Café d´Europe Régional in Salzburg
Salzburg (ire) - Die EU hat eine bemerkenswerte Entwicklung hinter sich. Noch vor 25 Jahren stieß
man überall an Grenzen, Zollkontrollen und man kämpfte im Urlaub mit dem Umrechnen und Umtauschen von
verschiedenen Währungen. Heute reist man durch ein freies Europa ohne Grenzübergänge und es reicht
in den meisten Fällen den Euro in der Geldbörse zu haben. Diese Entwicklung haben die Erstwählerinnen
und Erstwähler, die am 25. Mai für ihre Abgeordneten im Europaparlament stimmen, kaum miterlebt. Das
erste Taschengeld erhielten sie in Euro und ein Wochenendtrip nach Italien verzögert heutzutage höchstens
der Stau auf der Tauernautobahn. Mit all diesen Vorteilen sind die Jugendlichen schon groß geworden. Um den
jungen Menschen die positive Entwicklung der EU und den Einsatz für ein vereinigtes Europa zu erklären,
setzte das IRE letzten Freitag seine Serie der Cafés d´Europe Régional im Salzburger Bundes-
und Europagymnasium fort. Am 11. April 2014 wurden 80 Schülerinnen und Schüler über die bevorstehenden
Wahlen zum Europaparlament informiert und bekamen die Möglichkeit EU-Experten Fragen zu stellen.
Warum fließt so viel Geld in die EU Verwaltung?
Das Vorurteil der überdimensionalen Bürokratie und teuren Verwaltung hält sich hartnäckig.
Doch Mag. Michaela Petz-Michez, Leiterin des Verbindungsbüros des Landes Salzburg zur EU in Brüssel widerlegt
das. Die Vorteile und der Friede in Europa kosten jeden von uns lediglich 67 Cent pro Tag und während die
EU 40.000 Mitarbeiter beschäftigt, arbeiten für die Stadt Wien in etwa doppelt so viele Personen.
Wie ist die Stimmung in Europa?
Mag. Georg Pfeifer, Leiter des Informationsbüros des Europäischen Parlaments in Wien, erklärt,
dass in den Krisenländern wie Griechenland oder Spanien die Stimmung, nach dem von der EU auferlegten Sparpaket,
gekippt ist. Aber auch Österreich gehört zu den kritischen Ländern. Zurzeit laufen viele Informationsveranstaltungen
zum Thema EU-Wahlen, auch vermehrt in sozialen Netzwerken, um junge Menschen zu erreichen. Es wird deutlich, dass
trotz der Kritik an der EU, zwei-drittel der österreichischen Bevölkerung in der EU bleiben will. Europaabgeordneter
Dr. Paul Rübig ergänzte, dass Österreich als Nettozahler zwar viel in die EU investiert, davon aber
auch wirtschaftlich profitiert. Österreichische Firmen können in andern Mitgliedsländern, unter
den begünstigten EU-Bedingungen, gut investieren.
Müssen Banken immer gerettet werden?
Europaabgeordneter Rübig erklärt, dass seit der Finanzkrise in der EU Kontrollinstrumente eingeführt
wurden, beispielsweise die Bankenaufsicht in London oder der Stresstest. Neue Anforderungen an Banken sollen verhindern,
dass eine Krise wie die in 2008 nochmal vorkommt.
Warum zögert die EU, wenn es um die Geschehnisse in der Ukraine geht?
Seit dem zweiten Weltkrieg gab es auf europäischem Boden keine solche Übernahme eines Staatsgebietes
durch einen anderen Staat, wie im Fall Krim. Obwohl in Verträgen die Unabhängigkeit der Ukraine beschlossen
wurde, wird dies missachtet. Daher hat die EU Sanktionen gegen Russland verhängt: Kein Visum für Putin-nahe
Oligarchen und russiche Konten in Europa werden eingefroren, informierte MEP Rübig. In Krisenzeiten scheint
ein autoritärer Staat wie Russland besser dazustehen. In der EU dauern Entscheidungen länger, da sich
28 Staaten erst auf eine gemeinsame Position einigen müssen. Dennoch greifen die wirtschaftlichen Sanktionen
gegenüber Russland. Demokratie dauert länger und scheint dem autoritären Staat unterlegen, aber
Putin wird es gegen die gesamte EU immer schwerer haben, als gegen 28 Einzelstaaten, ergänzt Dr. Franz Schausberger,
Vorstandvorsitzender des Instituts der Regionen Europas (IRE) und Mitglied im Ausschuss der Regionen.
Stichwort Ungarn: Was macht die EU, um rechtsextremen Tendenzen entgegenzuwirken?
Die kürzlich stattgefundenen Parlamentswahlen in Ungarn wurden von der rechtspopulistischen Partei Fidesz
in demokratischen Wahlen zum zweiten Mal hintereinander gewonnen. Die rechtsradikale Jobbik kam auf etwa 20 Prozent.
Dr. Schausberger erklärte, dass die notwendige Reform der aus der Zeit des Kommunismus stammenden ungarischen
Verfassung erst unter dem Ministerpräsidenten Orbán und seiner Partei Fidesz stattfand. Manche Reformen
entsprachen nicht den EU-Grundsätzen, weshalb die EU Verfahren gegen Ungarn einleitete und die Regierung Orbán
ihre Reformen abschwächte. Aber auch Österreich ist anfällig für Rechtspopulismus, was aus
Ängsten und Frust über die nationale Politik entsteht. So wollen viele Bürger auf regionaler oder
europäischer Ebene den Parteien einen „Denkzettel“ verpassen. Es schadet der Weiterentwicklung Europas aber
massiv, wenn vermehrt anti-europäische Abgeordnete im Parlament sitzen. Dem kann nicht allein die EU entgegenwirken,
sondern jeder einzelne von uns muss aktiv werden, forderte Schausberger. Seine Stimme bei den EU-Wahlen für
Parteien abzugeben, die konstruktiv zur EU stehen, sei ein erster Schritt.
Diese und viele weitere Fragen wurden bei der Diskussion zwischen dem jungen Publikum und den hochkarätigen
Referenten aus Politik, Diplomatie und Wirtschaft debattiert. Sogar die Lehrer haben es sich nicht nehmen lassen,
den Experten Fragen zu stellen.
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