Mehr Transparenz bei geringeren Spielräumen
Wien (rk/städtbund) - Die österreichischen Gemeinden waren von der Finanz- und Wirtschaftskrise
2009/2010 stark betroffen. Der Überschuss der laufenden Gebarung hat sich 2013 wieder an die Werte von 2007
herangetastet. Dies ist jedoch in realen Werten um 15 Prozent unter dem Vor-Krisen-Niveau. Bis 2017 wird damit
der Überschuss voraussichtlich auf 1.496 Mio. Euro zurückgehen. Damit wird der Spielraum für kommunale
Investitionen und Schuldentilgungen um 25 Prozent unter dem Wert von 2007 liegen. Der Österreichische Städtebund
und das KDZ - Zentrum für Verwaltungsforschung legen heute in einem Hintergrundgespräch die aktuelle
Finanzprognose für Städte und Gemeinden bis 2017 vor.
Der Überschuss der laufenden Gebarung ist von 1.586 Mio. Euro im Vorkrisen-Jahr (2007) auf 870 Mio. Euro im
Jahr 2009 gesunken. Bis 2013 stieg er absolut auf 1.549 Mio. Euro, in realen Werten liegt er jedoch 15 Prozent
unter dem Wert von 2007. Die Ursachen liegen in den stärker steigenden Ausgaben - vor allem für Krankenanstalten-
und Sozialhilfeumlagen sowie Kinderbetreuung - mit denen die Einnahmen nicht Schritt halten können.
Transfer frisst Ertragsanteile
Die Mehreinnahmen aus Ertragsanteilen in Höhe von 1.071 Mio. Euro im Zeitraum 2007 bis 2013 mussten im
Ausmaß von 807 Mio. Euro für höhere Transfers aufgewendet werden, insbesondere gingen sie an die
Länder für Sozialhilfe und Krankenanstalten. Der Mehrbedarf beim Personal- und Verwaltungsaufwand (1.355
Mio. Euro) konnte mit den Mehreinnahmen aus gemeindeeigenen Steuern und Gebühren- sowie Leistungserlösen
(759 Mio. Euro) nur teilweise abgedeckt werden. Die Mehreinnahmen aus den Bundesabgaben mussten im Ausmaß
von 75 Prozent wieder an die Länder zurücküberwiesen werden. Die Mehrausgaben im eigenen Wirkungsbereich
- u.a. für den Ausbau der Kinderbetreuung - mussten die Gemeinden primär aus ihren Mehreinnahmen aus
eigenen Steuern, Gebühren und Erlösen finanzieren. Starke Zunahmen gab es insbesondere im Bereich der
Kinderbetreuung: seit 2007 wurden 17.900 neue Betreuungsplätze geschaffen, wofür 6.900 zusätzliche
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erforderlich waren. In Summe hat sich der Netto-aufwand der Gemeinden (ohne Wien)
seit 2007 im Bereich Kinderbetreuung um 160 Mio. Euro erhöht.
Mehr Transparenz für die Gemeindehaushalte
Die Gemeindehaushalte sind öffentlich verfügbar - mit der Plattform http://www.offenerhaushalt.at auch in leicht verständlicher Form. Damit können derzeit
für jede Gemeinde die Ausgaben und Einnahmen in den zentralen Leistungsfeldern, wie auch für einzelne
Leistungen seit dem Jahr 2001, rasch abgerufen werden. Dieser kostenlose Service wird aktuell von mehr als 300
österreichischen Gemeinden genutzt. Die stärkste Nutzung gibt es derzeit in Niederösterreich, wo
25 Prozent der Gemeinden ihre Haushaltsdaten für alle Bürgerinnen und Bürger freigeschalten haben.
Österreichweit können somit rund 2,2 Mio. Bürgerinnen und Bürger den Haushalt ihrer Gemeinde
leicht zugänglich lesen. Bis zum Herbst 2014 soll www.offenerhaushalt.at auch um die Schulden und Haftungen
sowie die Bonitätseinschätzung auf Basis des KDZ-Quicktest ergänzt werden. "Mit offenerhaushalt.at
kommen die Gemeinden nicht nur den Erfordernissen des Österreichischen Stabilitätspakts nach, die Gemeindehaushalte
werden damit für die interessierten Öffentlichkeit einfacher erreichbar und auch verständlich lesbar",
so Peter Biwald, Geschäftsführer des KDZ - Zentrum für Verwaltungsforschung.
Keine Veränderung in Sicht
Mittelfristig wird sich die finanzielle Lage stabilisieren, jedoch nicht verbessern. Die Transfers an die Länder
steigen bis 2017 voraussichtlich weiterhin stärker als die zentralen Einnahmen. Während die Ertragsanteile
voraussichtlich um 3,4 Prozent p.a. zunehmen, erhöhen sich die Transfers für Krankenanstalten- sowie
Sozialhilfeumlage um 5,0 Prozent p.a. Der Überschuss der laufenden Gebarung wird 2017 mit voraussichtlich
1.496 Mio. Euro leicht unter dem Wert von 2013 bleiben. Damit wird der finanzielle Spielraum der Gemeinden in realen
Zahlen nach wie vor um 25 Prozent unter dem Vorkrisen-Niveau liegen.
Transferanstieg nicht finanzierbar
Die Zuwächse der Ertragsanteile und eigenen Steuern decken nur den Anstieg des Personal- und Sachaufwandes,
der Anstieg der Transfers für Krankenanstalten und Sozialhilfe an die Länder werden nicht mehr abgedeckt.
Für notwendige Investitionen bleiben zu wenig Geldmittel. "Investitionen sind im städtischen Bereich
zurückgegangen, da die Rahmenbedingungen (Stabilitätspakt, Maastricht) keine Neuverschuldung zulassen.
Um zu verhindern, dass Investitionen in wichtigen Bereichen wie Bildung (inklusive Kindergarten), Gesundheit, Pflege
und Öffentlicher Verkehr einbrechen, sollten diese Bereiche von den Maastricht-Kriterien ausgenommen werden",
forderte Weninger. Er kritisierte auch die Transferzahlungen: "diese bewirken eine Umverteilung von den großen
zu den kleinen Gemeinden", so Weninger.
Resümee
- Der Überschuss der lfd. Gebarung ist rückläufig, wodurch weniger
Spielraum für Schuldentilgungen und Investitionen bestehen.
- Die Mehreinnahmen aus Ertragsanteilen fließen Großteils in steigende
Transferzahlungen für Krankenanstalten und Sozialhilfe an das Land.
- Mittelfristig ist keine Verbesserung der finanziellen Spielräume in Sicht,
Transfers steigen stärker als Ertragsanteile.
- Eine Reform der Gemeindefinanzierung ist erforderlich:
- Die Abgabenautonomie mit einer echten Reform der Grundsteuer und der Grunderwerbssteuer
muss gestärkt werden.
- Die Strukturreformen nutzen - flächendeckende Kooperationen, Gebietsgemeinde
schaffen.
- Das Transfersystem vereinfachen - weniger Transfers mit Abtausch von Krankenanstalten-umlage
und Kinderbetreuung sowie Landesumlage und Landesförderungen.
- Der aufgabenorientierte Finanzausgleich muss auf der Tagesordnung bleiben.
|