Bautenausschuss sieht leistbares Wohnen als zentrales Anliegen
Wien (pk) – Er habe den Ehrgeiz, bei der geplanten Mietrechtsreform einen größeren Wurf zu schaffen,
unterstrich Justizminister Wolfgang Brandstetter am 08.05. im Rahmen einer Aktuellen Aussprache im Bautenausschuss
. Zu diesem komplexen und gesellschaftspolitisch wichtigen Thema sei bereits im Vorjahr eine Arbeitsgruppe unter
Einbeziehung aller Interessensvertretungen eingerichtet worden, die Vorschläge erarbeiten soll, welche auch
konsensfähig seien, rief er in Erinnerung. Ergebnisse liegen derzeit noch nicht vor, sagte der Minister, zumal
die Materie äußerst komplex sei. Er könne daher auch keine konkreten Aussagen über Details
machen, um dem Diskussionsprozess nicht vorzugreifen. Stellungnahmen seinerseits machten erst Sinn, wenn ein Gesamtpaket
vorliegt.
Grundsätzlich strebt der Minister ein einheitliches, einfaches und transparentes Mietrecht an, wie er zusammenfassend
betonte. Brandstetter rechnet mit einem Abschluss der Arbeiten in der Expertengruppe nicht vor dem Frühherbst.
Er sagte den Ausschussmitgliedern zu, nach Vorlage der Vorschläge die BautensprecherInnen der einzelnen Fraktionen
zu einem Round-Table-Gespräch einzuladen und dann mit der legistischen Umsetzung der Vorschläge zu beginnen.
Die Mühen der kompetenzrechtlichen Ebene
Ein wichtiges Anliegen sei ihm dabei, Wohnen leistbar zu machen, zeigte sich der Minister eines Sinnes mit Ausschussvorsitzender
Ruth Becher (S) sowie mit allen anwesenden Abgeordneten. Dieses Leitprinzip müsse auf allen Ebenen umgesetzt
werden, sagte Brandstetter, auch wenn es nicht einfach sei, sowohl den Erfordernissen des Marktes als auch dem
Grundbedürfnis der Menschen nach leistbarem Wohnraum zu entsprechen.
Eine umfassende Reform sei auch deshalb äußerst schwierig und komplex, weil die Frage nicht nur das
Mietrecht betreffe, sondern etwa auch das Wohnungseigentumsgesetz und das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz.
Darüber hinaus liege eine uneinheitliche Judikatur vor, die gesetzliche Klarstellungen notwendig mache. Für
eine weitreichende Neugestaltung sei ferner aufgrund der Kompetenzlage eine enge Zusammenarbeit mit dem Wirtschaftsminister
erforderlich und auch die Bundesländer müssten ins Boot geholt werden. Brandstetter nannte in diesem
Zusammenhang beispielsweise die Wohnbauförderung und das Baurecht. Er könne daher auch nicht in der Frage
der Zweckbindung von Wohnbaufördermittel aktiv werden, weil dies Sache der Länder sei, hielt er gegenüber
zahlreichen Forderungen nach Wiedereinführung der Zweckbindung fest. Er bedauerte auch, dass die Subjektförderung
im Wohnbau seitens der Länder nachgelassen habe und versicherte, dass er alles dazu beitragen werde, um jungen
Menschen und Familien den Zugang zu erschwinglichen Wohnungen zu ermöglichen.
Aus seinen Aussagen war demnach eine leise Kritik vor allem hinsichtlich der Kompetenzverteilung zwischen Bund
und Ländern zu hören, wobei Brandstetter das Wort "Kompetenzdschungel" verwendete und meinte,
der Österreich-Konvent habe zu dieser Frage wertvolle Ideen geliefert, die man diskutieren sollte.
Leistbares Wohnen hat viele Dimensionen
Aus den Wortmeldungen der Abgeordneten war unisono die Dringlichkeit herauszuhören, die Wohnraumbeschaffung
leistbar zu gestalten sowie das Mietrecht selbst zu vereinfachen. Wenn man bei der Unterzeichnung eines Mietvertrags
Angst haben muss, übervorteilt zu werden, dann habe das Gesetz seinen Sinn verfehlt, meinte etwa Gerald Loacker
von den NEOS. Katharina Kucharowits und Angela Lueger (beide S) riefen dazu auf, Startwohnungen verstärkt
zum Thema zu machen und zeigten sich über die Aussagen des Ministers erfreut, dem gesellschaftspolitischen
Aspekt des Mietrechts besonderes Augenmerk zu schenken. Lueger wies insbesondere auf das Problem der steigenden
Anzahl befristeter Mietverträge hin. Elisabeth Hakel (S) wiederum thematisierte die Unklarheiten hinsichtlich
der Definition der Kategorien aufgrund bestimmter Ausstattungsmerkmale. Leistbares Wohnen betreffe viele Faktoren,
das zeige auch diese Diskussion, ergänzte Johann Singer (V). Waltraud Dietrich (T) kritisierte die unterschiedlichen
Bestimmungen in den Bundesländern und sprach sich für eine einheitliche klare Gesetzgebung aus, wozu
man jedoch die Länder einbinden müsse.
Als einen Knackpunkt bezeichnete Gabriela Moser (G) die mangelnde Definition von Zu- und Abschlägen. Sie bedauerte
zudem, dass der Geltungsbereich des Mietrechts mehr und mehr eingeschränkt werde. Dem stimmte ihr Klubkollege
Albert Steinhauser zu und warf allgemein ein, dass das Mietrechtsgesetz in seiner derzeitigen Form und Kompliziertheit
nicht mehr handhabbar sei. Schutzbestimmungen griffen nicht mehr, diskussionswürdig sei die Vergebührung
im Zusammenhang mit Mietverträgen, auch müsste seiner Meinung nach eine Neuregelung beim Hauptzins und
bei den Betriebskosten Platz greifen.
Viele Stimmen für Wiedereinführung der Zweckbindung der Wohnbaufördermittel
Explizit für die Wiedereinführung der Zweckbindung von Wohnbaufördermittel sprachen sich Josef Muchitsch
(S) und Rupert Doppler (F) aus, und zwar unter Einbeziehung der Rückflüsse aus Wohnbaudarlehen. Die Länder
hätten rund 10 Mio. € "verscherbelt", kritisierte Muchitsch scharf. Er forderte überdies, die
Möglichkeit zu schaffen, rasch bezirks- und gemeindeübergreifende Schlichtungsstellen einrichten zu können.
Gerald Loacker (N) stellte die Frage in den Raum, ob man nicht die Geschäftsmieten aus dem Mietrecht herausnehmen
und im ABGB regeln sollte, da diese nicht in diesem Ausmaß schutzwürdig seien. Philipp Schrangl (F)
thematisierte die Maklergebühren, Michaela Steinacker (V) regte an, das Baurecht zu modernisieren, insbesondere
auch hinsichtlich der abgabenrechtlichen Seite.
Zu all diesen Vorschlägen bemerkte der Minister, dass diese Themen der Arbeitsgruppe seien.
NEOS fordern stärkere Einbindung des Parlaments bei Mietrechtsreform
Dem Ausschuss lagen auch zwei Anträge vor, deren Inhalte ebenfalls der Mietrechtsreform mit dem Ziel eines
leistbaren Wohnens gewidmet sind und damit nahtlos an das Thema der Aktuellen Aussprache anschlossen. Beide Initiativen
wurden jedoch unter Hinweis auf das Regierungsprogramm und die Arbeit der Expertengruppe mit den Stimmen von SPÖ
und ÖVP mehrheitlich vertagt.
Zum einen drängen die NEOS auf eine rasche und transparente Überarbeitung des geltenden Mietrechts unter
Einbeziehung des Bautenausschusses. Gerald Loacker (N) fordert daher in seinem Antrag den Justizminister auf, dem
Nationalrat einen vierteljährlichen Fortschrittsbericht über die Tätigkeit der eingesetzten Arbeitsgruppe
vorzulegen. Dem hielt Friedrich Ofenauer (V) entgegen, man möge zunächst die Expertengruppe arbeiten
lassen, dann werde es voraussichtlich im Herbst ohnehin einen vom Minister angekündigten Round-Table mit den
BautensprecherInnen der Fraktionen geben.
Grüne legen umfassendes Paket zur Senkung der Wohnkosten vor
Zum anderen haben die Grünen ein Paket von Maßnahmen vorgelegt, die darauf abzielen, die Wohnungskosten
zu senken und den Wohnbau insgesamt leistbarer zu machen. Zu den von Gabriela Moser präsentierten Vorschlägen
zählen in erster Linie die Wiedereinführung der Zweckbindung der Wohnbauförderung, die Bindung der
Wohnbauförderung an Kriterien der Leistbarkeit, die Gewinnung privaten Kapitals für leistbaren Wohnbau
sowie die Durchforstung des Normenkatalogs. So wollen die Grünen die Grundkosten durch Widmungsregelungen
senken, darüber hinaus sollen auch die Bauordnungen vereinfacht werden. Günstiges Kapital für den
Wohnbau könnte nach den Vorstellungen der Grünen zudem auch im Wege der Bundesfinanzierungsagentur zur
Verfügung gestellt werden. Schließlich stellt die Initiative Mosers auch die Förderung des Wohnbausparens
durch eine staatliche Prämie als nachhaltige Form der Zukunftsvorsorge zur Diskussion.
Obwohl dieser Antrag, wie die Diskussion zeigte und auch von Josef Muchitsch (S) ausdrücklich betont wurde,
grundsätzlich von allen Ausschussmitgliedern inhaltliche Unterstützung fand, wurde auch dieser mit den
Stimmen der Koalitionsparteien vertagt. Der Antrag der Grünen enthalte alle Punkte, die auch im Regierungsprogramm
festgeschrieben seien, argumentierte Muchitsch, außerdem beträfen die wesentlichen Punkte darin Länderkompetenzen,
deshalb müsse man die Arbeiten der Expertengruppe abwarten.
Dieser Argumentation konnte die Opposition nur wenig abgewinnen. Wenn man den Antrag inhaltlich unterstütze,
dann verstehe sie die Vertagung nicht, reagierte Gabriela Moser (G). Auch die FPÖ, die die Forderungen der
Grünen vollinhaltlich mitträgt, zeigte sich verwundert.
Philipp Schrangl (F) schlug seitens seiner Fraktion zusätzlich vor, die Wohnbauförderung so umzugestalten,
dass diese den Namen auch verdient, und hinterfragte, ob es tatsächlich notwendig sei, Solaranlagen, Wärmepumpen
und Wohnbeihilfen unter die Wohnbauförderung zu subsumieren. Sein Klubkollege Gerhard Schmid legte den Fokus
auf die Sanierung von Altbauten und meinte, es sei notwendig, nicht nur neue Wohnungen zu bauen, sondern auch den
vorhandenen Altbestand nach dem modernsten Stand der Technik zu erneuern.
Man müsse, um das Ziel des leistbaren Wohnens zu erreichen, an vielen Schrauben drehen, ergänzte Norbert
Sieber von der ÖVP. So hätten etwa die Bauordnungen zu viele Auswüchse und auch an der Raumordnung
wäre der Hebel anzusetzen. Mit Grund und Boden sollte man sparsam umgehen, meinte Sieber und rief dazu auf,
Grundlagen dafür zu schaffen, dass die zahlreichen leerstehenden Wohnungen wieder dem Markt zur Verfügung
gestellt werden. Sieber vertrat - wie auch Gerald Loacker von den NEOS - zudem die Auffassung, dass man bei den
Standards über das Ziel hinausgeschossen und damit das Bauen verteuert habe.
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