Neuerlich heftige Hypo-Debatte im Nationalrat
Wien (pk) – Wie wurde das Bankenpaket umgesetzt? - Wie soll die Verantwortung für das finanzielle Desaster
bei der im Jahr 2009 verstaatlichten Hypo Alpe Adria geklärt werden und was ist der budgetschonendste Weg
bei der Abwicklung der maroden Bank? – Diese Fragen standen im Zentrum der Plenardebatte über den Bericht
des Rechnungshofs zu dem im Herbst 2008 einstimmig beschlossenen Bankenpaket. Auf Initiative der Opposition wurde
damals auch eine Sonderprüfung zur Umsetzung des Bankenpakets durch den Rechnungshof beschlossen. In dem Prüfbericht,
der bereits 2012 vorlag, übt der Rechnungshof unter anderem auch Kritik an der staatlichen Finanzmarktbeteiligung
AG (FIMBAG), insbesondere an Mängeln bei der Kontrolle der Auflagenerfüllung seitens der Banken. Lob
spendeten die Prüfer für die hervorragende Kooperation mit der EU-Kommission. Nach einer überaus
kontroversiellen Debatte wurde der Bericht mit SPÖ-ÖVP-Mehrheit zur Kenntnis genommen, nachdem Anträge
der Abgeordneten Martina Schenk (T) und Werner Kogler (G) auf Rückverweisung des Berichts an den Ausschuss
mangels Mehrheit abgelehnt worden waren. Schenk hatte mit der Notwendigkeit argumentiert, weitere Auskunftspersonen
zum Thema Hypo zu laden. Wegen der großen politischen Bedeutung der Prüfergebnisse hatten die Grünen
eingangs der Sitzung – mit Unterstützung von FPÖ, Team Stronach und NEOS – den RH-Bericht über das
Bankenpaket an die Spitze der Tagesordnung setzen wollen, erhielten für ihren Antrag aber keine Unterstützung
von SPÖ und ÖVP. Daher blieb es bei der ursprünglichen Abfolge der Verhandlungspunkte. Misstrauensanträge
der FPÖ gegen Bundeskanzler Werner Faymann und Vizekanzler Michael Spindeleggger blieben in der Minderheit
und verfielen der Ablehnung durch die Mehrheit von SPÖ und ÖVP.
Heftige Kontroverse um die Hypo
Die inhaltlichen Gegensätze zwischen Opposition und Regierungsparteien bei der Einschätzung der Causa
Hypo Alpe Adria wurden bereits in dieser Einwendungsdebatte am Vormittag deutlich. FPÖ, Grüne, Team Stronach
und NEOS warfen den Regierungsparteien zunächst generell vor, der Rechnungshof-Kontrolle nicht den Stellenwert
einzuräumen, den sie verdiene. Die Weigerung von SPÖ und ÖVP, einen Hypo-Untersuchungsausschuss
einzusetzen, kritisierte die Opposition wiederum unisono als Versuch, die Verantwortung für dieses Milliardendesaster
auf Kosten des Steuerzahlers zu vertuschen. Demgegenüber argumentierten die Sprecher von SPÖ und ÖVP
mit dem Hinweis auf die durch den Kärntner Hypo-Untersuchungsausschuss längst geklärte Verantwortung
der Kärntner FPÖ und Jörg Haiders für die Übernahme einer Landeshaftung von 20 Mrd. €
für diese Bank. Mit dem Bankenpaket sei es gelungen, den Finanzmarkt zu stabilisieren sowie Sparer und Wirtschaft
vor den Auswirkungen der globalen Finanzkrise zu schützen. Aus den vom Rechnungshof festgestellten Mängeln
bei der Umsetzung seien laut SPÖ und ÖVP die richtigen Schlüsse zu ziehen, was bereits geschehen
sei. Die Notverstaatlichung der Hypo sei laut SPÖ und ÖVP im Interesse Kärntens und Österreichs
ebenso richtig gewesen wie die aktuelle Entscheidung für die Abwicklung des maroden Instituts in Form einer
Bad Bank.
Wolfgang Zanger: Regierungskommission ersetzt U-Ausschuss nicht
Abgeordneter Wolfgang Zanger (F) erinnerte daran, dass der vorliegende Bericht mit zweijähriger Verspätung
behandelt wird, weil SPÖ und ÖVP die Ladung des ehemaligen Finanzministers Pröll abgelehnt haben.
Auch die Abgeordneten der Regierungsparteien sollten ihre Kontrollaufgaben als ParlamentarierInnen wahrnehmen,
statt zuzudecken und zu vertuschen. Eine Untersuchungskommission könne – auch nicht unter der Leitung einer
ehrwürdigen OGH-Präsidentin – einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss nicht ersetzen, sagte Zanger.
Elmar Mayer: Hypo-Verstaatlichung notwendig, Bad-Bank-Lösung richtig
Abgeordneter Elmar Mayer (S) erinnerte daran, dass das Bankenpaket den Zusammenbruch des heimischen Finanzmarktes
in den Jahren 2008 und 2009 verhindert habe. Aus den Mängeln, die der Bericht an der Umsetzung des Pakets
festgestellt habe, könne man künftig Schlüsse ziehen, viele Empfehlungen des Rechnungshofs wurden
bereits realisiert, fügte Mayer hinzu. Die Nacht der Hypo-Notverstaatlichung im Dezember 2009 sei im RH-Ausschuss
intensiv analysiert worden, berichtete Mayer und hielt fest, dass jeder, auch Abgeordneter Kogler, wisse, dass
die Verantwortlichen nicht anders handeln konnten. Wer von einer Hypo-Insolvenz rede, müsse dazu sagen, was
das für Kärnten und für die finanzpolitische Reputation Österreichs bedeutet hätte. "Bei
der Notverstaatlichung ging es um Kärnten und um die Bonität Österreichs", unterstrich Mayer
und nannte als die Verantwortlichen für das Desaster nicht jene, die über die Notverstaatlichung zu entscheiden
hatten, sondern Jörg Haider und seine Kärntner FPÖ. Um Schaden von den SteuerzahlerInnen fern zu
halten sei die Entscheidung der Regierung für eine Ausgliederung der Bad-Bankteile der einzig richtige Weg.
Widerspruch zu Mayers Ausführungen kam von Abgeordnetem Gernot Darmann (F), der in einer tatsächlichen
Berichtigung feststellte, dass Jörg Haider und die Kärntner FPÖ zu keiner Zeit über eine Mehrheit
im Kärntner Landtag verfügt hatten. Die Hypo-Haftungen wurden gemeinsam mit SPÖ und ÖVP beschlossen.
Martina Schenk: Ladung weiterer Auskunftspersonen erforderlich
Abgeordnete Martina Schenk (T) hielt die Forderung aufrecht, Josef Pröll und Andreas Schieder zur Auskunft
über die Notverstaatlichung der Hypo in den Rechnungshofausschuss zu laden und beantragte eine Rückverweisung
des Rechnungshofberichts über das Bankenpaket an den Ausschuss.
Hermann Gahr: Bankenpaket schützt Sparer, Anleger und Wirtschaft
Auch Abgeordneter Hermann Gahr (V) erinnerte an die Stabilisierung des Finanzmarktes und an den Schutz der österreichischen
Volkswirtschaft vor den Auswirkungen der globalen Finanzkrise durch das Bankenpaket. Der Rechnungshof habe Verbesserungen
bei den Abläufen vorgeschlagen, eine Bündelung der Vollzugskompetenzen etwa, Mängel bei der Auflagenkontrolle
kritisiert und die direkte Beteiligung des Staates an den Instituten und deren Gewinnen empfohlen. Zugleich habe
der Rechnungshof aber auch positive Zeugnisse ausgestellt, etwa für die vorbildliche Kooperation mit der EU.
Das Bankenpaket schützt Sparer, Anleger und Wirtschaft – man sollte es nicht in ein schlechtes Licht rücken.
Rainer Hable: Wir müssen Zeugen unter Wahrheitspflicht befragen
Abgeordneter Rainer Hable (N) würdigte den ausgezeichneten Bericht des Rechnungshofes und berichtete von einer
ergiebigen Sitzung des Rechnungshofausschusses, in der Auskunftspersonen darüber informiert hatten, dass die
Notverstaatlichung der Hypo ohne Rechtsberatung, ohne Gutachten und ohne Prüfung einer Insolvenz vorgenommen
wurde. Auch Hable hielt eine Befragung von Josef Pröll, Andreas Schieder und Ewald Nowotny im Ausschuss für
wichtig, SPÖ und ÖVP haben dies bislang verhindert. "Wir brauchen diese Befragungen im Rechnungshofausschuss
und die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses", schloss Hable.
Werner Kogler: Ein Untersuchungsausschuss spart viel Geld
"Vertuschung, Verzögerung, Verdeckung, Verhinderung" – das sind die Verhaltensweisen, die Werner
Kogler (G) der "Gerade-Noch-Mehrheit" von SPÖ und ÖVP in der Causa Hypo vorwirft. Daher konnte
Josef Pröll nicht zur Überweisung von 900 Mio. € an Partizipationskapital an die bereits zum Untergang
verurteilte Hypo Alpe Adria befragt werden. Aufklärungsbedürftig sei auch das positive Gutachten, das
die Notenbank wider besseres Wissen verfasst habe sowie die Kaskade von Fehlentscheidungen, die mit Jörg Haider
begonnen habe. "Aber im Untersuchungsausschuss wird das alles aufs Tapet kommen", zeigte sich Kogler
überzeugt, der die Aussage, ein Untersuchungsausschuss würde viel Geld kosten, als demokratiepolitischen
Tiefpunkt der bisherigen Debatte bezeichnet. Das Gegenteil sei wahr: "Ein Untersuchungsausschuss erspart Geld".
Ein solcher Untersuchungsausschuss habe laut Koglers Fraktionskollegin Gabriela Moser (G) auch die Aufgabe, den
Filz zwischen Banken und Politik - ein Grundproblem Österreichs – aufzuklären.
In der weiteren Debatte warnte Abgeordneter Axel Kassegger (F) vor einem Diktat der Finanzwirtschaft über
die Realwirtschaft der Unternehmer, Arbeitnehmer und Konsumenten und warf den Regierungsparteien vor, die Finanzwirtschaft
zu unterstützen, statt die Menschen. Die notwendige Kontrolle in der Causa Hypo könne nur das Parlament
selbst wahrnehmen, sagte Kassegger. Abgeordneter Elmar Podgorschek (F) wandte sich einmal mehr gegen die stereotype
Behauptung, die Causa Hypo sei ein freiheitlicher Skandal. Die hohen Haftungen seien erst durch die Notverstaatlichung
ein Problem geworden. In zwei Misstrauensanträgen beantragte der Redner, Bundeskanzler Werner Faymann und
Vizekanzler Michael Spindelegger das Vertrauen zu entziehen.
Abgeordneter Philip Kucher (S) und Abgeordneter Johann Singer (V) erinnerten übereinstimmend und mit Bezug
auf den RH-Bericht daran, dass es auf dem Höhepunkt der Finanzkrise mit dem Bankenpaket gelungen sei, das
Eigenkapital der Banken zu stärken, das Vertrauen in das Finanzsystem wieder herzustellen und Sparer, Anleger
und Wirtschaft zu schützen.
Abgeordneter Jan Krainer (S) trat zunächst dem "Populismus" des Abgeordneten Kogler entgegen, der
eine Bad Bank noch vor wenigen Monaten als die richtige Lösung bei der Hypo sah. Der Unterschied zwischen
Insolvenz und Bad Bank besteht für Krainer nur darin, dass die Kosten bei einer Insolvenz früher, bei
einer Bad Bank Lösung später eintreten. Die Behauptung, die Regierungsparteien hätten versucht,
die Petition betreffend Hypo-Untersuchungsausschuss abzudrehen, sei absurd, tatsächlich wäre die geplante
Zuweisung an den Finanzausschuss eine besonders "würdige" Vorgehensweise gewesen. Zurückzuweisen
sei auch die Behauptung der FPÖ, die BayernLB würde ohne Notverstaatlichung haften - die Bayern hätten
nie für die Hypo gehaftet. Haftungen für die Hypo hätten nur die FPÖ und Jörg Haider im
Namen Kärntens übernommen, stellte Krainer klar. Dieser Auffassung schloss sich auch Abgeordneter Andreas
Hanger (V) an.
Schließlich unterstrich Rechnungshofpräsident Josef Moser einmal mehr die Bedeutung der Umsetzung von
RH-Empfehlungen auf dem Weg zu dem Ziel eines ausgeglichenen Haushalts. Das Bankenpaket, dessen Umsetzung und bisherigen
Kosten Moser den Abgeordneten im Detail darstellte, habe sein Ziel erreicht, das Vertrauen in den Bankensektor
wieder herzustellen. Eine endgültige Beurteilung werde aber erst möglich sein, wenn alle Haftungen ausgelaufen
und das gesamte Partizipationskapital zurückgezahlt sein wird. Mosers Kritikpunkte an der Umsetzung des Pakets
betrafen die vielen mit Prüfungsaufgaben betrauten Institutionen, was nicht zur Kontrollkompetenz beigetragen
habe, sowie die aus seiner Sicht nicht nachvollziehbare Gründung der FIMBAG und den Verzicht auf Teilnahme
an der wirtschaftlichen Erholung der Institute. Auflagen für die Banken seien unbestimmt formuliert und vom
Ressort und der FIMBAG nur lückenhaft kontrolliert worden. Man habe auf Einzelfall-Überprüfungen
und Vor-Ort-Überprüfungen verzichtet. Mängel ortete der RH-Präsident auch bei der Kontrolle
von Vergütungssystemen und der Einhaltung der Vertragschablonenverordnung.
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