Bilanzsummenwachstum in CEE weiterhin stärker
als in der Eurozone – Klarer Aufschwung für Bankgeschäft in Zentraleuropa hält an
Wien (rzb) - „1989, das Jahr der europäischen Wiedervereinigung, war ein Schlüsseljahr für
den europäischen Kontinent und der Beginn enormer politischer, sozialer und wirtschaftlicher Entwicklung –
vor allem in Zentral-und Osteuropa (CEE)1. Als 2008 die ersten Anzeichen der größten Finanzkrise der
jüngeren Geschichte vom Westen in den Osten überschwappten, wurde dieser Aufschwung vorübergehend
gestoppt. Obwohl sich die Märkte heute wieder stabilisiert haben und die wirtschaftlichen Prognosen zuversichtlich
sind, geben die aktuellen Spannungen in der Ukraine und die zahlreichen neuen Bankenregulierungen speziell in der
Eurozone Anlass zu Sorge und Verunsicherung. Ich glaube, dass 2014 ein entscheidendes Jahr für den europäischen
Bankensektor werden wird, in dem die Diversifizierungsstrategien der in der CEE-Region tätigen Banken auf
den Prüfstand gestellt werden. Gleichzeitig bin ich überzeugt, dass die meisten CEE-Länder heute
stärker und stabiler sind als noch vor rund sechs Jahren“, sagte Karl Sevelda, Vorstandsvorsitzender der Raiffeisen
Bank International AG (RBI).
Seine Einschätzung beruht auf den wichtigsten Erkenntnissen der neuesten Ausgabe des jährlich erscheinenden
CEE Banking Sector Report – einer gemeinsamen Publikation der RBI und der Raiffeisen Centrobank AG (RCB). Der Report
wurde im Rahmen der Jahresversammlung der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD) am
15. Mai in Warschau präsentiert.
Bilanzsummenzuwachs in CEE weiterhin stärker als in der Eurozone
„Die aktuellen Entwicklungen im Verhältnis von Aktiva zu BIP zeigen einen deutlichen Unterschied zwischen
CEE und der Eurozone. In letzterer war im Zeitraum von 2011 bis Jahresende 2013 ein Rückgang der Gesamtbilanzsumme
von rund € 2.000 Milliarden zu verzeichnen. Im gleichen Zeitraum wuchs die Gesamtbilanzsumme in CEE um rund € 350
Milliarden auf insgesamt € 2.400 Milliarden. Obwohl der gesamte CEE-Bankenmarkt noch immer nur einen Bruchteil
des Bankensektors der Eurozone ausmacht, stieg der Anteil der CEE-Bilanzsumme im Verhältnis zu der der Eurozone
signifikant an. Zum Ultimo 2013 entsprach die CEE-Bilanzsumme 9,7 Prozent der gesamten Bilanzsumme innerhalb der
Eurozone, was einem Anstieg von 0,8 Prozentpunkten im Jahresvergleich entspricht. Daher ist der Aufholprozess des
CEE-Bankensektors, gemessen am relativen Anstieg zur Bilanzsumme der Eurozone, der insgesamt zweitgrößte
seit dem Anstieg von 1,3 Prozentpunkten im Jahr 2012“, erklärte Gunter Deuber, Leiter der Abteilung für
CEE Bond und Currency Research bei der RBI und Hauptautor des CEE Banking Sector Report.
Klarer Aufschwung für Bankgeschäft in Zentraleuropa hält an
Die CE-Region befand sich auch 2013 weiterhin auf dem Wachstumspfad. Für die nächsten drei Jahre wird
hier ein BIP-Wachstum von durchschnittlich 2,5 bis 3 Prozent erwartet, 1 bis 1,5 Prozentpunkte über dem der
Eurozone. Angesichts der soliden Ergebnisse ist es daher keine Überraschung, dass die Finanzierungsaufschläge
der meisten CE-Länder ziemlich nahe an denen der so genannten „Kernländer“ der Eurozone liegen. Zusätzlich
zu den Hauptwachstumsmärkten Polen, Tschechien und der Slowakei, die gemeinsam rund 80 Prozent des regionalen
BIP in CE ausmachen, zeigt auch Ungarn zunehmend bessere Wachstumsaussichten.
Neuausrichtung der Länderstrategien statt großer M&A-Aktivitäten
Laut Jovan Sikimic, Analyst bei der RCB und einem der Autoren des Banking Sector Report, blieb das Ranking der
ausländischen CEE-Banken 2013 weitgehend unverändert. „In den letzten zwölf Monaten gab es keine
großen M&A-Transaktionen in der CEE-Region. Neben Abschlüssen in Kasachstan von der UniCredit und
der Ersten in der Ukraine ist die Vertragsunterzeichnung zwischen der Rabobank und der BNP Paribas über den
Verkauf der polnischer Rabobank-Niederlassung, eines der Highlights in diesem Bereich. Durch diesen Deal ist es
der BNP Paribas gelungen, sich mit einer Bilanzsumme von € 16 Milliarden unter den Top 15 der ausländischen
Banken der Region zu platzieren“, sagte Sikimic.
UniCredit, RBI, Erste, SocGen und KBC bilden weiterhin die Gruppe der fünf größten westeuropäischen
Banken in CEE. Die UniCredit führt weiterhin klar mit einer konsolidierten Bilanzsumme von € 120,1 Milliarden,
gefolgt von der RBI (€ 80,9 Milliarden), Erste (€ 79,3 Milliarden), SocGen (€ 76,0 Milliarden) sowie KBC mit €
53,9 Milliarden.
2013 ist die aggregierte Anzahl der Bankfilialen in der Region im Vergleich zum Vorjahr um 4 Prozent zurückgegangen,
was dem Rückgang des Jahres 2012 entspricht. Die einzige Bank, die ihr Filialnetz ausbauen konnte, war die
russische OTP mit mehr als 50 Eröffnungen in ihrem Heimmarkt. Zum Jahresende 2013 hatte SocGen das größte
Filialnetzwerk einer westeuropäischen Bank in CEE (3.019), gefolgt von RBI (3.012) und UniCredit (2.542).
Die aktuellen Spannungen in der Ukraine führten bereits zu (vorübergehenden) Schließungen von Filialen
in der Ukraine und auf der Krim.
Banken, die überdurchschnittlich von deutlichen Leitzinssenkungen betroffen waren, wie UniCredit (in Polen
und Tschechien), Erste (in Tschechien), Santander und Commerzbank (in Polen) verzeichneten einen Rückgang
ihrer Ergebnisse im Verhältnis zu den Aktiva. Dasselbe gilt auch für Banken, die sich aus Hochzinsländern
zurückgezogen haben, wie etwa die Commerzbank aus der Ukraine. Lediglich die RBI und OTP konnten das Verhältnis
Ergebnis/Bilanzsumme auf dem Niveau von 2010 halten, was laut den Analysten der RCB das Ergebnis eines starken
Fokus auf die GUS und Russland war, wobei die OTP zusätzlich stark von ihrer besonderen Position auf ihrem
ungarischen Heimmarkt profitierte.
„Die Russlandstrategien von UniCredit, SocGen, RBI und OTP haben sich noch nicht geändert – sie alle halten
an ihren mittelfristigen Wachstumsplänen für den Markt fest. Rumänien, und zu einem gewissen Ausmaß
auch Ungarn, scheinen eine Trendumkehr geschafft zu haben, obwohl Banken noch immer besorgt sind wegen der großen
politischen und regulatorischen Unsicherheiten auf dem ungarischen Markt. In der Ukraine erwarten wir, dass die
Banken den Druck von deutlichen Wechselkursabwertungen spüren werden“, fasste Sikimic zusammen.
2013 bringt endlich Stabilisierung der NPL-Quoten
2013 brachte die lang erwartete Stabilisierung bei der aggregierten Quote der notleidenden Kredite (NPL) in CEE.
Nach Jahren von Anstiegen um mehrere Prozentpunkte hat sich 2013 die gesamte NPL-Quote nicht signifikant bewegt
und bei rund 9 Prozent stabilisiert. Während die NPL-Quote in CE nur minimal um 0,2 Prozentpunkte auf 9,1
Prozent anstieg, fiel sie in der GUS um 0,5 Prozentpunkte auf 6,6 Prozent. Polen, Tschechien und Russland sind
die treibenden Kräfte für diese positive Entwicklung und auch die Märkte, wo Verkäufe von notleidenden
Krediten, egal ob von der Regierung gesteuert oder vom Markt getrieben, zur Verbesserung der Qualität der
Aktiva gestartet wurden. Gleichzeitig blieb der Aufwärtsdruck in SEE bestehen, wo die regionale NPL-Quote
um 2,5 Prozentpunkte anstieg. Koordinierte Maßnahmen zur Lösung der NPL-Problematik werden eine entscheidende
Rolle in der Stärkung der Wirtschaft und des Bankensektors in dieser Region spielen.
„Nach der Stabilisierung im letzten Jahr erwarten wir für 2014 eine gewisse Abwärtsentwicklung der NPL-Quote
in CE. Obwohl wir noch keine Trendumkehr in SEE sehen, gehen wir zumindest von einer Verflachung der Steigerung
der regionalen NPL-Quoten aus. Angesichts der derzeit ungünstigen Entwicklungen in der GUS kann für 2014
nicht ausgeschlossen werden, dass die Qualität der Aktiva leidet. In Russland könnte die NPL-Quote wieder
auf 5 bis 6 Prozent ansteigen, während sie in der Ukraine die 40-Prozent-Marke überschreiten könnte.
Dennoch gehen wir davon aus, dass die Verschlechterung der Aktiva-Qualität weniger dramatisch ausfallen wird
als 2008/09, da die Kreditwachstumsraten im niedrigen einstelligen oder sehr niedrigen zweistelligen Bereich blieben“,
erklärt Deuber.
Profitabilität in CEE: RoE sinkt wegen strengerer Kapitalanforderungen und konservativerer Leverage-Strategien
2013 war die Gewinnentwicklung im CEE-Bankensektor von zwei großen Trends gekennzeichnet. Einerseits gab
es sehr weitreichende Zeichen von Verbesserung, während andererseits grobe regionale und interregionale Unterschiede
bei der Profitabilität bestehen blieben. Im Durchschnitt ging die Gesamtprofitabilität des CEE-Bankensektors
leicht zurück. Der gesamte Return on Assets (RoA) sank von 1,5 Prozent (2012) auf 1,2 Prozent (2013) und der
Return on Equity (RoE) fiel von 13,3 Prozent auf 11,5 Prozent. Positiv hervorzuheben ist, dass Slowenien 2013 der
einzige CEE-Bankenmarkt war, der Verluste schrieb, nachdem Ungarn (plus 8 Prozentpunkte im Jahresvergleich auf
4,5 Prozent) und Rumänien (plus 7,2 Prozentpunkte auf 1,3 Prozent) nach einigen verlustreichen Jahren wieder
leicht positive RoEs auswiesen.
Laut Deuber ist der Rückgang der Eigenkapitalrentabilität auf die Stärkung der Kapitalbasis der
Banken zurückzuführen und somit das gewünschte Ergebnis der Maßnahmen führender CEE-Banken
und deren regionaler Niederlassungen, die teilweise auch von den Regulatoren verlangt wurden. Daher spiegeln die
niedrigeren RoEs neben der von der EU und/oder lokalen Regulatoren geforderten Implementierung der Kapitalanforderungen
auch die konservativeren Leverage-Strategien der Banken wider.
L/D-Ratio: Einlagen ausreichend, um Wirtschaftsaufschwung zu stützen
Seit dem Höhepunkt im Jahr 2008, fiel das aggregierte Verhältnis von Krediten zu Einlagen (L/D-Ratio)
um 17 Prozentpunkte auf rund 98 Prozent (2013) und liegt weiterhin unter dem aggregierten Verhältnis der Eurozone.
Letztere weist ebenfalls eine Abwärtsbewegung auf, obwohl hier der Rückgang im Vergleichszeitraum bei
nur 7 bis 9 Prozentpunkten lag. Diese Entwicklung reflektiert einen breiten globalen Bankentrend, der auf der zunehmenden
Attraktivität der Refinanzierung über Kundeneinlagen beruht. Laut Deuber sind die Einlagen in CEE momentan
ausreichend, um den Wirtschaftsaufschwung zu finanzieren. Die Banken in CEE werden aber in den nächsten beiden
Jahren einem größeren Druck ausgesetzt sein, ihre Einlagen in zins- und/oder gebührenbringende
Aktiva zu investieren.
1Der Banking Sector Report definiert Zentral- und Osteuropa (CEE) als bestehend aus den Teilregionen Zentraleuropa
(CE) mit der Tschechischen Republik, Polen, der Slowakei, Slowenien und Ungarn; Südosteuropa (SEE) mit Albanien,
Bosnien und Herzegowina, Bulgarien, Kroatien, Rumänien und Serbien sowie der Gemeinschaft Unabhängiger
Staaten (GUS) mit Belarus, Russland und der Ukraine
Die Raiffeisen Bank International AG (RBI) betrachtet Österreich, wo sie als eine führende Kommerz- und
Investmentbank tätig ist, und Zentral- und Osteuropa (CEE) als ihren Heimmarkt. 15 Märkte der Region
werden durch Tochterbanken abgedeckt, darüber hinaus umfasst die Gruppe zahlreiche andere Finanzdienstleistungsunternehmen
beispielsweise in den Bereichen Leasing, Vermögens-verwaltung und Mergers and Acquisitions. Die RBI ist als
einzige österreichische Bank nicht nur in den Weltfinanzzentren, sondern mit Filialen und Repräsentanzen
auch in Asien, dem weiteren geografischen Schwerpunktmarkt des Konzerns, präsent. Insgesamt betreuen rund
58.000 Mitarbeiter circa 14,6 Millionen Kunden in über 3.000 Geschäftsstellen, der überwiegende
Teil davon in CEE. Die RBI ist eine voll konsolidierte Tochter der Raiffeisen Zentralbank Österreich AG (RZB).
Die RZB hält indirekt rund 60,7 Prozent der Aktien, der Rest befindet sich im Streubesitz. Die RBI-Aktie notiert
an der Wiener Börse. Die RZB ist Spitzeninstitut der Raiffeisen Bankengruppe Österreich, der größten
Bankengruppe des Landes, und Konzernzentrale für die gesamte RZB-Gruppe einschließlich der RBI.
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