Konferenz der ParlamentspräsidentInnen drängt in Resolution auf konkrete Fortschritte
bei der Integration von Roma und Sinti
Vilnius/Wien (pk) - Ein leidenschaftliches Plädoyer gegen Ausgrenzung und Diskriminierung von Minderheiten
hielt Nationalratspräsidentin Barbara Prammer am 07.04. im Rahmen der Konferenz der ParlamentspräsidentInnen
und des EU-Parlaments in Vilnius. Anlässlich des Internationalen Roma Tages richtete sie den Fokus auf die,
wie sie betonte, beunruhigende Situation der Roma und Sinti in Europa. Sie lebten heute nicht nur am Rande der
Gesellschaft in sehr schlechten wirtschaftlichen Verhältnissen in Slum-ähnlichen Unterkünften, im
Bildungssektor und am Arbeitsmarkt seien sie überdies ausgegrenzt und hätten auch mit offener Diskriminierung
bis hin zu persönlichen Angriffen zu kämpfen.
Aufgrund der Initiative Prammers beschäftigt sich die Konferenz der ParlamentspräsidentInnen unter anderem
auch mit dieser drängenden Frage und wird dazu eine Deklaration verabschieden, die konkrete Fortschritte beim
Zugang zu Bildung, Beschäftigung, zur Gesundheitsfürsorge, zu Wohnraum und grundlegenden Diensten einfordert.
Die RepräsentantInnen der einzelnen Staaten halten darin fest, dass eine Verbesserung der Situation der Roma
und Sinti nur gemeinsam mit ihnen sowie mit deren VertreterInnen und Organisationen erreicht werden kann.
Werte nicht nur gegen andere sondern auch für andere verteidigen
Prammer rief in diesem Zusammenhang ihre Kolleginnen und Kollegen dazu auf, sich bei ihrem Einsatz für die
Roma nicht von heftigen Gegenreaktionen entmutigen zu lassen. "Ich sehe es als unsere selbstverständliche
politische und persönliche Verantwortung, gegen Ausgrenzung aufzutreten und für die Gleichberechtigung
aller Bürgerinnen und Bürger zu sorgen, sagte sie. "Schließlich ist es nicht nur entscheidend,
dass wir unsere Werte gegen andere verteidigen, sondern auch für andere."
Die Nationalratspräsidentin zeichnete in ihrem Appell ein düsteres Bild der Lebensrealität der rund
10 bis 12 Millionen Roma und Sinti in Europa, von denen rund die Hälfte in der EU lebt. Roma seien in erster
Linie nationale Minderheiten in ihren jeweiligen Heimatländern und dort oft seit Jahrhunderten ansässig.
Das Klischee von den quasi heimatlos in Europa Umherziehenden habe mit der Realität nichts zu tun, vielmehr
diene es der Rechtfertigung von Diskriminierung und Ausgrenzung, so Prammer. Die negativen Stereotype und Vorurteile
lebten nicht nur weiter, es sei sogar ein Zuwachs an Anti-Roma-Rhetorik und ein Ansteigen von gewaltbereitem Rassismus
und von tätlichen Übergriffen festzustellen, hielt Prammer warnend fest. Die Diskussion über die
"Armutszuwanderung" werde heute hauptsächlich an Roma festgemacht, populistische Politikerinnen
und Politiker bedienten sich zunehmend des Sündenbockschemas.
Es sei zwar schon einiges geschehen, erinnerte Prammer unter anderem an den 3. Europäischen-Roma-Gipfel, der
kürzlich am 4. April 2014 stattgefunden hat, sowie an den Aktionsplan der OSZE aus 2003 und an die internationale
Initiative "Jahrzehnt der Roma-Integration", der einige europäische Staaten beigetreten sind. Alle
28 EU-Mitgliedstaaten hätten sich auch verpflichtet, durch gezielte Maßnahmen die Integration der Roma
zu beschleunigen. Integration sei nicht nur als Bringschuld zu sehen, konstatierte Prammer, es sei die Verantwortung
der Mehrheitsgesellschaften, jede Diskriminierung abzulehnen. Gleichzeitig sei es notwendig, effiziente und nachhaltige
Strategien auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene gemeinsam mit den Betroffenen umzusetzen.
Als einen Schlüssel zur gesellschaftlichen Inklusion sieht Prammer vor allem den gleichberechtigten Zugang
zum Bildungswesen. Dabei müsse eine ernsthafte Auseinandersetzung mit den spezifischen Problemen in diesem
Bereich erfolgen, betonte sie. In Österreich versuche man beispielsweise mittels des Projekts "SchulassistentInnen"
zwischen Lehrkräften, Roma-Kindern und Eltern zu vermitteln. Sie, Prammer, rege auch immer wieder an, qualifizierte
Roma als so genannte Role-models zu gewinnen, die anderen als Vorbild dienen. Prammer drängte zudem darauf,
den Blick auf die Tatsache zu werfen, dass Roma- und Sinti-Frauen sowie Mädchen vielfach Opfer von Gewalt,
Ausbeutung und Menschenhandel sind, und forderte dazu auf, Frauen besonders zu stärken.
Das österreichische Parlament selbst sei demonstrativ für die Volksgruppe der Roma und Sinti geöffnet
worden, es gebe auch zahlreiche Veranstaltungen, wie Podiumsdiskussionen, Buchpräsentationen, Kunstprojekte
und Ausstellungen, berichtete Prammer. Heute findet anlässlich des Internationalen Roma Tages eine Diskussionsveranstaltung
zum Thema "Inklusion der Roma in Österreich – Aktivitäten und Herausforderungen" statt.
|