Opposition macht Vorstöße bei Demokratiefragen

 

erstellt am
31. 03. 14
11.30 MEZ

Erste Lesungen zu NR-Geschäftsordnung, Parteienförderung, Rot-Weiß-Rot-Karte und Jugendwohlfahrt
Wien (pk) - Insgesamt fünf Gesetzesanträge von den Grünen und den NEOS zu den Themen Jugendwohlfahrt, Regierungsvorlagen, parlamentarische Ausschussberatungen, Rot-Weiß-Rot-Karte sowie Parteienförderung wurden im Rahmen von Ersten Lesungen in der Nationalratssitzung vom 28.03. behandelt. Die Initiativen wurden den entsprechenden Ausschüssen zugewiesen.

NEOS: Eine echte Demokratie bedeutet Bürgerbeteiligung
Die NEOS wollen mehr Zeit, um sich mit Gesetzesvorschlägen der Regierung ausreichend auseinandersetzen zu können und schlagen in ihrem Vorstoß eine entsprechende Änderung der Geschäftsordnung des Nationalrats vor. Demnach sollen die Plenarberatungen über eine Regierungsvorlage um bis zu vier Wochen hinausgeschoben werden können, wenn der Zeitraum zwischen dem Einlangen des Gesetzentwurfs und dem abschließenden Ausschussbericht unter vier Wochen liegt.

"Eine echte Demokratie bedeutet, dass BürgerInnen mitreden können und eingebunden sind", begründete Rainer Hable (N) den Vorstoß seiner Fraktion. Auch der Verfassungsdienst des Bundeskanzleramtes empfehle eine Begutachtungsfrist von vier bis sechs Wochen, sagte er und forderte das Plenum im Sinne einer gesunden Demokratie und BürgerInnenbeteiligung auf, den Antrag mitzutragen. Peter Wittmann (S) und Johannes Schmuckenschlager (V) machten auf einen Formulierungsfehler im Antrag der NEOS aufmerksam. Die Forderung passe nicht zum dafür vorgesehenen Paragraphen, sagte Wittmann, deshalb sei der Antrag sachlich falsch. Schmuckenschlager bezeichnete Österreich als Vorbild, was die Vorbereitung von Gesetzen betrifft. Immerhin würden viele Stellen, wie etwa die Interessengruppen, eingebunden. Auch Dieter Brosz (G) meinte, dass der Antrag formal nicht den Zielsetzungen entspreche. Prinzipiell könne er die Intention im Antrag teilen, sagte er, schloss aber nicht aus, dass gewisse Aspekte wie gegebenenfalls die Ausweitung auf alle Gesetzesinitiativen fehlten.

Einladung von ExpertInnen in Ausschüssen als Minderheitsrecht
Darüber hinaus soll nach Ansicht der NEOS jedem Ausschussmitglied das Recht eingeräumt werden, Sachverständige und andere Auskunftspersonen zu den Ausschussverhandlungen einzuladen. Derzeit ist dafür ein Mehrheitsbeschluss erforderlich. "Es geht hier um ein Minderheitsrecht", erklärte Nikolaus Scherak (N) und forderte das Plenum dazu auf, sich ein Beispiel an Deutschland zu nehmen. Das Vorhaben, dass jeder Abgeordnete das Recht auf eine Auskunftsperson im Ausschuss hat, sei eine Kleinigkeit, zeigte er sich überzeugt. Von einer Kleinigkeit wollte Erwin Spindelberger (S) nicht sprechen. Das Anliegen der NEOS würde die totale Umstellung des Ausschussverfahrens bedeuten und einen geregelten Ablauf verhindern, prognostizierte er. In diese Argumentation reihte sich auch Eva-Maria Himmelbauer (V), die ebenso einen Verlust der Planbarkeit von Ausschussberatungen befürchtete. Das österreichische Parlament könne überdies in punkto Kontrollrechte nicht als minderheitsfeindlich betrachtet werden, sagte sie. Es sei nicht überall so, dass etwa die Opposition den Ausschussobmann stellen könne, führte als Beispiel Himmelbauer an. Wie beim vorhergehenden Antrag der NEOS teilte Dieter Brosz (G) die Intention der vermehrten Einbindung von ExpertInnen grundsätzlich, über die konkrete Ausformulierung werde man aber noch sprechen müssen, meinte er.

Die beiden Gesetzesinitiativen wurden dem Geschäftsordnungsausschuss zugewiesen.

NEOS wollen Kürzung der Parteienförderung
Geht es nach den NEOS, soll die Parteienförderung gekürzt werden. In einem entsprechenden Gesetzesentwurf verlangen sie die Parteienförderung des Bundes in der jetzigen Höhe zu deckeln (4,60 € pro Wahlberechtigtem und Jahr) und die berechnete Fördersumme in den Jahren 2015 bis 2042 zusätzlich um jeweils 3,33 Mio. € zu reduzieren. Gleichzeitig soll für die Länder eine Förderobergrenze von 17 € (derzeit 22 €) festgeschrieben werden. Laut NEOS könnte durch diese Schritte die notwendige Sanierung des Parlamentsgebäudes finanziert werden.

"Wir wollen einen beflügelten Parlamentarismus und ein lebendiges Arbeitsparlament", argumentierte Matthias Strolz das Vorhaben der NEOS. Deswegen wolle man auch in das Parlament investieren. Das Geld dafür könne aus der Parteienförderung umgeschichtet werden, schlug Strolz mit dem Verweis Österreichs als "Europaspitze in Sachen Parteienförderung" vor. So könne die Politik den anstehenden Umbau des Parlamentsgebäudes aus eigenen Kräften finanzieren, meinte er. Angesichts der Lage der Nation und ihrer Finanzen sei dies mehr als angemessen, so Strolz.

"Wir sind in Österreich nicht dazu angetan, abhängig von Stronachs und Haselsteiners zu sein", entgegnete Norbert Darabos (S). Es könne nicht sein, dass Politik von Mäzenen abhängig ist, meinte er und warf Strolz populistische Ansätze vor. Es sei wichtig, dass eine Demokratie von der öffentlichen Hand finanziert werde, unterstrich Darabos und kündigte seine Ablehnung an. Auch Beatrix Karl (V) hegte Bedenken gegenüber dem Vorschlag der NEOS. "Unsere Demokratie muss uns etwas Wert sein", sagte sie. Das bedeute auch, dass man sowohl die Parteienfinanzierung fördern als auch den notwendigen Parlamentsumbau finanzieren müsse. Das Eine dürfe gegen das Andere nicht ausgespielt werden, warnte sie. Eine ähnliche Stoßrichtung nahm auch Dieter Brosz (G) ein. Man könne über die Höhe der Parteienförderung diskutieren, die notwendige Parlamentssanierung damit auszuspielen sei jedoch skurril. Das Parlamentsgebäude verdiene es nach Jahrzehnten der Sanierungsversäumnisse endlich so gestaltet und saniert zu werden, dass es etwa den Brandschutzbestimmungen entspricht. Brosz plädierte dafür, die Parlamentssanierung aus dieser Frage herauszuhalten. Der Parlamentarismus verdiene sich ein Gebäude, womit auch die ÖsterreicherInnen eine Freude haben, so Brosz.

Zugewiesen wurde der Antrag an den Verfassungsausschuss.

Sind Kriterien der Rot-Weiß-Rot-Karte zu streng?
An den Innenausschuss ging ein weiteres Anliegen der NEOS über die Änderung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes und des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes. Darin wird verlangt, künftig auch UniversitätsabsolventInnen mit einem Bachelor-Abschluss Zugang zur Rot-Weiß-Rot-Karte einzuräumen. Überdies soll das geforderte Mindesteinkommen reduzieren und die Frist für die Arbeitssuche nach einem in Österreich abgeschlossenen Studium von sechs Monaten auf ein Jahr verlängert werden.

Die Rot-Weiß-Rot-Karte sei an sich eine gute Idee, nur die Umsetzung sei katastrophal, befand Nikolaus Scherak von den NEOS. Weniger als 20 % der Drittstaatsangehörigen, die in Österreich studiert hätten, würden nach ihrem Studium überhaupt eine Aufenthaltserlaubnis beantragen, gab er als Beispiel zu bedenken. Das liege daran, dass das jetzige Gesetz absurd sei, sagte er. Er hoffe, dass auch Bundesminister Kurz dahingehend tätig werde, so Scherak.

Josef Muchitsch (S) zeigte sich weniger enthusiastisch gegenüber dem Vorschlag der NEOS. Das einzig Sinnvolle sei die Überlegung der Verlängerung der Frist für die Arbeitssuche. Für jegliche andere Forderungen sei aufgrund der aktuellen Arbeitsmarktsituation der falsche Zeitpunkt, sagte er. Gegen diese Argumentation stellte sich Johann Rädler (V). Die Forderungen hätten nichts mit dem Arbeitsmarkt zu tun, der belastet werde, argumentierte er. An sich sei die Rot-Weiß-Rot-Karte ein Erfolgsmodell, sechs Monate seien jedoch eine zu kurze Zeitspanne für die Arbeitssuche, so Rädler. Alev Korun (G) kritisierte, dass die Regierung in Sachen Ausländerbeschäftigungsgesetz jahrelang an einem starren Quotensystem festgehalten habe. Die Rot-Weiß-Rot-Karte sei nicht lebensnah oder praxisorientiert, stellte Korun fest, deswegen müsse sie auch reformiert und modernisiert werden. Als grundsätzlich richtiges Instrument bezeichnete auch Matthias Köchl (G) die Rot-Weiß-Rot-Karte. Man habe darin aber zu hohe Hürden geschaffen, sagte er und forderte, eine Struktur der Willkommenskultur zu schaffen. Man müsse den roten Teppich für ausländische Fach- und Schlüsselkräfte ausrollen, so Köchl.

Grüne: Jugendlichen länger Hilfestellung geben
In der Praxis komme es bei Jugendwohlfahrtsmaßnahmen zu erheblichen Härten, orten die Grünen in einem Antrag und fordern darin derartige Hilfen bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres zu gewähren, in begründeten Fällen auch darüber hinaus.

"So kalt und technisch klingen manche Anträge von uns Abgeordneten", erläuterte Antragsteller Julian Schmid (G) das Anliegen seiner Fraktion und führte das Beispiel eines traumatisierten Mädchens an, das mit 18 Jahren das SOS-Kinderdorf verlassen musste. Diese Altersbegrenzung sei nicht fair, gab Schmid mit dem Verweis auf andere Vergünstigungen in Österreich zu bedenken. Bedenken hegte der Jugendsprecher der Grünen auch gegenüber den unterschiedlichen Regelungen in den Bundesländern. Dieses Anliegen dürfe nicht am Föderalismus oder Kleingeisterei scheitern, sagte er. Angela Lueger (S) verwies darauf, dass das derzeitige Bundes-Kinder- und Jugendhilfegesetz an die Volljährigkeit geknüpft sei. Es gebe ferner noch darüber hinausgehende Möglichkeiten von Seiten der Länder. Nicht sinnvoll sei es jedoch, wenn Jugendliche in den einzelnen Bundesländern unterschiedlich behandelt würden, sagte sie. In diesem Zusammenhang verwies Lueger auf die im vorigen Jahr beschlossene Novelle, wodurch die Länder angehalten wurden, eine eindeutige Dokumentation durchzuführen. Auf die im letzten Jahr beschlossene Novellierung verwies auch Edith Mühlberghuber (F), wobei sie darin wichtige Veränderungen feststellte. Wenn man Schritte wie die Grünen einfordert, müsse man etwa vorher untersuchen, wie viele Fälle es gibt, meinte sie und sprach sich für eine umfassende Evaluierung aus. Georg Strasser (V) meinte, dass es die Pflicht der Politik sei, den steigenden Bedarf an Sozialarbeit abzudecken. Im Spannungsfeld zwischen diesem Bedarf und den Kosten wird der Antrag im Ausschuss einige Fragen zu beantworten haben, meinte er. Rouven Ertlschweiger (T) versicherte seine Unterstützung gegenüber dem Grünen-Antrag. "Es geht um unsere Kinder und damit um die Zukunft unseres Landes", sagte er und plädierte dafür, die Maßnahmen der Jugendwohlfahrt nicht ans Alter, sondern an die Fähigkeit zur Selbsterhaltung zu knüpfen.

Der Antrag wurde dem Familienausschuss zugewiesen.

Im Anschluss an die heutigen Beratungen fand eine weitere Sitzung des Nationalrats statt, in der zahlreiche Anträge den entsprechenden Ausschüssen zugewiesen wurden. Zugestimmt wurde einer behördlichen Verfolgung des ÖVP-Abgeordneten Bernd Schönegger.

 

 

 

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