Maßnahmenpaket für die Wirtschaft

 

erstellt am
28. 03. 14
11.30 MEZ

Fahrplan der EU-Kommission für die Deckung des langfristigen Finanzierungsbedarfs der europäischen Wirtschaft
Brüssel (ec) - Die Europäische Kommission hat am 27.03. ein Maßnahmenpaket angenommen, das neue und andere Wege zur Erschließung langfristiger Finanzierungsmöglichkeiten aufzeigen und Europas Rückkehr zu einem dauerhaften Wirtschaftswachstum unterstützen soll. In den Bereichen Infrastruktur, neue Technologien und Innovation, Forschung und Entwicklung sowie Humankapital sind im Rahmen der Strategie Europa 2020 und des Energie- und Klimapakets 2030 erhebliche Investitionen erforderlich. Allein der Investitionsbedarf für die Infrastrukturnetze mit Unionsdimension in den Bereichen Verkehr, Energie und Telekommunikation wird in der Fazilität „Connecting Europe“ für den Zeitraum bis 2020 auf eine Billion EUR veranschlagt.

Die Wirtschafts- und Finanzkrise hat die Fähigkeit des Finanzsektors, Mittel in die Realwirtschaft und insbesondere in langfristige Investitionen zu leiten, beeinträchtigt. In Europa finanziert sich die Realwirtschaft seit jeher überwiegend über die Banken (zwei Drittel der Finanzierungen gegenüber einem Drittel in den Vereinigten Staaten). Da die Banken ihren Fremdkapitalanteil zurückfahren, verringern sich die verfügbaren Finanzierungen für sämtliche Wirtschaftssektoren. So erhielten 2013 nicht einmal ein Drittel der niederländischen und griechischen KMU und nur etwa die Hälfte der spanischen und italienischen KMU die gewünschten Kredite in voller Höhe.

Es besteht Handlungsbedarf, um die Voraussetzungen für nachhaltiges Wachstum und tragfähige Investitionen wiederherzustellen. Das bedeutet auch, dass neue Wege gefunden werden müssen, um Mittel in langfristige Investitionen zu leiten. Die Grünbuch Konsultation der Kommission über die langfristige Finanzierung der europäischen Wirtschaft vom März 2013 stieß eine breit angelegte Debatte an und erbrachte Antworten aus allen Teilen der Wirtschaft. Das heute angenommene Maßnahmenpaket umfasst eine Mitteilung zur langfristigen Finanzierung der Wirtschaft, einen Gesetzgebungsvorschlag mit neuen Vorschriften für Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung und eine Mitteilung über Crowdfunding. Die Mitteilung über die langfristige Finanzierung stützt sich auf die Antworten auf die Konsultation und auf in internationalen Gremien wie der G20 und der OECD geführte Gespräche. Sie zeigt spezifische Maßnahmen auf, die die EU zur Förderung der langfristigen Finanzierung ergreifen kann.

Dazu Binnenmarkt- und Dienstleistungskommissar Michel Barnier: „Wir haben uns für die Finanzmarktregulierung eine ehrgeizige Agenda gegeben, was sich hinsichtlich der Finanzstabilität und des Vertrauens positiv ausgewirkt hat. In dem Maße, wie die wirtschaftliche Erholung voranschreitet, müssen wir das Wachstum ebenso ehrgeizig fördern. In Europa besteht für die Finanzierung nachhaltigen Wachstums – jener Art von Wachstum, die auf intelligente, nachhaltige und inklusive Weise die Wettbewerbsfähigkeit erhöht und Arbeitsplätze schafft - ein großer Bedarf an langfristigen Finanzierungen. Unser Finanzsystem muss seine Fähigkeit, die Realwirtschaft zu finanzieren, wiedererlangen und ausbauen. Das System umfasst einerseits Banken und andererseits institutionelle Anleger wie Versicherungsunternehmen und Altersversorgungsfonds. Gleichzeitig müssen wir die Finanzierungswege in Europa diversifizieren und den kleinen und mittleren Unternehmen, die das Rückgrat der europäischen Wirtschaft bilden, den Zugang zu Finanzmitteln erleichtern. Ich bin zuversichtlich, dass das heute vorgelegte Maßnahmenpaket dazu beitragen wird, die Fähigkeit der europäischen Kapitalmärkte, Mittel in unsere langfristigen Investitionen zu leiten, zu verbessern.“ In Bezug auf Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung fügte Michel Barnier hinzu: „Alle Mitgliedstaaten der Union sehen sich der doppelten Herausforderung gegenüber, die Altersversorgung einer immer älter werdenden Gesellschaft sicherstellen und langfristig in Wachstum investieren zu müssen. Bei der betrieblichen Altersversorgung laufen diese beiden Herausforderungen zusammen. Sie verwaltet langfristig angelegte Vermögenswerte im Betrag von über 2,5 Billionen EUR – und 75 Millionen Europäer bauen auf sie hinsichtlich ihrer Altersversorgung. Mit dem heute vorgelegten Legislativvorschlag sollen Governance und Transparenz der betrieblichen Altersversorgung in Europa verbessert und damit zur Erhöhung der Finanzstabilität, zum Ausbau der grenzüberschreitenden Tätigkeit und zur Förderung der betrieblichen Altersversorgung als eine der wichtigsten langfristigen Anlagearten beigetragen werden.“

Der für Wirtschaft, Währung und den Euro zuständige Kommissionsvizepräsident Olli Rehn erklärte: „Wir müssen öffentliche Mittel künftig besser einsetzen, damit sich produktive Investitionen optimal auf Wachstum und Beschäftigung auswirken. Dafür müssen Synergien geschaffen und der Zugang zu Finanzmitteln für die Erneuerung wichtiger Infrastrukturen erleichtert werden. Die nationalen Haushalte, der EU-Haushalt sowie Förderbanken und Exportkreditagenturen spielen dabei allesamt eine wichtige Rolle. Damit KMU die Finanzmittel, die sie für ihre Anlagen und ihre Entwicklung benötigen, besser erschließen können, müssen wir qualitativ hochwertige Verbriefungen fördern, um ihnen den Zugang zu Kapitalmarktfinanzierungen zu erleichtern.“

Der für Industrie und Unternehmertum zuständige Kommissionsvizepräsident Antonio Tajani fügte hinzu: „Die heute vorgelegten ehrgeizigen Initiativen werden dazu beitragen, die Fähigkeit des Finanzsystems, Mittel in langfristige Investitionen zu leiten, zu verbessern. Dies ist zur Sicherung der Position Europas auf einem nachhaltigen Wachstumspfad erforderlich. Die Finanzkrise hat die Fähigkeit des Finanzsektors, Mittel in die Realwirtschaft zu leiten, beeinträchtigt. Es sind insbesondere die KMU, die einen wesentlichen Beitrag zu nachhaltigem Wachstum leisten, doch haben sie vor allem in den peripheren Volkswirtschaften noch immer Schwierigkeiten, Finanzierungen zu beschaffen. Die heute vorgelegten Initiativen sollen zusätzliche Finanzierungsquellen für die Realwirtschaft freisetzen. Sie stehen unter dem gemeinsamen Ziel, durch die Schaffung optimaler Bedingungen für Wachstum und Beschäftigung in Europa die Verwirklichung des Binnenmarktes voranzutreiben.“

Wichtigste Elemente:
Die Mitteilung über langfristige Finanzierungen sieht eine Reihe spezifischer Maßnahmen vor, die die Kommission zur Verbesserung der langfristigen Finanzierung der europäischen Wirtschaft ergreifen will (MEMO/14/238). Zwei dieser Maßnahmen werden heute vorgestellt:
ein Vorschlag mit überarbeiteten Vorschriften für die betriebliche Altersversorgung (Überarbeitung der Richtlinie 2003/41/EG über die Tätigkeiten und die Beaufsichtigung von Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung - EbAV-Richtlinie), der darauf abstellt, die Weiterentwicklung dieser wichtigen Kategorie langfristig agierender institutioneller Anleger in der EU zu unterstützen.

Die Maßnahmen lassen sich in sechs Schwerpunktbereiche zusammenfassen:

1. Mobilisierung privater Quellen langfristiger Finanzierungen: Dazu gehören die endgültige Ausgestaltung des Aufsichtsrahmens für Banken und Versicherungsunternehmen derart, dass langfristige Investitionen in die Realwirtschaft gefördert werden, die Mobilisierung der persönlichen Altersvorsorgeersparnisse in größerem Umfang als bisher sowie die Prüfung der Fragen, wie die grenzüberschreitende Übertragung von Ersparnissen wirksamer unterstützt werden kann und welche Vorteile mit der Schaffung eines EU-weiten Sparkontos verbunden wären.

In diesem Bereich dürfte der heute vorgelegte Gesetzgebungsvorschlag mit neuen Vorschriften für die betriebliche Altersversorgung (EbAV 2) einen Beitrag zur Erhöhung der langfristigen Anlagen leisten. Der Vorschlag hat im Wesentlichen drei Ziele:

  • Gewährleistung eines angemessenen Schutzes der Versorgungsanwärter;
  • Ausschöpfung der Vorteile des Binnenmarktes für die betrieblichen Altersversorgungssysteme durch Beseitigung der Hindernisse für die grenzübergreifende Erbringung von Dienstleistungen;
  • Stärkung der Fähigkeit der betrieblichen Altersversorgungssysteme, in Finanzinstrumente mit einem langfristigen wirtschaftlichen Profil zu investieren, und damit Stärkung der Finanzierung des realwirtschaftlichen Wachstums.


2. Bessere Nutzung öffentlicher Mittel: Darunter fallen die Unterstützung der Tätigkeit nationaler Förderbanken (vom Staat geschaffene Finanzinstitute, die Finanzierungen für wirtschaftsfördernde Investitionen bereitstellen) und die Förderung einer besseren Zusammenarbeit zwischen bestehenden nationalen Ausfuhrkreditsystemen (Einrichtungen, die Exportfinanzierungen zur Verfügung stellen und damit als Vermittlungsstellen zwischen den Behörden und den Exporteuren agieren). Beide Aspekte spielen bei der langfristigen Finanzierung eine wichtige Rolle.

3. Entwicklung der europäischen Kapitalmärkte: Diese Maßnahmen sollen den Zugang der KMU zu Kapitalmärkten und zu größeren Systemen gemeinschaftlicher Kapitalanlage erleichtern und umfassen die Schaffung eines liquiden und transparenten Sekundärmarkts für Unternehmensanleihen, die Neubelebung der Verbriefungsmärkte unter angemessener Berücksichtigung der Risiken und der Wesensunterschiede dieser Produkte und die Verbesserung der Rahmenbedingungen für gedeckte Schuldverschreibungen und Privatplatzierungen in der EU.

4. Verbesserung des Finanzierungszugangs für KMU: Hinsichtlich dieses Aspekts enthält die Mitteilung über langfristige Finanzierungen unter anderem Maßnahmen zur Verbesserung der Kreditinformationen über KMU, zur Neubelebung des Dialogs zwischen Banken und KMU und zur Bewertung empfehlenswerter Praktiken zur Unterstützung von KMU beim Zugang zu den Kapitalmärkten. In der ebenfalls heute angenommenen Mitteilung über Crowdfunding werden die Sensibilisierung und die Bereitstellung von Informationen zu Projekten als wichtige neue Maßnahmen genannt. In diesem Zusammenhang schlägt die Kommission vor:

  • einschlägige bewährte Verfahren zu fördern, die Öffentlichkeit zu sensibilisieren und die Entwicklung eines Gütezeichens zu erleichtern,
  • die Entwicklung von Crowdfunding-Märkten sowie einschlägiger nationaler Rechtsvorschriften eingehend zu überwachen,
  • regelmäßig zu prüfen, ob seitens der EU weitere Maßnahmen – gegebenenfalls Legislativmaßnahmen – erforderlich sind. Dabei geht es darum, etwaige Hemmnisse zu ermitteln, die angegangen werden müssten, um die Entwicklung des Crowdfunding zu unterstützen.


5. Mobilisierung privater Finanzierungen für Infrastruktur im Rahmen von Europa 2020: Hier sind die Verbesserung der Verfügbarkeit von Informationen über Pläne für Infrastrukturinvestitionen sowie der Kreditstatistiken zu Infrastrukturdarlehen zu nennen.

6. Ausbau des allgemeinen Rahmens für nachhaltige Finanzierung: Der neue Rahmen soll verbesserte Corporate-Governance-Vorschriften für langfristige Finanzierungen vorgeben, beispielweise hinsichtlich der Einbindung der Aktionäre (der Vorschlag zur Überarbeitung der Aktionärsrechterichtlinie soll in Kürze angenommen werden), der Mitarbeiterbeteiligung, der Berichterstattung über die Unternehmensführung sowie im Hinblick auf Umwelt-, soziale und Unternehmensführungsaspekte.

 

 

 

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