Abgeordnete beschließen auch Erleichterungen bei Unterhaltsforderungen
mit Auslandsbezug
Wien (pk) - Mit breiter Mehrheit sprach sich der Nationalrat am 29.04. für die Umsetzung der EU-Verbraucherschutz-Richtlinie
aus, durch die der Konsumentenschutz bei Haustürgeschäften, Werbefahrten und im Internetversand gestärkt
werden soll. Die neuen Bestimmungen werden im Konsumentenschutzgesetz und in einem neuen Fern- und Auswärtsgeschäfte-Gesetz
verankert und erhielten die Zustimmung von SPÖ, ÖVP und Grünen. FPÖ, NEOS und Team Stronach
begründeten ihre Ablehnung mit ihrer Meinung nach zu hohen bürokratischen Belastungen für die Unternehmen,
konnten sich mit ihrem Antrag auf Rückverweisung an den Justizausschuss aber nicht durchsetzen. Einstimmig
passierte das Plenum hingegen ein Auslandsunterhaltsgesetz, das auf die leichtere Durchsetzbarkeit von Unterhaltsansprüchen
mit Auslandsbezug abzielt. In Sachen Strafrechtsreform wiederum ersuchte der Nationalrat – ausgehend von einem
entsprechenden FPÖ-Antrag – um Berichterstattung über die Arbeiten der Reformgruppe zur Modernisierung
des StGB. Einstimmig genehmigten die Abgeordneten schließlich auch ein Übereinkommen, durch das die
internationale Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Zeugenschutzes verstärkt werden soll.
Schutz vor Internetabzocke und Telefonkeilerei durch Umsetzung der EU-Verbraucherschutzrichtlinie
Besseren Rechtsschutz für KonsumentInnen, die Verträge im Rahmen von Haustürgeschäften, auf
Werbefahrten oder via Internet und Telefon abschließen, soll die Umsetzung der EU-Verbraucherschutzrichtlinie
bringen. Konkret sieht die Regierungsvorlage, die mit den Stimmen von SPÖ, ÖVP und Grünen beschlossen
wurde, die Verpflichtung der Unternehmer vor, ihre KundInnen beim Abschluss von Geschäften außerhalb
der ordentlichen Geschäftsräume umfassend zu informieren, so etwa über Lieferkosten, Vertragslaufzeit
oder Beschwerdemöglichkeiten. Neu sind auch die Verlängerung und Erleichterung des Rücktrittsrechts
sowie die verpflichtende Einverständniserklärung der KonsumentInnen bei Geschäftsabschlüssen
am Telefon oder im Internet.
Das Gesetz bringe einen fairen Interessensausgleich und zeige, dass die Stärkung der Rechtsposition der Verbraucher
und eine Vermeidung von unzumutbaren Belastungen für die Unternehmer nicht im Widerspruch stehen, war ÖVP-Justizsprecherin
Michaela Steinacker überzeugt. Namens der Sozialdemokraten hob Johannes Jarolim die Bedeutung der Information
für die KonsumentInnen hervor und begrüßte insbesondere die nunmehr verpflichtende Einverständniserklärung
bei Telefonmarketing und Internethandel. Es gehe vor allem darum, die KonsumentInnen im Internethandel vor Überrumpelung
zu schützen, betonte auch Nikolaus Berlakovich (V), dem die beiden SPÖ-Abgeordneten Elisabeth Großmann
und Harald Troch mit den Worten beipflichteten, Telefonkeilerei und Internetabzocke werde nun ein Riegel vorgeschoben.
Erhebliche Verbesserungen für die VerbraucherInnen erwartete sich auch Grünen-Konsumentenschutzsprecherin
Aygül Berivan Aslan. Justizminister Wolfgang Brandstetter wiederum interpretierte das Gesetz als zeitgemäßen
Ausbau des Konsumentenschutzes, der vor allem unlautere Geschäftspraktiken im Telefon- und Internetbereich
unterbinde.
Von einer überschießenden, unpraktikablen Regelung sprach hingegen FPÖ-Abgeordneter Harald Stefan,
der bürokratische Hürden für die Unternehmer durch aufwendige Informationspflichten befürchtete.
Georg Vetter (T) teilte Stefans Bedenken mit der Bemerkung, durch "Zettelwirtschaft" schaffe man keinen
Konsumentenschutz. Der Wust an Informationen werde sich eher kontraproduktiv für die VerbraucherInnen auswirken,
warnte auch Beate Meinl-Reisinger von den NEOS. Sie äußerte sich darüber hinaus auch skeptisch
zu der vom Gesetz verlangten schriftlichen Vertragsbestätigung bei telefonisch abgeschlossenen Verträgen.
In einem gemeinsam mit Georg Vetter eingebrachten Abänderungsantrag forderte sie eine ausdrückliche Bezugnahme
des betreffenden Gesetzestextes auf das Cold Calling. Die derzeitige Formulierung hätte zur Folge, dass Unternehmer
sogar mit jenen Kunden, zu denen sie in einer regelmäßigen Geschäftsbeziehung stehen, ohne schriftliche
Annahmeerklärung keine Folgeaufträge telefonisch vereinbaren können, argumentierte sie. Ihr Vorstoß
wurde bei der Abstimmung allerdings abgelehnt.
Die von FPÖ, Team Stronach und NEOS geforderte Rückverweisung der Vorlage an den Justizausschuss blieb
in der Minderheit. Der Gesetzesentwurf erhielt die Stimmen von SPÖ, ÖVP und Grünen.
Unterhaltsansprüche mit Auslandsbezug sollen leichter durchsetzbar werden
Einstimmigkeit bestand über ein Auslandsunterhaltsgesetz, das vor allem Hilfe bei der Durchsetzung von Unterhaltsansprüchen
gegenüber von Unterhaltspflichtigen im Ausland bietet. Um die Verfahren zu beschleunigen, sollen nun, wie
Justizminister Wolfgang Brandstetter erläuterte, einheitliche Durchführungsbestimmungen für alle
unions- und völkerrechtlichen Instrumente zur Unterhaltsdurchsetzung geschaffen werden. Darüber hinaus
bevollmächtigen die neuen Bestimmungen die öffentlichen Stellen, die Unterhaltsvorschuss leisten, die
Unterhaltspflichtigen in Regress zu nehmen. Das Gesetz sieht ferner eine direkte Einschaltung des Justizministeriums
vor.
Als Hilfe für die Menschen, schneller und einfacher zu ihrem Recht zu kommen, begrüßten die Abgeordneten
Bernd Schönegger (V), Ruth Becher (S), Johannes Hübner (F) und Albert Steinhauser (G) das neue Gesetz.
Hübner verband seine Zustimmung allerdings mit einem Hinweis auf die grundsätzliche Problematik der Anerkennung
ausländischer Vollstreckungstitel, der Justizsprecher der Grünen wiederum brach ebenso wie SPÖ-Mandatarin
Gisela Wurm eine Lanze für die Entwicklung des Unterhaltsvorschussgesetzes hin zu einem Unterhaltssicherungsgesetz.
Parlament ersucht um Schlussbericht über Arbeit der StGB-Reformgruppe
Mit Stimmeneinhelligkeit richteten die Abgeordneten ein Ersuchen an den Justizminister, dem Nationalrat einen umfassenden
Bericht über die Arbeit der Reformgruppe zur Modernisierung des Strafgesetzbuches vorzulegen. Ausgangspunkt
des Beschlusses war ein Entschließungsantrag des FPÖ-Mandatars Philipp Schrangl auf vierteljährliche
Berichterstattung. Im Lichte des absehbaren Abschlusses der Expertenberatungen einigte man sich auf einen Abänderungsantrag
der Regierungsparteien, der einen Schlussbericht bis Ende Oktober urgiert.
Das 40jährige Bestehen des StGB sollte zu einer umfangreichen Neukodifikation genützt werden, meinte
Schrangl, der ebenso wie die Abgeordneten Friedrich Ofenauer (V) und Johannes Jarolim (S) Handlungsbedarf u.a.
bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit von Strafen für Vermögensdelikte und Gewaltdelikte
sah. Für eine ausführliche Diskussion auf Basis des Berichts plädierte Albert Steinhauser seitens
der Grünen, warnte allerdings vor selbst verordnetem Zeitdruck angesichts des StGB-Jubiläums. Justizminister
Wolfgang Brandstetter versicherte, der Bericht werde im Oktober dem Parlament vorgelegt werden, Ziel sei eine Verabschiedung
der Reform bereits im Jahr 2015.
Besserer Zeugenschutz durch internationale Zusammenarbeit
Vertiefte internationale Zusammenarbeit von neun ost- und südosteuropäischen Staaten beim Zeugenschutz
bringt ein Übereinkommen, das mit den Stimmen aller Fraktionen genehmigt wurde. Sicherheitsorganen soll durch
den Vertrag das Recht eingeräumt werden, gefährdete Zeugen bei Transporten grenzüberschreitend zu
begleiten und zu schützen, wobei die Bestimmungen ausdrücklich auch die Mitnahme von Waffen erlauben.
Ein längst überfälliger Schritt sei das Abkommen, betonte SPÖ-Sicherheitssprecher Otto Pendl,
der sich davon vor allem schnellere, effizientere und auch billigere Abläufe erwartete und überdies von
einer notwendigen Antwort auf die internationale Kriminalität sprach. Sein Fraktionskollege Rudolf Plessl
kommentierte die nunmehr verbesserte Zusammenarbeit beim Zeugenschutz mit den Worten, als Polizist freue er sich
darüber besonders. Auch die Abgeordneten Gabriel Obernosterer (V) und Christoph Hagen (T) begrüßten
in ihren Wortmeldungen den verbesserten Zeugenschutz und die grenzüberschreitende Kooperation in Europa.
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