Wien (tu) - Wenn aus Bioabfällen wertvolle brennbare Gase wie Methan gewonnen werden sollen, muss man entschwefeln.
Auf der Hannover Messe 2014, in Halle 6 – Stand J10, präsentiert die TU Wien ein umweltfreundliches und kostengünstiges
Verfahren dafür.
Wenn Biomasse vergärt, dann entsteht Biogas. Bevor man es allerdings in Motoren in Elektrizität umwandeln
oder damit am Gasherd Suppe kochen kann, müssen zunächst unerwünschte Bestandteile entfernt werden,
etwa Schwefelwasserstoff. An der TU Wien wurde nun eine Methode entwickelt, mit der sich Gase ganz unterschiedlicher
Zusammensetzungen reinigen lassen, sodass wertvolles Methangas gewonnen wird. Bei der Hannover Messe 2014 wird
die Erfindung nun präsentiert.
Grenzwerte für Schwefel
Für die Inhaltsstoffe von Biogas gibt es strenge Grenzwerte, etwa für Kohlendioxid oder Wasserdampf.
Besonders streng sind die gesetzlichen Beschränkungen für Schwefelwasserstoff (H2S). Die Schwefelwasserstoffkonzentration
muss für viele europäische Erdgasnetze auf unter 5 mg/m³ reduziert werden, das entspricht ca. 3,3
ppm. Ein Problem ist das insbesondere dann, wenn proteinreiche Substanzen zu Biogas vergoren werden – etwa tierische
Abfallstoffe. Dann enthält das Gas oft mehr als das Hundertfache der erlaubten Schwefelmenge.
„Diese Grenzwerte sind wichtig, denn bei der Weiterverarbeitung von Biogas könnte der Schwefel sonst schweren
Schaden anrichten“, erklärt Prof. Michael Harasek vom Institut für Verfahrenstechnik, Umwelttechnik und
Technische Biowissenschaften der TU Wien. „In Verbrennungsmotoren können Schwefelverbindungen zu Korrosion
führen, sie sind Gift für Katalysatoren, und in höheren Konzentrationen können sie für
Menschen gesundheitsschädlich sein.“
Verschiedene Entschwefelungsmethoden
Entschwefelungsmethoden wurden auch schon bisher angewendet, doch sind sie meist mit schwerwiegenden Nachteilen
verbunden: In manchen Anlagen scheidet man Schwefel an Eisen oder Zinkoxid ab – die Aufnahmekapazität dieser
Materialien ist aber irgendwann erschöpft, dann müssen sie ausgetauscht werden. Bei anderen Anlagen,
in denen Schwefelwasserstoff oxidiert und zu Schwefel, Sulfit oderSulfaten umgewandelt wird, können unerwünschte
Nebenprodukte entstehen und die chemische Reaktion kann zu starker Erwärmung des Biogases führen, was
im Umgang mit brennbaren Gasen gefährlich sein kann.
„Bei unserer Methode wird der Prozess in zwei getrennte Schritte aufgeteilt“, erklärt Michael Harasek. Zuerst
wird der Schwefelwasserstoff aus dem Gas in eine Flüssigkeit absorbiert, erst dann wird in einem separaten
Reaktor der Schwefelwasserstoff durch Oxidation unschädlich gemacht.
Um den Schwefelwasserstoff zu absorbieren, lässt man das Gas ganz kurz an Natronlauge vorbeiströmen.
„Schwefelwasserstoff wird von Natronlauge sehr schnell absorbiert. Daher wird in einem kurzen Strömungsrohr
der Schwefelwasserstoff aus dem Gas geholt – und zwar nur der - und alle anderen Bestandteile bleiben drin“, sagt
Michael Harasek. In einem zweiten Schritt wird dann der Schwefel oxidiert, letztlich entstehen dann schwefelhaltige
Salze, die wieder dem Kreislauf der Natur zugeführt werden können: Der Schwefel kommt als Sulfatdünger
wieder aufs Feld.
Die Methode der TU Wien ist sehr flexibel. „Unsere Anlage besteht aus mehreren hintereinandergeschalteten Stufen.
Je nach der Zusammensetzung des Biogases kann ausgewählt werden, welche davon man verwendet“, erklärt
Harasek. Dadurch kommt die Anlage mit ganz unterschiedlichen Gasgemischen zurecht – und das ist wichtig, denn die
Zusammensetzung von Biogas ist genauso vielfältig wie die organischen Ausgangsprodukte, aus denen man es jeweils
erzeugt.
Die Erfindung ist bereits markttauglich und wurde vom Forschungs- und Transfersupport der TU Wien zum Patent angemeldet.
Auf der Hannover Messe 2014 von 7. Bis 11. April wird sie erstmals öffentlich präsentiert. Mit der neuen
Entschwefelungstechnik soll Biogas noch wirtschaftlicher werden und sich in der Industrie stärker durchsetzen
als bisher.
Neben der Entschwefelungstechnik wird die TU Wien weitere Komponenten für die „Bio-Raffinerie von morgen“
sowie „Ressourcenschonung durch neue Materialien und Oberflächendesign“ sowie „Innovative Lebensmittel-Qualitätstests“
in der Halle „IndustrialGreenTec“ auf der Hannover Messe präsentieren.
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