Festakt „25 Jahre Interdisziplinäres Forschungsinstitut für Entwicklungszusammenarbeit“
Linz (lk) - Bilanz und Ausblick in Fragen nachhaltiger Entwicklung standen im Mittelpunkt des Festaktes
"25 Jahre Interdisziplinäres Forschungsinstitut für Entwicklungszusammenarbeit" am 04.04. Nach
der Begrüßung durch IEZ-Institutsvorständin Dr.in Petra C. Braun verwies Landeshauptmann Dr. Josef
Pühringer in seinem Eröffnungsstatement auf den Zusammenhang der Lebensbedingungen und Perspektiven in
den Ländern der südlichen Hemisphäre mit unserem Lebensstil und skizzierte die zentrale Bedeutung
von Entwicklungspolitik als globale Strukturpolitik.
In einer ersten Gesprächsrunde zog Gründervater und erster Institutsvorstand Univ.-Prof. Dr. Klaus Zapotoczky
Bilanz über sein 50 jähriges Engagement für internationale Zusammenarbeit. Landesamtsdirektor Dr.
Eduard Pesendorfer und Mag. Josef Ahammer, Diözese Linz, erläuterten ihre Motive, die vor 25 Jahren zur
Gründung eines Trägervereins für das Drittmittel-finanzierte IEZ führten. Univ.-Prof. Dr. Roman
Sandgruber, der dem IEZ von 1998 bis 2011 vorstand, stellte das Interesse eines Historikers an nachhaltiger Entwicklung
dar.
Mag. Christoph Wurm, Vorstandsdirektor der VKB-Bank, die mit dem damaligen Generaldirektor Dr. Otto Pfeifauf maßgeblich
an der Gründung Anteil hatte, sprach über die globale Verantwortung einer Bank. Bürgermeister Heinz
J. Köppl von der Stadtgemeinde Gmunden, die das IEZ seit gut drei Jahren finanziell und räumlich unterstützt,
zeigte sich insbesondere über die Zusammenarbeit des IEZ mit den Jugendlichen in gemeinsamen Schulprojekten
erfreut.
Im anschließenden Dialog betonten der Geschäftsführer von Welthaus Linz Heribert Ableidinger und
der Leiter der Auslandshilfe der Caritas Josef Geißler, dass Entwicklungszusammenarbeit und -politik heute
relevanter sind denn je. Der langjährige IEZ-Projektmanager ao. Univ.-Doz. Dr. Andreas Obrecht, Leiter der
Kommission für Entwicklungsforschung bei der OeAD-GmbH (KEF), gab Einblick in angewandte Forschung und hob
die lokale Problemlösungskompetenz hervor. Die Zeiten, in denen westliche „Expertinnen und Experten“ die Welt
erklären und entwickeln, seien vorbei.
In der Festrede „Wegweiser zur Ernährung der Welt“ machte der alternative Nobelpreisträger Dr. Hans R.
Herren deutlich, dass das globale Agrar- und Ernährungssystem am Scheideweg steht: Ein halbes Jahrhundert
nach dem Beginn der Grünen Revolution leidet ein großer Teil der Weltbevölkerung immer noch an
Hunger und Mangelernährung – obwohl 4600 kcal pro Person/Tag, also mehr als das Doppelte des täglichen
Bedarfs produziert werden. Die industrielle Landwirtschaft trägt maßgeblich zu Klimaveränderung,
Verlust der biologischen Vielfalt, Boden- und Wasserdegradierung bei – und zerstört damit ihre Produktionsgrundlagen.
Ernährungssicherung, dauerhafte verbesserte Lebensbedingungen für alle Menschen, soziale und wirtschaftliche
Entwicklungsmöglichkeiten einer Gesellschaft sowie künftiger Generationen sind von gesunden Ökosystemen
abhängig. Billige Nahrungsmittel verschleiern die wahren sozialen und ökologischen Kosten und tragen
zur Lebensmittelverschwendung bei. Ein weiter so wie bisher ist keine Option – das hat schon der Weltagrarbericht
2008 verdeutlicht. Dem erforderlichen Kurswechsel stehen mächtige Interessen entgegen. So wird trotz sichtbarer
Verbesserungen in manchen Bereichen das erste Millenniumsentwicklungsziel – zwischen 1990 und 2015 den Anteil der
Menschen zu halbieren, die Hunger leiden – 2015 nicht erreicht. Statt die Ursachen anzupacken, wurde Symptombekämpfung
betrieben. Die bei der UN-Konferenz für Nachhaltige Entwicklung in Rio 2012 angestoßenen, globalen Nachhaltigkeitsziele
(SDGs) tragen nun der Erkenntnis Rechnung, dass soziale, wirtschaftliche und ökologische Aspekte und Effekte
untrennbar miteinander verknüpft sind. Die Diskussion um nachhaltige Entwicklung reicht bis 1972 zurück.
Es ist an der Zeit, deren Umsetzung möglichst ganzheitlich und kontextspezifisch zu planen und entschieden
voranzutreiben.
Dr. Petra C. Braun knüpfte an den von Hans Herren eingeforderten Paradigmenwechsel an, der Nachhaltigkeitsforschung
und Bildungsarbeit am IEZ auch in den kommenden 25 Jahren notwendig mache. Abschließend hob Univ.-Prof. Dr.
Gabriele Kotsis, Vizerektorin für Forschung der Johannes Kepler Universität Linz (JKU), die Bedeutung
des transdisziplinären Forschungsansatzes und der internationalen Dimension am IEZ für die JKU hervor.
Durch den Abend führte Klaus Buttinger. Musikalisch umrahmt wurde die Festveranstaltung von Casa Tamtam mit
Moussa Keita aus dem Süden Senegals.
Die Festveranstaltung anlässlich 25 Jahre Interdisziplinäres Forschungsinstitut für Entwicklungszusammenarbeit
wurde in Kooperation mit dem Land Oberösterreich im Rahmen des Entwicklungspolitischen Dialoges durchgeführt.
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