Klimabeobachtungsnetzwerk der Uni Graz erfährt als Pionierprojekt international Beachtung
Graz (universität) - 151 Messstationen im Raum Feldbach in der Südoststeiermark zeichnen seit
2007 alle fünf Minuten Wetter- und Klimadaten auf. Mit dieser räumlichen und zeitlichen Dichte ist das
Netzwerk, das unter dem Namen „WegenerNet“ vom Wegener Center für Klima und Globalen Wandel der Uni Graz eingerichtet
wurde, international einzigartig. Es macht die Steiermark zur Modellregion für die Klimaforschung auch in
anderen Teilen der Erde. Weltweite Bekanntheit erlangt das Pionierprojekt nun durch seine Vorstellung in der aktuellen
Ausgabe des renommierten Bulletin of the American Meteorological Society (BAMS).
„Die Publikation über das WegenerNet im BAMS ist nicht nur eine besondere Anerkennung unserer Arbeit, sondern
eröffnet unserem Klimastationsnetz auch den Weg zur breiten internationalen Nutzung der Daten“, freut sich
Univ.-Prof. Dr. Gottfried Kirchengast, Leiter des Wegener Center für Klima und Globalen Wandel der Universität
Graz und Hauptautor der Arbeit.
Warum die Messungen aus dem Raum Feldbach weit über die Grenzen des Landes hinaus von Bedeutung sind, liegt
daran, dass die Südoststeiermark als Modellregion dienen kann. „Das Wetter in der Region ist sehr vielseitig
und repräsentativ für viele andere Gebiete auf der Welt in mittleren geografischen Breiten, etwa in Amerika
oder Asien“, erklärt Kirchengast. „Hinzu kommt, dass hier am Übergang zwischen dem Mittelmeerraum und
den Alpen Klimatrends und -schwankungen stark ausgeprägt sind. Dadurch lassen sich Wetter- und Klimarisiken
besonders gut untersuchen.“ Seit 2013 ist das WegenerNet auch Teil des europäischen Langzeit-Umweltforschungsnetzwerks
LTER (Long Term Ecological Research).
Ein Forschungsfeld ist etwa die Entwicklung der Starkniederschläge. So gibt es Hinweise auf heftiger werdende
Niederschläge in kürzeren Intervallen und diese konzentrieren sich auf zunehmend kleinere Gebiete. „Das
kann heißen, dass zum Beispiel das Raabtal in kurzer Zeit große Regenmengen abbekommt, während
das Untere Murtal fast verschont bleibt“, erläutert Kirchengast. Die betroffene Region hat mit zunehmenden
Schäden, beispielsweise durch Überschwemmungen und Hangrutschungen, zu rechnen.
Im WegenerNet ist jede Messstation nur ein bis zwei Kilometer von der nächsten entfernt und liefert Daten
im Fünf-Minuten-Takt, sodass die Eigenschaften der variablen Starkniederschläge besonders gut untersucht
werden können. Das allgemeine österreichische Wetterstationsnetz hat eine durchschnittliche Auflösung
von 15 bis 20 Kilometer – eine im internationalen Vergleich bereits relativ hohe Dichte. Die kleinräumige
Beobachtung spielt vor allem dann eine wichtige Rolle, wenn Wetter- und Klimaerscheinungen aufgrund der landschaftlichen
Gegebenheiten von Gebiet zu Gebiet stark variieren, wie etwa im Alpenvorland. Die Daten aus dem WegenerNet dienen
auch der Überprüfung von Klimamodellen und helfen, diese zu verbessern.
Ab 2010 wurde das WegenerNet um Klimastationen im Nationalpark Gesäuse erweitert, auf verschiedenen Höhenstufen,
vom Tal bis auf über 2000 Meter. Zusätzlich werden dort der Pegel und die Geschiebefracht der Flüsse
gemessen. Diese Daten nutzen im Rahmen des Forschungsschwerpunkts „Umwelt und Globaler Wandel“ der Universität
Graz mehrere Arbeitsgruppen: Univ.-Prof. Dr. Oliver Sass vom Institut für Geographie und Raumforschung befasst
sich mit Naturgefahren, wie Überflutungen, Felsstürze oder Vermurungen. Univ.-Prof. Dr. Steffen Birk
vom Institut für Erdwissenschaften untersucht Veränderungen im Bereich von Bodenfeuchte und Grundwasser.
Auch das soeben gestartete, vom Wissenschaftsfonds FWF geförderte Doktoratskolleg, das die Klimaforschung
an der Universität Graz interdisziplinär zusammenführt, wird die Daten des WegenerNet intensiv nutzen.
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