Universität Wien öffnet Video-Datenbank
Wien (universität) - Ab sofort bietet die Universität Wien den Zugriff auf über 50.000 Interviews
von ZeitzeugInnen der Shoah mit rund 120.000 Aufnahmestunden an. Die Universitätsbibliothek Wien lizenziert
einen Vollzugang zum Visual History Archive (VHA), der ZeitzeugInnen-Video-Datenbank der University of Southern
California Shoah Foundation. Mit dem Zugang zu den Interviews erschließt sich – mehr als 75 Jahre nach dem
"Anschluss" – eine wesentliche audiovisuelle Quelle zur Auseinandersetzung mit der NS-Zeit.
Die Interviews des VHA sind für alle Angehörigen der Universität Wien – Lehrende und Studierende
– via VPN ortsunabhängig für Lehr- und Forschungszwecke zugänglich. Die Universität Wien unterstützt
damit die Studierenden und Lehrenden bei ihrer wissenschaftlichen Forschung zu Themen, für die die Inhalte
des VHA eine wichtige Rolle spielen. Die videographierte Erinnerung der ZeitzeugInnen wird somit zur Quellensammlung
für die Wissenschaft. Durch das Ableben der ZeitzeugenInnen des Nationalsozialismus kommt der im VHA erhaltenen
Überlieferung der Überlebenden der Shoah besondere Erinnerungsbedeutung zu.
"Ich begrüße die internationale Kooperation mit der Shoah Foundation der University of Southern
California sehr. Die Interview-Sammlung stellt eine wesentliche Quelle für zahlreiche Forschungsprojekte und
Lehrveranstaltungen an der Universität Wien dar. Das Material des VHA ist nicht nur für die zeithistorische
Forschung von Interesse, sondern wird sicherlich auch von anderen Disziplinen genutzt. So wird die Oral-History-Methode
in historischen Disziplinen genau so zur Anwendung gebracht wie in der Kultur- und Sozialanthropologie, der Theater-
Film- und Medienwissenschaft, der Soziologie usw.", meint Susanne Weigelin-Schwiedrzik, Vizerektorin für
Forschung und Nachwuchsförderung an der Universität Wien.
Maria Seissl, Leiterin der Universitätsbibliothek Wien: "Es war mir ein Anliegen, das wichtige Thema
der 'letzten Zeugen' aufzugreifen und mit den im VHA enthaltenen videographierten Erinnerungen einen Beitrag gegen
das Vergessen zu leisten. Das VHA stellt einen weiteren Schritt für den digitalen Zugang zu Information dar,
der sowohl den NS-Opfern und deren Nachkommen als auch der wissenschaftlichen Aufarbeitung und der Erinnerungsarbeit
zugutekommt".
"Mit diesem bereits seit langem von Markus Stumpf, dem Leiter der Fachbereichsbibliothek Zeitgeschichte der
Universität Wien, angestrebten Zugang zur VHA-Datenbank wird eine wichtige zeithistorische Quelle zugänglich
gemacht, die die Forschung am Institut für Zeitgeschichte optimal unterstützt. Das VHA ermöglicht
weitere Zugänge zu Forschungen über Nationalsozialismus und Holocaust. Es ist wichtig, diese Stimmen
hören zu können. Damit einhergehend lassen sich viele Fragen an das Quellenmaterial selbst, aber auch
zu schriftlichen und audiovisuellen Erinnerungsformen stellen, wie auch zu Potenzialen und Problemen von Oral History",
so die Vorständin des Institut für Zeitgeschichte der Universität Wien, Johanna Gehmacher.
Direkter Zugriff auf 120.000 Aufnahmestunden
Ein Großteil der Interviewten sind Überlebende des Holocaust: Jüdinnen und Juden, Homosexuelle,
Sinti und Roma, Zeugen Jehovas und politisch Verfolgte. Aber auch andere ZeitzeugInnen wie HelferInnen, RetterInnen,
BefreierInnen und ZeugInnen der Befreiung sowie Involvierte in den Kriegsverbrecherprozessen wurden interviewt.
Entstanden ist das Visual History Archive durch eine Initiative des Regisseurs Steven Spielberg. Während der
Dreharbeiten zu dem Film "Schindlers Liste" im polnischen Krakau äußerten zahlreiche Holocaust-Überlebende
den Wunsch, vor der Kamera über ihre Erinnerungen zu berichten. 1994 begründete Spielberg schließlich
ein Projekt und eine gemeinnützige Organisation zur Dokumentation von Zeitzeugenberichten des Holocaust mit
dem Ziel, die Schilderungen von Überlebenden und anderen ZeitzeugInnen zu filmen, um die persönlichen
Erinnerungen und Lebenswege als Unterrichts- und Ausbildungsmaterial zu bewahren und zugänglich zu machen.
Die Universität Wien ist eine der ältesten und größten Universitäten Europas: An 15 Fakultäten
und vier Zentren arbeiten rund 9.500 MitarbeiterInnen, davon 6.700 WissenschafterInnen. Die Universität Wien
ist damit auch die größte Forschungsinstitution Österreichs sowie die größte Bildungsstätte:
An der Universität Wien sind derzeit rund 92.000 nationale und internationale Studierende inskribiert. Mit
über 180 Studien verfügt sie über das vielfältigste Studienangebot des Landes. Die Universität
Wien ist auch eine bedeutende Einrichtung für Weiterbildung in Österreich. 1365 gegründet, feiert
die Alma Mater Rudolphina Vindobonensis im Jahr 2015 ihr 650-jähriges Gründungsjubiläum.
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