EU-Ausschuss diskutiert Vorschläge der Kommission zum Bio-Landbau sowie zur Klima- und
Energiepolitik
Wien (pk) - Wenig Freude haben die Bundesrätinnen und Bundesräte mit dem Plan der EU, die Bestimmungen
über biologische Produkte zu überarbeiten. Das zeigte sich am 24.04. deutlich im EU-Ausschuss des Bundesrats,
der sich mit dem betreffenden Verordnungsentwurf über die ökologische/biologische Produktion und die
Kennzeichnung von solchen Erzeugnissen befasste.
Ausschuss überlegt Subsidiaritätsrüge
Die Zielsetzungen, wie etwa das Vertrauen in die biologische Landwirtschaft zu stärken, eine Verwaltungsvereinfachung
herbeizuführen, die Bedingungen für die kleinen Betriebe zu verbessern und die Kontrollen, insbesondere
auch von importierten Produkten, zu verschärfen, fanden zwar Zustimmung, das vorgelegte Papier der Kommission
trägt jedoch nach Ansicht der Ausschussmitglieder dem nicht Rechnung. Die Kritik konzentrierte sich vor allem
auf das Verbot des Nebeneinanders von biologischer und herkömmlicher Landwirtschaft am gleichen Ort, was für
die kleinstrukturierte österreichische Landwirtschaft schwer handhabbar sein wird. Die BundesrätInnen
zeigten sich auch skeptisch gegenüber der Aufhebung verschiedener Sonderregelungen und Ausnahmen, vermissten
zudem Übergangsfristen und nahmen vor allem die zahlreich geplanten delegierten Rechtsakte, die ein Mitspracherecht
der einzelnen EU-Staaten ausschließen, ins Visier. Man kam daher überein, für die nächste
Sitzung des Ausschusses am 14. Mai eine Subsidiaritätsrüge vorzubereiten.
Auch die ExpertInnen des Landwirtschaftsministeriums und des Gesundheitsressorts sowie der Landwirtschaftskammer
orteten Probleme bei der praktischen Umsetzung der auf dem Tisch liegenden Vorschläge. Eine endgültige
Stellungnahme wird jedoch seitens der Ministerien und der Kammer erst erarbeitet. Als positiv unterstrich der Experte
der Landwirtschaftskammer die Verschärfung des Kontrollsystems, da es bei der biologischen Produktion innerhalb
der EU Missstände gebe, wobei Österreich damit nicht gemeint sei, fügte er hinzu.
Nachdem in Salzburg 50 % der Betriebe biologisch wirtschaften, hat der Europa-Ausschuss des Landtags eine umfangreiche
kritische Stellungnahme erarbeitet und kommt zum Schluss, dass die Vorlage weder mit dem Subsidiaritätsprinzip
noch mit dem Prinzip der Verhältnismäßigkeit im Einklang stehe. Diese Bewertung wurde von der Salzburger
Mandatarin Susanne Kurz (S/S) im Ausschuss bekräftigt. Problematisch bleibt für sie, dass sich die Ausnahmeregelungen
nur auf Katastrophenfälle beschränken und damit den Nationalstaaten keine Spielräume bleiben. Auch
das Verbot vom Nebeneinander von biologischer und herkömmlicher Landwirtschaft wurde von ihr kritisch unter
die Lupe genommen. Kurz sah sich darin eines Sinnes mit den Bundesräten Martin Preineder (V/N), Eduard Köck
(V/N) und Hans-Jörg Jenewein (F/W). Preineder warnte davor, dass die im Entwurf enthaltenen Grenzwerte für
kleine Betriebe nicht mehr machbar seien. Man brauche eine kontinuierliche Weiterentwicklung des Biolandbaus, stellte
er fest, und es sei nicht förderlich, wenn diese erschwert werde. Auch Köck befürchtete, dass sich
Biobetriebe aufgrund des erschwerten Flächenzugangs kaum entwickeln können. Bei den Grenzwerten wünscht
er sich mehr Flexibilität, um auf die Situation in den einzelnen Mitgliedstaaten besser eingehen zu können.
Wie Kurz drängte auch er auf Übergangsbestimmungen.
Die EU muss sich entscheiden, ob sie die biologische Landwirtschaft weiter entwickeln will, hielt Marco Schreuder
(G/W) fest. Auf diese Frage gebe der Entwurf ebenso wenig eine Antwort, wie auf das Problem der Betrugsbekämpfung.
Schreuder fehlen auch notwendige Interpretationen im Hinblick auf den Tierschutz. Wo Bio drauf steht, müsse
auch Bio drinnen sein, fasste schließlich Stefan Schennach (S/W) seine Kritik zusammen.
Trotz dieser Bedenken halten es die Bundesrätinnen und Bundesräte für richtig, dass sich die EU
des Themas annimmt. Begrüßt wurde allgemein die verbesserte Kontrolle. Martin Preineder unterstrich
zudem die Wichtigkeit der Mitwirkung des Europäischen Parlaments in dieser Frage.
Skepsis gegen EU-Fahrplan zur Reduktion von Treibhausgasemissionen
Ein weiteres Thema des Ausschusses betraf die Klima- und Energiepolitik der EU. Im Rahmen einer Mitteilung hat
die EU-Kommission diesbezügliche Ziele bis 2030 vorgestellt.
Konkret schlägt die Kommission eine verbindliche Reduktion der Treibhausgasemissionen von 40% vor, die im
Einklang mit dem langfristigen EU-Ziel bis 2050 und dem im "2050-Fahrplan" der Kommission skizzierten
Reduktionspfad steht. Die Mitteilung enthält jedoch noch keinen konkreten Aufteilungsschlüssel für
die einzelnen Mitgliedstaaten. Darüber hinaus soll es ein EU-weites Ziel für Erneuerbare Energien von
27% bis 2030 geben. Weitere Vorschläge zur Verbesserung der Energieeffizienz will man erst nach der Überprüfung
der Umsetzung der Energieeffizienz-Richtlinie festlegen. Zur Erreichung dieser Ziele möchte die Kommission
neue Governance-Mechanismen einführen. Demnach sollen die Mitgliedstaaten nationale Pläne vorlegen, in
denen die entsprechenden Maßnahmen aufgelistet sind. Die Pläne sollen von der Kommission überprüft
werden. Für die Reform des EU-Emissionshandels soll ab 2021 eine Marktstabilitätsreserve eingerichtet
werden, um die Wirksamkeit des Systems zu verbessern.
Die Mitteilung wurde im Jänner 2014 vorgelegt, im März wurde der Kommission vom Rat der Auftrag erteilt,
in einzelnen Punkten Verbesserungen vorzunehmen. Laut Information des Wirtschaftsministeriums plant der Rat, sich
kommenden Juli noch einmal damit auseinanderzusetzen und im Oktober einen Grundsatzbeschluss zu fassen. Darauf
sollen dann die einzelnen Legislativvorschläge basieren. Daher sind nach derzeitigem Stand die Auswirkungen
der Kommissionvorschläge nicht kalkulierbar.
Grundsätzlich werden diese ambitionierten Pläne seitens der Bundesregierung unterstützt. Die Vertreterin
des Wirtschaftsministeriums nannte es einen positiven Schritt, dass die Förderung erneuerbarer Energien nun
als verbindliches Ziel verankert werden soll. Da die genannte Treibhausgasreduktion eine Verdoppelung des 2020-Ziels
bedeutet, machen das Wirtschaftsressort sowie die Wirtschaftskammer jedoch darauf aufmerksam, dass Maßnahmen
zur Wahrung der Wettbewerbsfähigkeit der energieintensiven Industrie notwendig sein werden, um ein Abwandern
hintanzuhalten. Bevor man sich auf Ziele festlegt, müssten die Parameter feststehen, so der Vertreter der
Wirtschaftskammer. Außerdem wird ein nachvollziehbarer Aufteilungsschlüssel unter den Mitgliedstaaten
verlangt. Auch der EU-Emissionshandel müsse deutliche Anreize zur Emissionsreduktion und langfristigen Planungssicherheit
für Investoren schaffen, hieß es ergänzend aus dem Umweltministerium. Zudem vermisst das Ressort
einen Hinweis darauf, dass das Klimaziel mit nachhaltigen und sicheren Energieformen erreicht wird und die EU nicht
auf Kohle und Nuklearenergie setzt.
Keine Renaissance von Kohle, Atom und Fracking
Auch im Ausschuss vertrat man die Auffassung, dass das vorliegende Papier einer grundlegenden Überarbeitung
bedarf. Auch könne es nicht egal sein, mit welchen Energieformen man die Reduktion von Treibhausgasen erreicht.
Damit wurde der Befürchtung Ausdruck verliehen, verstärkt Kohle, Atomstrom und Schiefergas einzusetzen.
Ausschussvorsitzender Edgar Mayer (V/V) erinnerte in diesem Zusammenhang an die Stellungnahme der Landeshauptleutekonferenz,
in der die entsprechenden Befürchtungen aufgelistet werden. Stefan Schennach (S/W) kritisierte das Augenzwinkern
der Kommission in Hinblick auf die Kohleförderung in einzelnen Ländern und hielt fest, auch beim Fracking
sei schon Ernüchterung eingekehrt. Für ihn liegt der Schlüssel bei der Energieeffizienz, wo er ein
unglaubliches Potential ortete. Er warnte davor, in der Klimapolitik auf China oder die USA zu warten, denn das
würde Stillstand bedeuten. Schennach reagierte damit auf den Vertreter der Wirtschaftskammer, der davor warnte,
eine überzogene Vorreiterrolle in Europa einzunehmen. Die EU sei nur für ca. 10-11% des CO2-Ausstosses
verantwortlich und es sei daher nicht zielführend, wenn die Industrie in Länder mit weniger rigorosen
Regelungen abwandert, hatte dieser gemeint.
In einzelnen Wortmeldungen wurde auch die Sorge um den Wirtschaftsstandort Österreich laut. So etwa von Eduard
Köck (V/N), aber auch von Monika Mühlwerth (F/W) und Martin Preineder (V/N). Man müsse mit Augenmaß
vorgehen, forderte etwa Mühlwerth, es gelte, die Balance zu finden, sagte Preineder. Für ihn ist es wichtig,
auch danach zu trachten, dass Ziele umsetzbar sind. Preineder erinnerte an den Widerstand vieler BürgerInnen
gegen die Errichtung von Windrädern. Grundsätzlich hält er aber die Umorientierung der Energiepolitik
für richtig.
Kritisch zum vorliegenden Papier äußerte sich auch Marco Schreuder (G/W), dem die Vorgaben der EU zu
wenig ambitioniert sind. Für ihn liegt der Schwerpunkt des Dokuments eindeutig bei Kohle, Atom und Schiefergas.
Die angegebene 40%ige Reduktion der Treibhausgasemissionen seien in Wahrheit nur 33%, wenn man den Emissionshandel
miteinrechnet. Damit gehe man vom Ziel weg, die Klimaerwärmung auf 2 Grad zu beschränken, warnte Schreuder.
Wie Eduard Köck hielt es Schreuder jedoch für grundsätzlich richtig, dass die EU Ziele formuliert,
deren Umsetzung auch kontrolliert werde, da es sich dabei um eine supranationale Frage handelt.
Die Bundesräte Hans-Jörg Jenewein (F/W) und Eduard Köck (V/N) thematisierten in dieser Debatte auch
die Elektromobilität und stellten die Frage in den Raum, ob die dafür notwendigen Kapazitäten auch
vorhanden seien, zumal es immer schwieriger werde, eine Trassengenehmigung für Leitungen zu erhalten.
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