Erfolge am Weg zu gesteigerter Toleranz von transplantierten Organen
Wien (akh) - Die Transplantation eines Organs geht für PatientInnen mit einer lebenslangen medikamentösen
Behandlung einher. Diese Medikamente unterdrücken die Immunabwehr des Körpers, weil dieser sonst das
implantierte Gewebe als Fremdkörper erkennen und abstoßen würde. Oft kommt es dabei zu beträchtlichen
Nebenwirkungen. Forschungsteams der MedUni Wien verzeichnen nun erste Erfolge, wie auf immunsuppressive Medikamente
verzichtet werden kann.
Die Einnahme immunsuppressiver Medikamente ist für PatientInnen, denen ein Organ eingesetzt wurde, ein notwendiges
Übel. Sie müssen ihr Leben lang täglich Medikamente zu sich nehmen, die teilweise erhebliche Nebenwirkungen
mit sich bringen. So leiden TransplantationspatientInnen langfristig häufig an erhöhten Infekt- und Tumorraten,
Diabetes, Bluthochdruck, und trotz der Medikamenteneinnahme kann es zur schleichenden Abstoßung der transplantierten
Organe kommen. "Solche begleitenden Medikamente nicht mehr zu benötigen, würde die Lebensqualität
der Patientinnen und Patienten enorm steigern", berichtet der Transplantationsimmunologe Thomas Wekerle von
der MedUni Wien.
Dass das eines Tages Realität werden könnte, zeigt ein aufsehenerregender Fall eines jungen Patienten,
der nach einer Knochenmark- und anschließenden Nierentransplantation vollständig auf immunsuppressive
Medikamente verzichten kann. Dieser Patient litt an einer Tumor-Erkrankung und erhielt im St. Anna Kinderspital
eine Knochenmarktransplantation. Jahre später machte ein Nierenversagen eine Organtransplantation im AKH Wien
nötig. Bemerkenswert dabei: Sowohl Knochenmark als auch Spenderniere stammten vom gleichen Spender. Durch
die vorhergehende Transplantation des Knochenmarks vom selben Spender wurde der Patient immunologisch tolerant
gegenüber der Niere. Da dadurch keine Abstoßung drohte, konnte auf immunsuppressive Medikamente gänzlich
verzichtet werden. Der Patient ist seither beschwerdefrei und benötigt keine immunsuppressiven Medikamente.
Toleranz fremder Organe ohne Unterdrückung der körpereigenen Immunabwehr
Forschungsteams der MedUni Wien verfolgen diesen Weg der Toleranzinduktion und können von ersten Erfolgen
berichten. Thomas Wekerle zu diesen Versuchen: "Unser Ziel ist es, Knochenmark zu transplantieren, ohne dass
man den Empfänger vorher massiv vorbehandeln muss, wie es bei einer Knochenmarktransplantation zur Behandlung
eines Tumors notwendig ist, wie bei dem beschriebenen Patienten. Erst dann wäre dieser Ansatz im klinischen
Alltag der Organtransplantation einsetzbar." Aktuelle Forschungsergebnisse zeigen, dass eine derartige nicht-toxische
Knochenmarktransplantation tatsächlich grundsätzlich möglich ist. Erstautorin Nina Pilat fand, dass
die Kombination einer Knochenmarktransplantation mit Verabreichung körpereigener regulatorischer T-Zellen
(Lymphozyten, "weiße Blutkörperchen") sogar zu besseren Toleranzergebnissen führt als
mit einer sonst üblichen vorhergehenden Bestrahlung des Körpers. Derartige Fortschritte bringen das langfristige
Ziel einer medikamentenfreien Transplantation ein Stück näher.
MedUni Wien und AKH Wien als Erfolgsbeispiel fächerübergreifender Zusammenarbeit
Eine Behandlung dieser Komplexität ist nur an medizinischen Spitzeneinrichtungen wie der MedUni Wien/AKH Wien
möglich. Im beschriebenen Fall war ein breitgefächertes multidisziplinäres Team beteiligt. Neben
der Behandlung im St. Anna Kinderspital kamen u.a. die Fachrichtungen der Chirurgie, Hämatologie, Nephrologie,
Blutgruppensenserologie, Pathologie sowie die Transplantationsimmunologie zum Einsatz.
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