Konjunkturaufschwung vs. Geopolitik

 

erstellt am
04. 04. 14
11.30 MEZ

Konjunkturerholung trotz geopolitischer Spannungen – Notenbanken bleiben am eingeschlagenen Weg – EUR/USD: viel Platz für USD-Aufwertung
Wien (rzb) - „Nach einem sehr guten Start ins Jahr 2014 haben sich der strenge Winter in den USA, die Befürchtungen um die Schwäche der Emerging Markets (EM), insbesondere Chinas, und vor allem der Ausbruch des Konflikts zwischen Russland und der Ukraine als Risikofaktoren bemerkbar gemacht. Gerade die letzten beiden Punkte sind Einflussfaktoren, die im zweiten Quartal 2014 ebenso im Zentrum der Anleger stehen werden wie die konjunkturellen Auftriebskräfte. Wir haben als Basisszenario im Konflikt zwischen Russland und der Ukraine weitere Sanktionen gegenüber Russland durch den Westen unterstellt, jedoch keine harten gegenseitigen Wirtschaftsblockaden. Damit ist auch der territoriale Fortbestand der Ukraine, ohne Krim, implizit enthalten. In diesem Umfeld sehen wir unsere Einschätzung für das BIP-Wachstum in diesem Jahr in der Eurozone mit 1,5 Prozent und in den USA mit 2,5 Prozent durch die Vorlaufindikatoren unverändert gut unterstützt“, sagt Valentin Hofstätter, Leiter der Abteilung Bond Market & Currency Research der Raiffeisen Bank International AG (RBI) gleich zu Beginn der Präsentation „Strategie Globale Märkte“.

Es muss jedoch klar darauf hingewiesen werden, dass eine Eskalation des Konflikts mit harten Wirtschaftssanktionen die Stimmung für private Anlageinvestitionen in der Eurozone merklich dämpfen würde und zusammen mit geringeren Nettoexporten für eine Wachstumsverlangsamung bis hin zur Stagnation ab dem zweiten Quartal 2014 führen könnte. „Dieses Szenario würde der Eurozone in den kommenden beiden Jahren kumuliert bis zu 1 Prozentpunkt BIP-Wachstum kosten, mit entsprechend negativen Konsequenzen für die Kapitalmärkte. Die USA wären aufgrund der geringen direkten Wirtschaftsverflechtungen mit Russland nur wenig betroffen und sind auch nicht von russischen Energieexporten abhängig“, geht Hofstätter auf möglichen Konsequenzen1 des Konflikts auf das BIP-Wachstum ein.

Notenbanken bleiben am eingeschlagenen Weg
Die jüngste Phase schwächerer US-Wirtschaftsdaten führte bei der US-Notenbank (Fed) zu keiner Änderung des angekündigten geldpolitischen Kurses. Sie setzt die Reduktion ihrer Anleihekäufe fort. Inzwischen beträgt das monatliche Ankaufvolumen nur noch USD 55 Milliarden (nach einer Spitze von USD 85 Milliarden). Eine weitere Reduktion um USD 10 Milliarden pro Fed-Sitzung wurde angekündigt. Die Analysten von Raiffeisen Research gehen von einer deutlichen Verbesserung des US-Arbeitsmarktes in den kommenden Monaten aus, die dieses Tempo letztendlich sogar beschleunigt könnte. Auch wird die erste Leitzinsanhebung bereits für Anfang 2015 und somit früher als bisher von der Fed angekündigt.

Die Europäische Zentralbank (EZB) signalisiert dagegen weiterhin eine Neigung zur geldpolitischen Lockerung („Easing Bias“). Vor allem ein weiterer Rückgang der Inflationsrate und eine Verschärfung der Finanzierungsbedingungen könnten die EZB zu neuerlichen geldpolitischen Maßnahmen veranlassen. In diesem Zusammenhang halten die Analysten die Deflationsgefahr für die Eurozone aber für gering. Trotz des nochmaligen Rückgangs der Inflationsrate im März ist keine anhaltende Abwärtsspirale bei Preisen, Löhnen und der Wirtschaftsaktivität absehbar. Zudem erwarten die Analysten keine neuerlichen Verspannungen des Finanzsystems.

EUR/USD: viel Platz für USD-Aufwertung
„An unserer prinzipiellen Erwartung einer Seitwärtsbewegung von EUR/USD im heurigen Jahr in einer historisch betrachtet recht engen Spannbreite um 1,35 hat sich nichts geändert, auch wenn wir von der USD-Schwäche im ersten Quartal 2014 überrascht wurden“, geht Hofstätter auf die aktuellen Währungstrends ein.

Zwischenzeitig schwächere US-Wirtschaftsdaten dürften nur zum Teil damit zu tun haben, denn auch deren jüngste Verbesserung konnte den USD vorerst nicht stärken. Auch geopolitische Spannungen, die üblicherweise eher dem USD als globale Reservewährung zugute kommen, konnten im Fall der Krim-Krise die Währung nicht stützen. Eventuell mischt sich hierin die Sorge, Russland könnte sich bei einer Eskalation des Konflikts von seinen USD-Devisenreserven trennen, was kurzfristig Verkaufsdruck ausüben würde. Eine solche Entwicklung halten wir aber für sehr unwahrscheinlich, da die Alternativen zum USD und anderen westlichen Währungen immer noch zu beschränkt sind“ so Hofstätter weiter.

Was bleibt ist die Erwartung, dass sich der USD von seinem derzeit zu schwachen Niveau in Folge der erwarteten weiteren Verbesserung der US-Wirtschaftsdaten deutlich erholen sollte, vor allem solange die EZB bis zum Herbst noch ihren Easing Bias beibehält. Sollte es zu kurzfristigen EUR/USD-Spitzen von über 1,40 kommen, ist mit verstärkten verbalen Interventionen der EZB zu rechnen.

Bei den Anleihen setzt Hofstätter für das zweite Quartal (und auch für das Gesamtjahr) auf kurze Laufzeiten, da bei langen Laufzeiten Kursrückgänge aufgrund der sich verbessernden Konjunktur nur eine Frage der Zeit sind. Die Outperformance von Peripherie-Staatsanleihen innerhalb der Euro-Staatsanleihen sollte sich weiter fortsetzen. Auch Unternehmensanleihen sollten im zweiten Quartal (wenngleich schon recht teuer bewertet) eine bessere Performance bringen als die Staatsanleihen Kerneuropas.

Konjunkturoptimismus an den globalen Aktienmärkten
„Die traditionellen Einflussfaktoren an den Aktienmärkten wie Liquidität, Konjunkturentwicklung, Gewinnwachstum und Bewertung müssen aktuell noch um den Faktor geopolitische Unsicherheiten ergänzt werden. Diese wesentliche Komponente könnte im Fall einer Eskalation der Spannungen mit Russland die europäischen Börsen noch einmal belasten“, beginnt Helge Rechberger, Leiter der Abteilung Equity Market Research der RBI, seinen Ausblick auf die globalen Aktienmärkte. „Bei Aktien ist daher zeitweise geopolitischer Gegenwind möglicher Auslöser für temporäre Schwächephasen. Solche Korrekturphasen würden wir aber bei längerem Anlagehorizont als Kaufgelegenheiten betrachten. Grundsätzlich spricht jedoch die günstige Bewertung und die beginnende Konjunkturerholung für die europäischen Aktienmärkte“, so Rechberger weiter.

Für US-Aktien stellen sich laut Rechberger die fundamentalen Faktoren im Umfeld eines starken, selbstragenden Aufschwungs vorteilhaft dar, zusätzlich sollte ein stärkerer USD die Performance unterstützen. Der japanische Aktienmarkt hingegen ist weiterhin von starker Volatilität gekennzeichnet.

Die Situation der EM dürfte sich erst im zweiten Halbjahr 2014 nachhaltig verbessern, einerseits wegen des anhaltenden Konflikts zwischen Russland und der Ukraine, andererseits aber auch weil China und Brasilien weiterhin mit strukturellen Problemen zu kämpfen haben. Lediglich der indische Sensex konnte seine gute Performance aus 2013 weiter ausbauen.

Ausgewogene Gewichtung bei Aktien und Anleihen
Ein Anhalten des Konflikts zwischen Russland und der Ukraine könnte sich durchaus stützend auf Anleihen in sicheren Häfen, wie beispielsweise deutsche Staatsanleihen, auswirken. In Summe bleibt aber der Performanceausblick im Anleihensegment nicht zuletzt aufgrund der schrittweisen Normalisierung der US-Geldpolitik getrübt. Die Analysten von Raiffeisen Research schätzen Anleihen im High Yield Segment zudem als zu teuer bewertet ein.

„Unsere Anleihestrategie für das zweite Quartal 2014 ist ausgewogen. Das Aktiensegment liegt neutral bei 50 Prozent, das Anleihensegment bei 45 Prozent und die restlichen 5 Prozent werden in alternative Investments, wie etwa Immobilien, investiert“, schließt Rechberger die Analyse der Anlagestrategie ab.

 

 

 

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