Änderungen der Strafprozessordnung

 

erstellt am
08. 05. 14
11.30 MEZ

Brandstetter: "Schnellere Verfahren und einen besseren Rechtsschutz mit dem neuen Reformpaket der Strafprozessordnung"
Wien (bmj) - Weitreichende Änderungen der Strafprozessordnung gehen heute mit dem StPO-Paket in Begutachtung und sollen spätestens am 1. Jänner 2015 in Kraft treten. Damit sollen komplexe Verfahren beschleunigt und der Rechtsschutz gestärkt werden. „Die österreichische Justiz arbeitet effizient und leistungsorientiert. Nichts desto trotz gibt es Verbesserungspotential. Mit dem StPO-Paket schaffen wir die besten Voraussetzungen für Verfahrensbeschleunigung und verbesserten Rechtsschutz,“ so Justizminister Wolfgang Brandstetter zum neuen Reformpaket der Strafprozessordnung, die am 07.05. bei einer Pressekonferenz präsentiert wurde.

Einführung eines Zeitlimits im Ermittlungsverfahren
„Gerade bei sehr komplexen Wirtschaftsverfahren ist eine Beschleunigung des Ermittlungsverfahrens gefragt“, so der Minister - „daher soll ein dreijähriges Zeitlimit für die Ermittlungsdauer der Staatsanwaltschaft eingeführt werden.“ Nach Ablauf dieser drei Jahre muss die Staatsanwaltschaft bei Gericht einen Antrag auf weitere Ermittlungen stellen. Bei triftigen Gründen wie ein besonderer Umfang der Ermittlungen, besonderer Komplexität der zu lösenden Tat- oder Rechtsfrage oder einer Vielzahl von Beteiligten entscheiden die Gerichte über eine weitere Fortführung der Ermittlungen um 2 Jahre. Von diesem Zeitlimit nicht betroffen sind Rechtshilfeverfahren im Ausland. Die StA hat dadurch die Möglichkeit, bei außergewöhnlich komplexen Verfahren, vom Gericht Rückendeckung zu bekommen, wenn Ermittlungen in diesen Fällen länger brauchen.

Vorstufe im Ermittlungsverfahren – Unterscheidung zwischen Verdächtigem und Beschuldigtem
Neu ist auch der Begriff des Verdächtigten als Vorstufe zum Beschuldigtenbegriff im Ermittlungsverfahren, der für mehr Klarheit sorgen soll. „Hier müssen wir ganz klar unterscheiden. Es wird in Zukunft nur die- oder derjenige Beschuldigter im Strafverfahren sein, gegen den sich der Tatbestand aufgrund der Ermittlungsergebnisse erhärtet hat,“ so der Justizminister. Eine mediale Brandmarkung oder öffentliche Rufschädigung bei „vagen“ Verdachtslagen soll so möglichst verhindert werden.

Mandatsverfahren – Entfall der mündlichen Hauptverhandlung bei kleinen Delikten
Neu eingeführt werden soll auch die Möglichkeit eines Mandatsverfahrens anstelle einer mündlichen Hauptverhandlung bei kleineren Delikten, die mit einer Geldstrafe oder maximal einem Jahr Freiheitsstrafe geahndet werden. Beispiele dafür sind einfache Verkehrsunfälle oder Körperverletzungsdelikte im unteren Bereich. „Damit stärken wir auch Opfer und ersparen Ihnen den belastenden Gang vor Gericht“, so Brandstetter heute über die Vorteile. Entscheidend ist dabei, ob eine ausreichende Entscheidungsgrundlage aus dem Ermittlungsverfahren für ein Urteil gegeben ist und die notwendigen Voraussetzungen (Einvernahme des Angeklagten, einhergehendes Ergebnis des Ermittlungsverfahrens in Verbindung mit der Verantwortung des Beschuldigten, Ausschluss einer Diversion) erfüllt werden. Bewusst von dieser Regelung ausgenommen sind Jugendliche, da es sich hier um eine besonders sensible Gruppe handle, wie Brandstetter betonte.

Einsatz eines zweiten Berufrichters bei großen Schöffenverfahren
Geht es nach Justizminister Brandstetter, so soll künftig auch ein zweiter Berufsrichter bei besonders komplexen Schöffenverfahren eingesetzt werden, um Verfahren zu beschleunigen und den Vorsitzenden zu unterstützen. Davon betroffen sind Wirtschafsdelikte mit einem Schaden von über einer Million Euro; schwere Fälle von Amtsmissbrauch; Korruptionsdelikte, bei denen der Vorteil 100.000 Euro übersteigt; Verbrechen krimineller Organisation oder terroristischer Vereinigungen sowie Verbrechen, die mit einer Freiheitsstrafe von mindestens 5 Jahren und einer Obergrenze von über 10 Jahren bedroht sind.

Klarstellung der Objektivität und Unabhängigkeit von Sachverständigen
Beim Einsatz von Sachverständigen im Ermittlungsverfahren sollen Beschuldigte stärker eingebunden werden. Bisher konnte ein Beschuldigter zwar Einwände gegen einen gewählten Sachverständigen erheben - jetzt kann er auch bei Kenntnis eines Befangenheitsgrundes oder begründeten Zweifeln an der Sachkunde des Sachverständigen einen Antrag auf dessen Enthebung stellen und gegebenenfalls auch eine andere Person zur Bestellung vorschlagen. Die Staatsanwaltschaft muss begründen, wenn sie diesem Antrag nicht folgt. Weiters bekommt der Beschuldigte die Möglichkeit, in der Verteidigungsschrift ausdrücklich auf die Befunde von Privatgutachten Bezug zu nehmen – diese werden damit zum Akteninhalt.

Weitere Punkte in dem Reformpaket sind:

  • Die Verdoppelung der Höchstbeträge des Verteidigungskostenbeitrages für den freigesprochenen Angeklagten.
  • Schaffung einer rechtlichen Grundlage für die Öffentlichkeitsarbeit der StA, um die Balance zwischen dem Interesse der Öffentlichkeit auf Information und dem Schutz der Persönlichkeitsrechte klar zu regeln.
  • Der Ausbau des Datenschutzes bei Übermittlung von im Ermittlungsverfahren gewonnenen Daten.
  • Die Förderung des Tatausgleichs bei der Diversion, da diese besonders den Opfern zugute kommt.

Neuerungen sollen mit 1. Jänner 2015 in Kraft treten
„Ich bin überzeugt, dass wir hier einen wirklich guten und wichtigen Entwurf präsentieren können“, so Justizminister Wolfgang Brandstetter abschließend. Mit der Beschlussfassung ist bis zum Sommer rechnen, in Kraft treten sollen die Neuerungen mit 1. Jänner 2015.

 

 

 

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