Würzburg (idw) - Am Anfang lässt sich die Parkinson-Krankheit mit Medikamenten oft relativ gut beherrschen.
Mit dem Fortschreiten der Erkrankung aber kann die Therapie selbst zum Auslöser von ungewollten Bewegungen
werden. Warum ist das so? Mediziner der Würzburger Uniklinik verfolgen eine interessante Spur.
Die Parkinson-Erkrankung wird diagnostiziert, wenn ihre motorischen Hauptsymptome – Muskelsteife, Verlangsamung
der Bewegungen und häufiges Zittern – gemeinsam auftreten. Die Ursache der Erkrankung liegt im Gehirn. Die
motorischen Beschwerden korrelieren in der Gehirnregion Substantia nigra mit dem Absterben von Nervenzellen, die
den Botenstoff Dopamin produzieren.
Ein Medikament, das Parkinson-Patienten hilft, ist L-Dopa. Es gleicht den Dopamin-Mangel im Gehirn aus. Mit wenigen
Tabletten am Tag können viele Betroffene über Jahre hinweg relativ gut mit der Krankheit leben und ihren
Alltag meistern. Allerdings kann L-Dopa das fortschreitende Absterben der Gehirnzellen nicht stoppen.
Die Effektivität der L-Dopa-Therapie verändert sich daher mit fortschreitender Krankheitsdauer, weil
sich die Anzahl der Zellen, die L-Dopa benutzen können, vermindert. Außerdem verändert sich die
Aktivität der verbleibenden Zellen, was zu neuen Bewegungsstörungen (z.B. Dyskinesien: ungewollte Überbewegungen;
On-Off-Phänomene: plötzlicher Wechsel von guter zu schlechter Beweglichkeit etc.) führen kann.
Dyskinesien bekommen nicht alle Patienten
„Zu Dyskinesien kommt es bei vielen Patienten im Verlauf der Therapie“, sagt Professor Ioannis Isaias von der
Neurologischen Universitätsklinik Würzburg. Warum treten diese unkontrollierbaren Zuckungen der Arme
oder Beine bei manchen Patienten auf, bei anderen aber nicht? Was lässt sich dagegen tun? Das möchte
ein Team von Neurologen und Nuklearmedizinern in Würzburg jetzt herausfinden.
Aus Untersuchungen am Tiermodell ist bekannt, dass bei der Entstehung der Dyskinesien mehrere Botenstoffsysteme
des Gehirns beteiligt sind, wie zum Beispiel das cholinerge System. Außerdem gibt es Hinweise darauf, dass
die Aktivität des cholinergen Systems eine nervenschützende Wirkung auf das Dopamin-System haben könnte,
das bei Parkinson-Patienten ja hauptsächlich beeinträchtigt ist.
Aufschlussreiche Bilder aus dem Gehirn
Bevor sich aus dieser Erkenntnis vielleicht neue Medikamente entwickeln lassen, muss die Wissenschaft noch
grundlegende Fragen klären: Wie sehen die Wechselwirkungen aus, die im Gehirn von Parkinson-Patienten zwischen
dem Dopamin-System und dem cholinergen System ablaufen? Was unterscheidet Patienten, die bei der Einnahme von L-Dopa
keine Dyskinesien bekommen, von Patienten, die davon betroffen sind?
Diesen Fragen gehen die Würzburger Mediziner mit der sogenannte SPECT-Technik nach (Single Photon Emission
Computer Tomography). Diese Technik erlaubt die funktionelle Darstellung der Vorgänge im Gehirn. Die Forscher
verwenden dabei auch spezielle neue Marker, welche die Aktivitäten des cholinergen Systems sichtbar machen.
Entwickelt wurden sie von Professor Samuel Samnick aus der Würzburger Nuklearmedizin.
Studie mit Würzburger Patienten
Die Wissenschaftler führen ihre Studie an der Neurologischen Universitätsklinik in Zusammenarbeit
mit dem Team von Klinikdirektor Professor Jens Volkmann durch. Rund 100 Parkinson-Patienten sollen zunächst
Marker verabreicht bekommen, die im Gehirn gezielt an das cholinerge System binden. Mittels einer 40 Minuten dauernden
SPECT-Untersuchung entstehen schließlich detaillierte Einblicke in den Gehirnstoffwechsel von Patienten mit
und ohne Dyskinesien.
Die Ergebnisse werden voraussichtlich Anfang 2015 vorliegen. Was sich Professor Isaias im Idealfall davon erhofft,
beschreibt er so: „Vielleicht können wir damit künftig vorhersagen, bei welchen Parkinson-Patienten unter
L-Dopa Dyskinesien auftreten werden, und vielleicht bekommen wir dadurch auch neue Anhaltspunkte dafür, wie
wir diesen Patienten besser helfen können.“
Geldgeber aus den USA
Die Michael J. Fox Foundation for Parkinson’s Disease (USA) unterstützt das Projekt mit rund 114.000 US-Dollar.
Ziel der Stiftung ist es, die Erforschung der Parkinson-Krankheit zu fördern. Gegründet wurde sie vom
amerikanischen Schauspieler Michael J. Fox („Zurück in die Zukunft“), der 1991 an Parkinson erkrankt ist.
Weitere Fördermittel für das Projekt kommen vom Interdisziplinären Zentrum für Klinische Forschung
(IZKF) der Universität Würzburg.
Fakten zur Parkinson-Krankheit
Die Parkinson-Krankheit wurde von dem Arzt Jean Martin Charcot nach dem Engländer James Parkinson benannt,
der die Erkrankung 1817 als einer der ersten beschrieben hat. In Deutschland sind rund 280.000 Menschen davon betroffen.
Bei etwa zehn Prozent der Patienten macht sich die Krankheit schon im Alter unter 40 Jahren bemerkbar; die meisten
Erkrankten sind bei der Diagnose etwa 60 Jahre alt.
Eine Heilung ist bislang nicht möglich, die Symptome lassen sich aber in der Regel über viele Jahre hinweg
relativ gut mit Medikamenten behandeln. Wenn die Arzneimittel nicht mehr gut genug wirken, kann auch die Technik
der „Tiefen Hirnstimulation“ oder eine Medikamentenpumpe helfen. Auch diese Therapieformen werden an der Neurologischen
Klinik des Universitätsklinikum Würzburg angeboten.
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