern frequentierten Streckenabschnitten (Ausnahme
in Fußgängerzonen).
Ruhender Verkehr:
- Empfehlung zur Ausweitung der Parkraumbewirtschaftung mit dem Ziel der Rückgewinnung
des öffentlichen Raums, der Reduzierung des Zielverkehrs und des Suchverkehrs sowie zur Sicherung der Parkplätze
für die Anrainer.
*) Die Wünsche der Bevölkerung wurden im Rahmen der am
19. November 2013 abgehaltenen Bürgerinformationsveranstaltung "Ergebnispräsentation der Mobilitätserhebung"
von den Verkehrsplanern aufgenommen und bezüglich deren Aufnahme in das Generalverkehrskonzept geprüft.
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