Wissenschafter der Uni Graz beobachtet erstmals die Entstehung eines extremen Sonnensturms
im Detail
Graz (öaw) - Die Sonne liefert seit 4,5 Milliarden Jahren Licht, Wärme und Energie. Doch der mächtige
Stern kann auch zum Störenfried werden: Regelmäßig schleudert er hochenergetische Teilchen und
Magnetfelder ins All. Diese „Sonnenstürme“ genannten Ausbrüche können beim Zusammenstoß mit
der Erde große Schäden anrichten. Einem internationalen Forschungsteam mit Beteiligung der Karl-Franzens-Universität
Graz ist es nun erstmals gelungen, die Entstehung eines extremen Sonnensturms in bis dato nicht gekanntem Detail
zu beobachten. „Hätte diese Teilchen-Eruption die Erde getroffen, wären die Konsequenzen für Stromleitungen
und Satelliten nur schwer einschätzbar gewesen“, unterstreicht Dr. Christian Möstl vom Institut für
Physik der Uni Graz die potenzielle Gefahr. Möstl ist Co-Autor der Studie, dessen eindrucksvolle Ergebnisse
im renommierten Fachmagazin „Nature Communications“ veröffentlicht wurden.
Sonnenstürme entstehen durch Instabilitäten in den starken Magnetfeldern der Sonnenflecken auf der Oberfläche
des Sterns. Sie sausen, angetrieben durch Explosionen in der Sonnenkorona, mit Geschwindigkeiten von Millionen
Stundenkilometern durchs All. Trifft ein Sonnensturm auf das Erdmagnetfeld entstehen in hohen Breiten, wie Kanada
oder Skandinavien, Nordlichter. „Diese Naturschauspiele sind aber nur ein schwacher Trost, weil die möglichen
Risiken bei einem Zusammenprall überwiegen“, bestätigt Möstl. Denn nicht nur erdnahe Satelliten
und das Stromnetz wanken unter der enormen elektromagnetischen Belastung: Transformatoren, Kraftwerke, Ölpipelines
und der gesamte Funkverkehr – sie alle werden von den Turbulenzen im sogenannten „Weltraumwetter“ in Mitleidenschaft
gezogen.
Die genauen Folgen von extremen Sonnenstürmen sind aber nach wie vor unbekannt, da sie nur sehr selten auftreten
und deshalb schwer zu beobachten sind. Diese Sensation gelang nun der NASA STEREO-Mission, deren Raumsonden erstmals
den Ursprung einer enormen Teilcheneruption verfolgt haben. „Entscheidend dabei war das Zusammenspiel von insgesamt
drei mittelschweren Auswürfen“, erklärt Möstl. „Zwei Sonnenstürme haben sich fast gleichzeitig
von der Sonne gelöst. Durch den Windschatten eines früheren Sturms brauchten sie für die Entfernung
Erde-Sonne, das sind 150 Millionen Kilometer, nur 19 Stunden.“ Ihr Magnetfeld erreichte außerdem etwa die
zehnfache Stärke eines normalen Sonnenwinds. „Zum Glück entstanden all diese Stürme auf jener der
Erde abgewandten Seite der Sonne und haben sich deshalb in eine andere Richtung bewegt“, klärt Möstl
auf. Wäre die Erde aber ins Schlussfeld geraten, wären die Folgen nicht absehbar gewesen, da es in jüngster
Vergangenheit keinen Präzedenzfall für die Auswirkungen eines so starken Sonnensturms auf die technologische
Infrastruktur gibt. „Diese Beobachtungen zeigen auch zum ersten Mal in aller Deutlichkeit, dass extreme Sonnenstürme
auch während Sonnenzyklen entstehen können, die allgemein als ‚schwach‘ charakterisiert werden“, betont
Möstl. Er macht sich für eine intensivierte Grundlagenforschung zur Verbesserung der Echtzeit-Vorhersage
von Sonnenstürmen – die immer noch mit großen Fehlern behaftet ist – stark.
Publikation:
Y. D. Liu, J. G. Luhmann, Primoz Kajdic, E. K. J. Kilpua, N. Lugaz, N.
V. Nitta, C. Möstl, B. Lavraud, S. D. Bale, C. J. Farrugia, A. B. Galvin:Observations of an Extreme Storm
in Interplanetary Space Caused by Successive Coronal Mass Ejections. Nature Communications, 2014.
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