Flexiblere Visavorschriften für mehr Wachstum
 und Arbeitsplätze

 

erstellt am
02. 04. 14
11.30 MEZ

Brüssel (ec) - Wenn Nicht-EU-Bürger in die EU reisen wollen, sind sie häufig mit aufwändigen, langwierigen und kostspieligen Visaverfahren konfrontiert. Mit den heute vorgelegten Vorschlägen lassen sich diese Verfahren für all diejenigen, die einen Kurzbesuch in der EU planen, erheblich schneller, einfacher, kostengünstiger und mit weniger Verwaltungsaufwand abwickeln, ohne Kompromisse bei der Sicherheit zu machen. Ein einfacherer Zugang zum Schengen-Raum erleichtert rechtmäßig Reisenden den Besuch von Freunden und Verwandten ebenso wie geschäftliche Kontakte und wirkt sich u. a. im Tourismus und in benachbarten Sektoren wie Gastronomie und Verkehr positiv auf die Wirtschaft und den Arbeitsmarkt aus. Einer aktuellen Studie zufolge haben 2012 insgesamt 6,6 Mio. Bürger aus sechs Drittstaaten mit dem höchsten Anteil an Schengen-Reisenden wegen zu aufwändiger Visaverfahren auf eine Reise in den Schengen-Raum verzichtet.i Dieser Studie war auch zu entnehmen, dass flexiblere und einfachere Visavorschriften die Reisen in den Schengen-Raum allein aus diesen sechs Ländern um 30 % bis 60 % erhöhen könnten.ii Über einen Zeitraum von fünf Jahren könnte sich dies in Mehreinnahmen von über 130 Mrd. EUR (bei Unterkunft und Verpflegung, Beförderungsleistungen, Unterhaltung, Einkäufen usw.) niederschlagen und rund 1,3 Millionen Arbeitsplätze in der Tourismusindustrie und benachbarten Sektoren bringen.

„Europa braucht eine intelligentere Visumpolitik. Wir müssen für Touristen, Geschäftsleute, Wissenschaftler, Studenten, Künstler und Kulturschaffende attraktiver werden. Unsere Visumpolitik stellt jetzt stärker auf ökonomische Aspekte ab, um unsere Wirtschaft anzukurbeln und neue Arbeitsplätze zu schaffen; gleichzeitig sorgen wir an unseren Grenzen weiterhin für ein hohes Maß an Sicherheit. Die heutigen Vorschläge werden all jenen, die zu einem kurzen Besuch nach Europa kommen wollen, erhebliche Verfahrenserleichterungen bringen. Wir erwarten dadurch einen deutlichen Anstieg des Reiseaufkommens in den nächsten Jahren“, erklärte Innenkommissarin Cecilia Malmström.

Antonio Tajani, der für Industrie und Unternehmertum zuständige Vizepräsident der Europäischen Kommission, kommentierte die Vorschläge wie folgt: „In einer Zeit, in der immer mehr Länder den Tourismus als Wachstumsfaktor nutzen und der internationale Wettbewerb sich verschärft, eröffnen wir der europäischen Tourismuswirtschaft mit den überarbeiteten Visavorschriften neue Möglichkeiten. Sie werden der Tourismuswirtschaft bei der Bewältigung des zu erwartenden erheblichen Anstiegs der Besucherzahlen helfen. Der Tourismus ist Europas Wachstumsmotor. In der jüngsten Krise hat er sich als die wichtigste Stütze der europäischen Wirtschaft erwiesen.“

Die Europäische Kommission legt heute einen wichtigen Vorschlag zur Änderung der Visavorschriften vor, um der europäischen Wirtschaft neue Impulse zu geben und die Einreise in die EU zu erleichtern. Das Reformpaket sieht im Wesentlichen Folgendes vor:

  1. Verkürzung der Bearbeitungs- und Entscheidungsfrist von 15 auf 10 Tage;
  2. Möglichkeit der Antragstellung in Konsulaten anderer EU-Staaten, wenn der zuständige Mitgliedstaat vor Ort nicht vertreten ist;
  3. erhebliche Erleichterungen für regelmäßig Reisende einschließlich der obligatorischen Erteilung von Mehrfachvisa mit einer Gültigkeitsdauer von drei Jahren;
  4. einfacheres Antragsformular und Möglichkeit der Online-Antragstellung;
  5. Möglichkeit der Einführung von Sonderregelungen für die Erteilung von Visa an den Außengrenzen für einen Aufenthalt bis zu 15 Tagen in einem Schengen-Staat;
  6. Möglichkeit für die Mitgliedstaaten, für den Besuch von Großveranstaltungen Visaerleichterungen vorzusehen;
  7. Einführung eines neuen Visums (Rundreise-Visum) für rechtmäßig Reisende, die sich damit ein Jahr im Schengen-Raum aufhalten dürfen (ohne allerdings in einem Mitgliedstaat länger als 90 Tage innerhalb eines Zeitraums von 180 Tagen zu bleiben).


Einfachere Antragstellung bei Kurzzeitvisa, um die wachsende Nachfrage zu bewältigen: Mit dem geltenden Visakodex wurde bereits viel erreicht. So ist die Zahl der Visumanträge von 10,2 Millionen im Jahr 2009 auf 17,2 Millionen 2013 angestiegen. Es kann jedoch noch mehr getan werden, um legales Reisen einfacher zu machen. Neue Visastatistiken für 2013 finden sich auf der Website Infographic der Generaldirektion Inneres. Zu häufig kommt es vor, dass das wirtschaftliche Potenzial touristischer Attraktionen nicht voll ausgeschöpft wird, weil es Schwierigkeiten bei der Visabeschaffung gibt. Die Weltausstellung in Mailand 2015 könnte beispielsweise Millionen neuer Besucher nach Europa führen.

Konkret schlägt die Kommission jetzt Folgendes vor:

Klarere Verfahrensvorschriften und schnelleres Verfahren: Die Bearbeitungs- und Entscheidungsfrist für Visaanträge wird von 15 auf 10 Tage verkürzt. Die Frist für die Antragstellung wird von drei auf sechs Monate verlängert, damit Reisende vorausplanen und Stoßzeiten in den Konsulaten vermeiden können.

Es wurde abschließend festgelegt, welche Belege von den Antragstellern beizubringen sind. Mit dieser vereinfachten Liste und den vor Ort harmonisierten Anforderungen ist die Gleichbehandlung der Antragsteller gewährleistet. Der Abschluss einer oft kostspieligen Reisekrankenversicherung wird nicht mehr verlangt.

Stärkere konsularische Zusammenarbeit: Ist der für die Bearbeitung des Visumantrags zuständige Mitgliedstaat in einem bestimmten Drittstaat nicht vertreten, kann sich der Antragsteller dort an das Konsulat eines anderen Mitgliedstaats wenden („obligatorische Vertretung“).

Deutliche Erleichterungen für Vielreisende durch die Einführung verbindlicher Kriterien für die Ausgabe von Mehrfachvisa mit einer Gültigkeitsdauer von drei Jahren und danach von fünf Jahren für im VIS registrierte regelmäßig Reisende: Antragsteller, deren Daten im Visa-Informationssystem (VIS) registriert sind und die innerhalb von 12 Monaten vor Antragstellung bereits mindestens zwei Visa vorschriftsmäßig verwendet haben, können diese Erleichterungen in Anspruch nehmen. Möglich ist dies dank der Einführung des Visa-Informationssystems (VIS), das voraussichtlich 2015 voll operationell sein wird. Mithilfe des VIS erhalten die Konsulate der Mitgliedstaaten Einblick in die „Visum-Vorgeschichte“ der Antragsteller.

Personen, die im Besitz eines Mehrfachvisums mit längerer Gültigkeitsdauer sind, können sich spontaner für eine Reise entscheiden und werden daher vermutlich häufiger in den Schengen-Raum reisen, als dies sonst der Fall wäre. Mehr Reisen in den Schengen-Raum bedeuten gleichzeitig auch mehr Wirtschaftswachstum.

Einführung eines Rundreise-Visums: Mit diesem neuen Visum können rechtmäßig Reisende aus Drittstaaten maximal ein Jahr den Schengen-Raum bereisen (unter der Voraussetzung, dass sie sich nicht länger als 90 Tage je 180-Tage-Zeitraum im selben Mitgliedstaat aufhalten). Das Visum kann unter derselben Voraussetzung um ein weiteres Jahr verlängert werden. Dieses Visum ist beispielsweise für Bühnenkünstler gedacht, die den Schengen-Raum über einen längeren Zeitraum bereisen, aber auch für Einzelreisende wie z. B. Touristen, Wissenschaftler und Studierende, die mehr Zeit in Europa verbringen wollen.

Das Visa-Paket umfasst:

  • einen Bericht über die Umsetzung des Visakodexes in den Mitgliedstaaten („Wirtschaftswachstum durch eine intelligentere Visumpolitik“)
  • einen Vorschlag für eine Neufassung der Verordnung über den Visakodex der Union (Visakodex)
  • einen Vorschlag für eine Verordnung zur Einführung eines Rundreise-Visums
  • eine Visastatistik


Die nächsten Schritte: Rat und Europäisches Parlament müssen beiden Verordnungsvorschlägen zustimmen, womit frühestens 2015 zu rechnen ist.

Nach Inkrafttreten der Verordnungen gelten die neuen Bestimmungen für alle EU-Mitgliedstaaten, die die gemeinsame Schengen-Politik im Visabereich voll anwenden, sowie für die vier assoziierten Schengen-Staaten (Island, Liechtenstein, Norwegen und die Schweiz). Bulgarien, Kroatien, Irland, Zypern, Rumänien und das Vereinigte Königreich nehmen an der gemeinsamen Visumpolitik nicht teil.

 

 

 

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