Bundesrat fordert mehr Transparenz bei
 TTIP-Gesprächen ein

 

erstellt am
16. 05. 14
11.30 MEZ

Faymann: Österreichs hohe Standards dürfen durch USA-EU-Freihandelsabkommen nicht beschränkt werden
Wien (pk) - Der Bundesrat griff bei seiner Sitzung vom 15.05. nach einer heftigen Diskussion zum Handels- und Investitionsabkommen zwischen der EU und den USA (TTIP) in seinem EU-Ausschuss das Thema nochmals auf. In einer Aktuellen Stunde mit Bundeskanzler Werner Faymann wurde unter dem Titel "Europas Sozial- und Umweltstandards sichern" die österreichische Position in den TTIP-Verhandlungen erörtert. Faymann hielt fest, Österreich könne seine hohen Sozial- und Umweltstandards nur gemeinsam mit der EU verteidigen. Er sehe einen völligen Stopp der Gespräche mit den USA vor dem Hintergrund einer wachsenden globalen Marktwirtschaft als falsch, dränge aber auf politische Transparenz des Verhandlungsprozesses. Österreichische Interessen wie der Schutz von öffentlicher Daseinsvorsorge oder das Forcieren Erneuerbarer Energie dürften nicht unterminiert werden.

Rückendeckung erhielt der Kanzler von SPÖ und ÖVP. Beide Parteien halten den Abbau von Handelshemmnissen zwischen den weltweit größten Wirtschaftsräumen EU und USA gerade für ein exportorientiertes Land wie Österreich für notwendig. Reinhard Todt (S/W) unterstrich, angesichts der Konkurrenz aufsteigender Schwellenländer sei das Abkommen eine wichtige Maßnahme zur Ankurbelung der Wirtschaft und der Schaffung von Arbeitsplätzen. Transparenz und Nachvollziehbarkeit bei den Gesprächen zu TTIP seien allerdings ein Muss. Dieser Sichtweise stimmte Martin Preineder (V/N) zu und er erinnerte an eine gemeinsame Stellungnahme aller Bundesländer, in der klare Bedingungen aufscheinen. So sollten Österreichs gesetzliche Standards der Produktsicherheit, des Arbeitsrechts sowie des Umwelt- und Tierschutzes nicht nach unten nivelliert werden, die kommunale Selbstbestimmung im Bereich der Daseinsvorsorge – von der Energie bis zum Wasser - sei beizubehalten und eine Einschränkung des nationalen Handlungsspielraums durch das geplante Investitionssicherheitsprogramm müsse abgewendet werden.

Faymann erläuterte dazu, ursprünglicher Sinn des Investitionsschutzes für Unternehmen sei, heimischen Firmen im Ausland ausreichend Rechtsschutz zu bieten. Nunmehr habe die EU aber die Gefahr erkannt, dass Konzerne das Klagerecht vor Schiedsgerichten missbrauchen können, wenn sie von Nationalstaaten auf Grund befürchteter Gewinneinbußen durch neue Gesetze Investitionsrückzahlungen fordern. Überlegungen zum Atomkraftausstieg würden etwa dadurch behindert, warnte der Kanzler. Die Gespräche über das Investitionssicherungsabkommen seien daher bis Ende Juni ausgesetzt, in der Zwischenzeit überprüfe man auf EU-Ebene diesen Verhandlungsteil genau. Die Weiterentwicklung der bereits bestehenden Handelsbeziehungen zwischen der EU und den USA dürften keinesfalls zu einem Rückschritt österreichischer und europäischer Sicherheitskriterien führen, verdeutlichte Faymann. Um in der internationalen Marktwirtschaft zu bestehen, habe Österreich mit seinen hohen Standards aber nur innerhalb der Union eine Chance, gegen die Konkurrenz aus Billiglohnländern erfolgreich zu sein.

Dezidiert für einen sofortigen Abbruch der TTIP-Verhandlungen sprach sich dagegen die FPÖ aus. Monika Mühlwerth (F/W) kritisierte nicht nur die Intransparenz der Unterredungen, in denen sich ihr zufolge vor allem Lobbyisten von Großkonzernen für ihre eigenen Interessen einsetzen. Sie bezweifelte auch stark das prognostizierte Wirtschaftswachstum, das mit dem Handelsabkommen eintreten soll. Tatsächlich würden in den nächsten zehn Jahren Wirtschaft und Arbeitsmarkt durch TTIP kaum Steigerungen erfahren, das legten Studien dar, sagte Mühlwerth, höchstens der Automobilsektor könne auf Zuwachs hoffen. Einzig die USA profitiere vom Abbau der Handelsschranken, europäische Standards würde Amerika aber niemals übernehmen, folgerte die Freiheitliche. Weniger drastisch, aber doch besorgt äußerten sich die Grünen zu den laufenden TTIP-Verhandlungen zwischen der US-Regierung und der EU-Kommission. Bis die Öffentlichkeit Einsicht in die Verhandlungsprotokolle erhält, spreche sie sich für einen Stopp der Gespräche aus, erklärte Nicole Schreyer (G/T). Ein Hauptproblem an TTIP ist für sie das unterschiedliche Regelungsprinzip zur Produktsicherheit in den Wirtschaftsräumen; während in der EU das Verursacherprinzip sicherstelle, dass Waren mit gefährlichen Folgewirkungen nicht auf den Markt kommen, müssten die KonsumentInnen in den USA erst eine Schädigung durch ein Produkt nachweisen, ehe es aus dem Handel genommen wird.

Außerdem befürchtete die Grünen-Mandatarin wie ihre Vorrednerin einen möglichen Einfluss von US-Konzernen auf die Gesprächsinhalte, wodurch beispielsweise heimische Grenzwerte herabgesetzt werden könnten. Ihre Fraktion heiße zwar mehr Wachstum und Beschäftigung, wie durch TTIP vorhergesagt, gut, betonte Schreyer, sie verwehre sich aber gegen die Geheimabsprachen zum Handelsabkommen.

 

 

 

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