Nö Städte und Gemeinden haben
 zu wenig Finanzspielraum

 

erstellt am
28. 03. 14
11.30 MEZ

St. Pölten (mss) - Der finanzielle Spielraum der niederösterreichischen Kommunen für Investitionen und Schuldentilgung wird immer geringer. Laut einer Prognose des KDZ - Zentrum für Verwaltungsforschung wird sich die finanzielle Lage mittelfristig nicht verbessern. Der Vorsitzende der Landesgruppe Niederösterreich des Österreichischen Städtebundes Matthias Stadler fordert daher eine grundlegende Reform der Finanzierung von Städten und Gemeinden.

„Die niederösterreichischen Städte und Gemeinden waren von der Finanz- und Wirtschaftskrise 2009/2010 stark betroffen. Der Überschuss der laufenden Gebarung ist von 502 Mio. Euro im Vorkrisen-Jahr 2007 auf 261 Mio. Euro im Jahr 2010 gesunken. Bis 2013 hat sich der Überschuss der laufenden Gebarung wieder auf 410 Mio. Euro verbessert, er liegt in absoluten Werten jedoch um 20 Prozent unter dem Vorkrisen-Niveau, berücksichtigt man die Inflation sogar um 35 Prozent“, rechnet der Vorsitzende der Landesgruppe Niederösterreich des Österreichischen Städtebundes Matthias Stadler vor.

Kein hausgemachtes Problem
Die angespannte finanzielle Situation ist bei vielen niederösterreichischen Kommunen also kein hausgemachtes Problem. Das KDZ – Zentrum für Verwaltungsforschung hat als Hauptursachen den Anstieg der Transferzahlungen und die Übertragung von zusätzlichen Aufgaben ohne entsprechende finanzielle Abgeltung durch Land oder Bund festgestellt. Die Kluft zwischen den Einnahmen und den Ausgaben, die Städte und Gemeinde nicht selbst beeinflussen können, wird immer größer. Wenn neue Aufgaben übertragen werden, dann müssen künftig auch die erforderlichen Mittel abgegolten werden – und zwar auch jene für die Folgekosten. Viele Städte erfüllen eine überregionale zentralörtliche Funktion. Auch hier sieht der derzeitige Finanzausgleich keinerlei zusätzliche Finanzmittel vor. Auch die Steigerung bei den Transferzahlungen muss eingedämmt werden. Tatsache ist nämlich, dass von den Steigerungen bei den Einnahmen durch die Erhöhungen der Transferzahlungen vielerorts nichts mehr übrig bleibt oder sogar ein Minus entsteht.

Finanzausgleichsverhandlungen jetzt beginnen
„Die Städte brauchen den finanziellen Spielraum, denn sie sind die wichtigsten Investoren für die regionale Wirtschaft und sichern so die Schaffung bzw. Erhaltung von Arbeitsplätzen. Die Investitionen bilden die Grundlage für die hohe Lebensqualität der Bevölkerung. Die notwendige Konsolidierung des Schuldenstandes ist nur mit einer entsprechenden finanziellen Ausstattung möglich. Ich fordere daher eine grundlegende Reform der Finanzierung der Kommunen im nächsten Finanzausgleich. Städte, die mehr Leistungen erbringen, müssen auch mehr Geld dafür bekommen. Die Verhandlungen darüber müssen jetzt beginnen und ich sehe daher einen dringenden Handlungsbedarf beim Finanzministerium“, meint Stadler

Transferanstieg frisst höhere Ertragsanteile auf
Die Mehreinnahmen aus Ertragsanteilen in Höhe von 250 Mio. Euro im Zeitraum 2007 bis 2013 mussten im Ausmaß von 220 Mio. Euro für höhere Transfers insbesondere an das Land Niederösterreich für Sozialhilfe und Krankenanstalten (+ 168 Mio. Euro) aufgewendet werden. Der Mehrbedarf beim Personal- und Verwaltungsaufwand in Höhe von 260 Mio. Euro konnte die Mehreinnahmen aus gemeindeeigenen Steuern und Gebühren- sowie Leistungserlösen (206 Mio. Euro) nur teilweise abdecken.

Die Mehreinnahmen aus den Bundesabgaben mussten 1:1 wieder an das Land zurücküberwiesen werden. Die Mehrausgaben im eigenen Wirkungsbereich – u.a. für den Ausbau der Kinderbetreuung (Nachmittagsbetreuung, Kindergarten ab 2 ½ Jahre) – mussten die Städte und Gemeinden primär aus ihren Mehreinnahmen aus eigenen Steuern, Gebühren und Erlösen finanzieren.

Gleich hohe Schulden bei steigenden Haftungen
Der Schuldenstand der NÖ Städte und Gemeinden ist seit 2007 mit 3,7 Mrd. Euro nahezu gleich geblieben, jedoch sind die Haftungen – insbesondere für ausgegliederte Immobiliengesellschaften – von 0,6 Mrd. Euro auf 1,1 Mrd. Euro gestiegen. Die Verschuldung der NÖ Kommunen ist somit um rund eine halbe Milliarde gestiegen.

Geringere Investitionen bei insgesamt höheren Verpflichtungen
Gleichzeitig sind die Investitionen von 650 Mio. Euro (2007) auf rund 500 Mio. Euro (2013) gesunken. Ein Teil wird durch Investitionen in ausgegliederten Gesellschaften kompensiert, insgesamt waren die Investitionen jedoch rückläufig.

Der Überschuss der laufenden Gebarung ist insbesondere bei Gemeinden bis 500 EinwohnerInnen (EW) sowie über 20.000 EW sehr gering sowie auch stark rückläufig. Die Ursachen lassen sich in strukturellen Faktoren bei den Kleinstgemeinden orten sowie bei unzureichend gedeckten Ausgaben für zentralörtliche Aufgaben der Städte.

Mittelfristige Prognose – keine Verbesserung in Sicht
„Mittelfristig wird sich die finanzielle Lage stabilisieren, jedoch nicht verbessern“, hält der Geschäftsführer des KDZ – Zentrum für Verwaltungsforschung Peter Biwald fest und ergänzt: „Die Transfers an das Land steigen bis 2017 voraussichtlich weiterhin stärker als die zentralen Einnahmen. Während die Ertragsanteile voraussichtlich um 3,3 Prozent p.a. zunehmen, erhöhen sich die Transfers für Krankenanstalten- sowie Sozialhilfeumlage um 4,6 Prozent p.a.“

Der Überschuss der laufenden Gebarung wird 2017 mit voraussichtlich 420 Mio. Euro auf dem Wert von 2013 bleiben. Damit wird der Spielraum der NÖ Kommunen in absoluten Zahlen um 20 Prozent, und in realen Werten, unter Einberechnung der Inflationsrate, sogar um mehr als ein Drittel unter dem Vorkrisen-Niveau bleiben.

Transferanstieg nicht finanzierbar – geht auf Kosten von Investitionen
Die Zuwächse der Ertragsanteile und eigenen Steuern decken nur den Anstieg des Personal- und Sachaufwandes, der Anstieg der Transfers für Krankenanstalten und Sozialhilfe an das Land werden nicht mehr abgedeckt.

Weiterer Rückgang des finanziellen Spielraums
Nur im Best-Case kann der finanzielle Spielraum in etwa auf dem Niveau von 2012 gehalten werden, das jedoch um ein Viertel unter 2007 liegt. Im Normalfall sinkt der Spielraum für Investitionen und Schuldentilgungen weiter und wird 2017 um 15 Prozent unter 2013 liegen sowie um mehr als ein Drittel unter 2007.

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass Der Überschuss der lfd. Gebarung ist rückläufig, wodurch weniger Spielraum für Schuldentilgungen und Investitionen bestehen. Die Mehreinnahmen aus Ertragsanteilen fließen Großteils in steigende Transferzahlungen für Krankenanstalten und Sozialhilfe an das Land.

Sinkende Investitionen sind mit gleich hohen Schulden sowie stark steigenden Haftungen verbunden. Mittelfristig ist keine Verbesserung der finanziellen Spielräume in Sicht, Transfers steigen stärker als Ertragsanteile. Eine Reform der Städte- und Gemeindefinanzierung ist erforderlich.

 

 

 

Allgemeine Informationen:
http://www.staedtebund.at

 

 

 

 

 

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