Kanzler stellte sich im Heute-Talk Fragen zur Europäischen Union
Wien (bpd) - "Viele Menschen sind von der EU enttäuscht: Nach der Finanzkrise ist die Arbeitslosigkeit
gestiegen, es gibt nach wie vor Spekulation, Steuerbetrug und viele Ungerechtigkeiten. Viele glauben nicht mehr
recht, dass es gemeinsam besser gehen könnte. Ich sage aber, wir können nur miteinander ein soziales
und ein gerechteres Europa erreichen", sagte Bundeskanzler Werner Faymann am 31.03. im Talk mit jungen Menschen
zum Thema EU-Wahl. Die Fragen reichten vom Freihandelsabkommen mit den USA über die Schulpolitik bis zur Bewältigung
der Jugendarbeitslosigkeit.
Auf die Frage, wie der Kanzler zum Freihandelsabkommen zwischen EU und USA stehe, sagte Faymann: "Das ist
ein sehr wichtiges und schwieriges Thema. Einerseits will Europa mehr Erfolge auf dem Weltmarkt erzielen. Aber
andererseits dürfen wir dabei nicht das über Bord werfen, was uns wichtig ist, nämlich unsere Sozial-
und Umweltstandards. Es dürfen nicht die untersten Standards zusammen gerechnet werden, sondern die obersten.
Das wird noch eine harte Auseinandersetzung, und Österreich hat dabei eine starke Rolle zu spielen."
Faymann wurde auch auf die Erfolge der Rechtsparteien in Europa angesprochen und dabei ebenso gefragt, wie er sich
erklären könne, dass nach ausländerfeindlichen Aussagen von Mölzer oder Strache kein Aufschrei
in Österreich erfolge. "Warum gewinnen Nationalisten? Sie arbeiten mit einfachen Feindbildern wie den
Ausländern, der EU und der Bürokratie, ihr Ziel ist, man soll einfach nicht näher nachdenken. Doch
Europa kann nur funktionieren, wenn man zusammenarbeitet, einer alleine kann die Probleme und Konflikte nicht lösen."
Zum Thema Einwanderung in der EU sagte Faymann: "Das wichtigste wäre, dass die europäischen Länder
eine gemeinsame Asyl- und Einwanderungspolitik betreiben. Es braucht genügend Unterkünfte für bedürftige
Menschen in Not. Dafür müssen wir auch in Österreich unseren Beitrag leisten. Ebenso sollte es gelingen,
in den Ländern zu helfen, aus denen die Menschen flüchten. Und nicht zuletzt muss den Schleppern das
Handwerk gelegt werden."
Auch die Pisa-Ergebnisse und das Auseinanderdriften von Arm und Reich wurden aufs Tapet gebracht. "Arm und
Reich geht zwar auch in Österreich auseinander, aber weniger als in anderen Ländern. Wir sehen aber bei
der Bildung Defizite und Ungleichheiten, die die Schulen offenbar nicht genügend ausgleichen können",
erklärte Faymann." Wir brauchen daher eine frühe Förderung dieser Kinder und ich setze mich
stark für den Ausbau der Kinderbetreuungseinrichtungen ein. Ebenso bin ich davon überzeugt, dass die
Ganztagsschule Defizite ausgleichen kann. Investitionen in die Bildung sind die wichtigsten Investitionen in die
Zukunft."
Gefragt, welche konkreten Maßnahmen auf EU-Ebene tatsächlich gesetzt werden können, um die Jugendarbeitslosigkeit
zu bekämpfen, sagte Faymann: "Das Beste wäre, wenn wir es schaffen, die Jugendausbildungsgarantie
zu verankern. Damit wir alle 16-jährigen Arbeitslosen von der Straße holen und in die überbetrieblichen
Lehrwerkstätten bringen können."
Grundsätzlich ließe sich noch vieles in der Europäischen Union verbessern, besonders der Finanzsektor
sei noch stärker zu reglementieren, um nicht im Krisenfall Banken retten zu müssen. "Das Steuergeld
brauchen wir für Bildung und Ausbildung, Forschung und Entwicklung und den Ausbau des Sozialstaates. Ich glaube
Österreich kann ein Vorbild werden in der Europäischen Union. Ich möchte, dass Menschen Arbeit haben
und dass sie mit dieser Arbeit genug zum Leben haben und insgesamt zufrieden sind", so der Kanzler abschließend.
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