"Klagenfurt muss für andere mitzahlen"

 

erstellt am
05. 05. 14
11.30 MEZ

Städte werden von Bund und Land ausgeblutet
Klagenfurt (stadt) - Klagenfurt sei schuld, wenn alle Kärntner Gemeinden Strafzahlungen für Nichteinhaltung des Maastricht-Defizites leisten müsse - solche und ähnliche Vorwürfe bestimmten die Schlagzeilen der letzten Tage. Bürgermeister Christian Scheider und Finanzreferent Vizebürgermeister Albert Gunzer informierten am 02.05. die Öffentlichkeit über tatsächliche Zahlen und Sachverhalte.

Die Situation ist genau umgekehrt: Klagenfurt und andere Städte werden von Land und Bund ausgeblutet. Nicht die Landeshauptstadt belastet die strukturschwachen Gemeinden, sondern Klagenfurt zahlt zum Beispiel allein über die Landesumlage zehn Millionen Euro an diese Gemeinden. In anderen Bundesländern wie zum Beispiel Niederösterreich wurde die Landesumlage schon längst abgeschafft.

Für das Stadttheater, das allen Kärntnerinnen und Kärntner zu Gute kommt, muss die Stadt 6,6 Millionen Euro abliefern, die Transferzahlungen für die Mindestsicherung haben sich in fünf Jahren um 6 Millionen erhöht, die Zahlungen für die Kabeg um rund 5 Millionen. Auf all diese Summen hat die Stadt keinen Einfluss, sie werden vom Land diktiert und müssen abgeliefert werden.

"Diese Auflistung zeigt deutlich, wie Klagenfurt von Bund und Land massiv benachteiligt und unser Budget belastet wird", stellten Bürgermeister Christian Scheider und Vizebürgermeister Albert Gunzer fest.
Die Zahlungsströme zwischen Stadt und Land haben einen Saldo zum Nachteil der Stadt von nicht weniger als 58 Millionen Euro!

Bürgermeister und Finanzreferent legten auch eine Berechnung des KDZ (Zentrum für Verwaltungsforschung) wonach Klagenfurt pro Bürger 640 Euro für zentralörtliche Aufgaben ausgibt. Das sind Aufgaben, die dem gesamten Kärntner Raum zu Gute kommen, wie Verkehrsinfrastruktur, Flughafen, Bildungseinrichtungen wie Fachhochschule, Universität, Tierschutzkompetenzzentrum, Erweiterung Lakesidepark, Leichathletikanlage etc. Außerdem spare sich das Land eine Bezirkshauptmannschaft für Klagenfurt, diese Aufgaben erledigt die Stadt mit und sieht dafür keinen Cent, so beiden Stadtpolitiker.

Bürgermeister Scheider zitierte auch seinen Villacher Amtskollegen Manzenreiter, der festgestellt hat, man solle nicht auf Klagenfurt losgehen, ohne Mindestsicherung würden die Budgets ganz anders aussehen, die Zahlungen an das Land hätten ein nicht mehr tolerierbares Ausmaß erreicht. Derzeit werden auch gemeinsame Maßnahmen der Städte angedacht, so Scheider.

Der Klagenfurter Finanzreferent stellte die Situation in einen größeren Rahmen. Man solle nicht so tun, als ob nur Klagenfurt betroffen wäre. Das österreichische Wohlfahrtsstaatsystem ist auf einem Wachstum von 3 Prozent aufgebaut. Dieses Wachstum werde seit Jahren nicht mehr erreicht, es liegt derzeit zwischen 0 und 1 Prozent. Deshalb sei es dringend notwendig auch das jetzige Finanzierungssystem zwischen Bund, Ländern und Städten neu zu strukturieren. Klagenfurt wolle nicht nur kritisieren sondern sich auch mit Ideen einbringen, sagte Gunzer und forderte einen raschen runden Tisch der Bürgermeister und Finanzreferenten der Landeshauptstädte mit den Ländern und dem Bund.

Gunzer wehrte sich auch vehement, dass eine aufstrebende Stadt wie Klagenfurt (3.000 Bürgerinnen und Bürger sind zugezogen, durch Betriebsansiedelungen gibt es ein Plus bei der Kommunalsteuer) ständig als Pleitestadt dargestellt wird. "Wir haben einen Abgang von 8 Millionen Euro, ohne die Landesumlage wären wir im Plus. Und wenn einige weitere Zahlungen an das Land wegfallen würden, gäbe es auch kein Maastricht-Defizit", so Gunzer, der noch darauf hinwies, dass der Schuldenstand abgebaut und die freie Finanzspitze erhöht werden konnte.

Der Finanzreferent ließ auch keinen Zweifel daran, dass, wenn es tatsächlich ab 2015 EU-Strafzahlungen geben könnte, die Stadt viele
Leistungen streichen müsste und dies würde in wirtschaftlich schweren Zeiten wiederum die Bevölkerung treffen.

Bürgermeister Christian Scheider und Finanzreferent Albert Gunzer appellierten als Vertreter der sechstgrößten Stadt Österreichs, dass man endlich einen gemeinsamen Nenner für ein neues Finanzierungssystem zwischen Bund, Ländern und Städten finden muss und dass Bund und land nicht weiter Beschlüsse fassen können, deren Finanzierung dann zu einem Gutteil an den Städten hängenbleiben, ohne dass diese ein Mitspracherecht haben. Ein Beispiel dafür ist die Neue Mittelschule, wo die Stadt alle Umbauten finanzieren muss.

 

 

 

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