Hundstorfer: Ein gemeinsames soziales Europa braucht faire Spielregeln
Wien (pk) – Das vom Nationalrat beschlossene Gesetzespaket zur Wiedereingliederung älterer Arbeitsloser
in den Arbeitsmarkt sowie zur Senkung der Lohnnebenkosten passierte am 10.04. auch den Bundesrat mehrheitlich.
In den nächsten Jahren werden zusätzliche Fördermittel bereitgestellt, um älteren Arbeitslosen
über 50, die seit mehr als einem halben Jahr beim AMS vorgemerkt sind, mehr Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu
eröffnen. So können bis zum Jahr 2016 350 Mio. € aus der Arbeitslosenversicherung in spezifische Förderprogramme
und Beihilfen umgeleitet werden. Gedacht ist etwa an Kombilohnmodelle, Eingliederungsbeihilfen und die verstärkte
Unterstützung sozialökonomischer Betriebe.
Die von der Regierung versprochene Senkung der Lohnnebenkosten wird durch die Reduzierung des Unfallversicherungsbeitrags
(ab Juli 2014) und des Arbeitgeber-Beitrags zum Insolvenz-Entgelt-Fonds (ab 2015) um jeweils 0,1 Prozentpunkte
umgesetzt. Darüber hinaus wird durch eine Übergangsregelung sichergestellt, dass Personen, die derzeit
eine befristete Invaliditätspension beziehen und nach deren Auslaufen Anspruch auf Rehabilitationsgeld haben,
keine Einkommenseinbußen erleiden.
Die hohe Arbeitslosigkeit gebe Anlass zu Sorge, meinte Bundesrätin Cornelia Michalke (F/V). Leider würden
ältere Arbeitsuchende oft nur für den Zeitraum der Förderung angestellt, befürchtete sie und
forderte bessere Kontrollen. Michalke brach auch eine Lanze für den Blum-Bonus für Lehrstellen. Die geplante
Senkung der Lohnnebenkosten sei viel zu gering, um einen spürbaren Effekt zu erzeugen, sagte die Bundesrätin,
daher könne ihre Fraktion nicht zustimmen.
SPÖ-Bundesrat Rene Pfister (S/N) meinte, die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit von älteren ArbeitnehmerInnen
müsse Vorrang haben, das vorliegende Gesetz zeige mit einem Bündel wirksamer Maßnahmen ein deutliches
Bekenntnis dazu. Er halte aber die Umsetzung an den jeweiligen AMS-Stellen für zentral für den Erfolg.
Fraktionskollegin Ilse Fetik (S/W) beklagte Vorurteile gegenüber der Beschäftigung älterer ArbeitnehmerInnen,
die überwunden werden müssten. Zur Schaffung von Arbeitsplätzen würde auch eine Reduktion der
Überstunden in vielen Betrieben beitragen, rechnete sie vor.
Heidelinde Reiter (G/S) sagte, auf längere Sicht werde man um eine ökologische Steuerreform und eine
deutlichere Besteuerung der Vermögen nicht herumkommen. Kleine Maßnahmen, wie sie jetzt umgesetzt würden,
könnten nur wenig bewirken, wenn das System an sich falsch sei. Reiter sah Probleme bei sozialökonomischen
Betrieben, die oft wie Leiharbeitsfirmen fungierten. Sie hoffe, die geplante Evaluierung werde Verbesserungen bringen.
Franz Perhab (V/St) meinte, Kombilohnmodelle seien der Anstellung älterer ArbeitnehmerInnen sicher förderlich,
eine sechste Urlaubswoche stelle aber eher ein Problem dar, da sie die Arbeitskraft verteuere. Josef Saller (V/S)
stellte fest, da der Konjunkturmotor immer noch nicht zufriedenstellend laufe, sei das vorliegende Paket von großer
Bedeutung. Wolle man ältere ArbeitnehmerInnen im Arbeitsprozess halten, müsse man vor allem mehr für
die KMU tun, die in Österreich 60 % der Arbeitsplätze bereitstellen.
Der Faktor Arbeit sei in Österreich stark belastet, was Arbeitsplätze vernichte, konstatierte Gerald
Zelina (T/N). Die Senkung der Lohnnebenkosten sei dem Team Stronach daher noch zu wenig. Es wäre zudem sinnvoll,
in der Verwaltung umfassend zu sparen, etwa bei den Krankenkassen, und die Einsparungseffekte als Steuersenkungen
weiterzugeben.
Bundesminister Rudolf Hundstorfer unterstrich, im Zentrum der Aufmerksamkeit der Arbeitsmarktpolitik stehe jetzt
die Generation 50+. Eingliederungshilfen seien eine Art der Lohnsubvention für Betriebe und damit eine Entlastung
der Wirtschaft wie die Lohnnebenkostensenkung. Den nicht in allen Punkten optimalen Blum-Bonus habe man durch ein
neues System der Lehrstellenförderung ersetzt. Hundstorfer plädierte dafür, Arbeitsmarktmaßnahmen
stets als Gesamtheit zu sehen. Das gelte etwa für die Frage der sechsten Urlaubswoche, denn wolle man Menschen
länger und gesünder im Arbeitsprozess halten, müsse man ihnen auch längere Erholungszeiten
zugestehen. Den Vorstellungen des Team Stronach zur Zusammenlegung aller Krankenkassen erteilte er ein klare Absage.
Er widersprach auch der Darstellung von Bundesrätin Reiter, die sozialökonomische Betriebe mit Leiharbeitsfirmen
gleichgestellt hatte.
EU-Arbeitsprogramm zu Arbeitsmarkt und Sozialem
Der Sozialminister nahm heute auch zu den EU-Vorhaben für das Jahr 2014 in den Bereichen Arbeit, Soziales
und Konsumentenschutz Stellung. Ein entsprechender Bericht lag der Länderkammer vor, wonach heuer insbesondere
die Förderung des Wirtschaftswachstums im Hinblick auf die Beschäftigungssituation, die Umsetzung der
EU 2020-Strategie, die Erleichterung der Mobilität von ArbeitnehmerInnen sowie der Kampf gegen Schwarzarbeit
und Steuerbetrug im Mittelpunkt stehen. Der Bericht wurde mehrheitlich zur Kenntnis genommen.
Bundesrat Dietmar Schmittner (F/S) stellte fest, seine Fraktion werde den Bericht nicht zur Kenntnis nehmen. Das
Arbeitsprogramm, das unter griechischer Präsidentschaft erstellt wurde, halte er für fragwürdig.
Angesichts der wirtschaftlichen Situation in Österreich seien Forderungen nach größerer Personenfreizügigkeit
nur Anreiz zu Sozialtourismus, befürchtete Schmittner. Die Skepsis vieler BürgerInnen gegenüber
Europa resultiere daraus, dass österreichische Interessen eindeutig nicht mehr im Mittelpunkt der Politik
stünden.
Bundesrätin Inge Posch-Gruska (S/B) bezeichnete die Wortmeldung ihrer Vorredners als reinen Populismus. Das
Programm enthalte sehr viele gute Punkte, gerade was soziale Maßnahmen für ältere ArbeitnehmerInnen
und Personen mit Beeinträchtigungen am Arbeitsmarkt betreffe, oder wenn es um die Angleichung des Lohnniveaus
von Männern und Frauen gehe. Die vorgeschlagenen Maßnahmen der EU würden den österreichischen
Bemühungen in diesem Bereich sehr entgegenkommen, war sie überzeugt.
Auch Edgar Mayer (V/V) meinte, die FPÖ nehme offenbar aus Prinzip eine prinzipielle Anti-EU-Haltung ein. Entscheidend
an dem Bericht sei nicht die Erstellung unter griechischem Vorsitz, sondern dass er viele gute Vorschläge
enthalte, etwa gegen Schwarzarbeit und Steuerbetrug. Bei der Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit, die ebenfalls
ein Schwerpunkt ist, habe Österreich viel vorzuweisen, das werde EU-weit anerkannt.
Der Grüne Bundesrat Efgani Dönmez (G/O) sah sich aufgerufen, der aus seiner Sicht irreführenden
Behauptung Schmittners, Zuwanderer aus Südosteuropa wollten das österreichische Sozialsystem ausnützten,
entgegenzutreten. Der Aufenthalt in einem EU-Land begründe noch keinen Anspruch auf Sozialleistungen. In Österreich
erhalte man nur unter der Bedingung einer Beschäftigung und eines Daueraufenthalts von fünf Jahren Zugang
zu bestimmten Sozialleistungen. Zum seinem eigentlichen Thema der Pflichtpraktika stellte Dönmez fest, Bundesminister
Hundstorfer habe bestehende Probleme erkannt, er hoffe daher auf schnelle Verbesserungen.
Auch Sozialminister Rudolf Hundstorfer reagierte zuerst auf die Wortmeldung von Bundesrat Schmittner und stellte
fest, es sei nicht von Belang, welcher Mitgliedsstaat die Präsidentschaft innehabe, denn diese sammle die
Vorschläge aller Mitglieder. Der Sozialminister unterstrich auch, dass es keine Massenzuwanderung aus Süd-
und Südosteuropa gebe. So stünden 2.600 spanischen ArbeitnehmerInnen in Österreich 12.200 ÖsterreicherInnen
in Spanien gegenüber. Nur 300 Rumänen erhalten eine österreichische Ausgleichszulage, während
1.300 ÖsterreicherInnen Anspruch auf Ausgleichszulage aus dem Schweizer Sozialsystem haben. Niemand könne
sich eine Mindestsicherung "erschleichen", betonte Hundstorfer. Sozialleistungen seien Versicherungsansprüche,
für die man erst Leistung erbringen müsse, keine Geschenke. Österreich sei für faire Spielregeln
für alle im gemeinsamen Europa, auch im Sozialbereich.
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