Forscherin der Universität Bielefeld und internationale Kollegen stellen Analyse vor
Bielefeld (idw) - Welche Schaltkreise und Chips eignen sich für den Bau von künstlichen Gehirnen
und verbrauchen dabei möglichst wenig Strom? Das hat Juniorprofessorin Dr. Elisabetta Chicca vom Exzellenzcluster
Kognitive Interaktionstechnologie (CITEC) der Universität Bielefeld zusammen mit Kollegen aus Italien und
der Schweiz untersucht. Eine überraschende Erkenntnis: Für den Bau von künstlichen Nervensystemen
sind Konstruktionen besonders geeignet, die außer digitalen Schaltkreisen auch analoge kompakte und ungenaue
Schaltkreise nutzen.
Solche Konstruktionen eignen sich besser als Anordnungen mit nur digitalen Schaltkreisen oder präzisen analogen
Chips, die dafür aber stromhungrig sind. Die Studie wird in dem Magazin „Proceedings of the IEEE“ veröffentlicht.
Eine Vorabversion wurde jetzt online gestellt.
Elisabetta Chicca leitet die Forschungsgruppe „Neuromorphic Behaving Systems“ (Neuromorphe Verhaltenssysteme).
Zu den Zielen ihrer Arbeit gehört es, Roboter und andere technische Systeme möglichst selbstständig
und lernfähig zu machen. Ihr Vorbild für die Entwicklung von künstlichen Gehirnen sind die biologischen
Nervensysteme von Menschen und Tieren. „Umweltreize werden in biologischen Nervensystemen von Menschen und Tieren
ganz anders verarbeitet als in modernen Computern“, sagt Chicca. „Biologische Nervensysteme organisieren sich selbst,
sie passen sich an und sie lernen. Dabei verbrauchen sie im Vergleich zu Computern sehr wenig Energie und ermöglichen
komplexe Fähigkeiten wie Entscheidungsfindung, die Erkennung von Assoziationen und von Mustern.“
Die Neuroinformatikerin versucht, biologische Prinzipien für den Bau von künstlichen Nervensystemen nutzbar
zu machen. So haben sie und ihre Kollegen für die jetzt veröffentlichte Studie untersucht, mit welchen
Schaltkreisen sich Synapsen elektronisch nachbilden lassen. Synapsen dienen als „Brücken“ zur Übertragung
von Signalen zwischen Nervenzellen. Außerdem hat das Forschungsteam analysiert, mit welchen Schaltkreisen
sich die so genannte Plastizität der biologischen Nerven imitieren lässt. Plastizität beschreibt
die Fähigkeit von Nervenzellen, Synapsen und Hirnarealen ihre Eigenschaften je nach Verwendung anzupassen.
So sind bei Sportlern bestimmte Hirnareale stärker vernetzt als bei Nicht-Sportlern.
Auch Lösungen für die Steuerung eines künstlichen Nervensystems stellen die vier Forscherinnen und
Forscher vor. Sie präsentieren eine Software, auf deren Grundlage sich Programme schreiben lassen, um die
Schaltkreise und Chips eines „Elektronenhirns“ zu steuern.
Für ihre Studie kooperierte Elisabetta Chicca mit ihren Kollegen Chiara Bartolozzi PhD (Italian Institute
of Technology – IIT), Professor Dr. Giacomo Indiveri und Fabio Stefanini PhD (beide Institut für Neuroinformatik
der Universität Zürich und Eidgenössische Technische Hochschule Zürich, Schweiz).
Originalveröffentlichung:
Elisabetta Chicca, Fabio Stefanini, Chiara Bartolozzi, Giacomo Indiveri:
Neuromorphic Electronic Circuits for Building Autonomous Cognitive Systems. Proceedings of the IEEE, http://dx.doi.org/10.1109/JPROC.2014.2313954,
online erschienen am 1. Mai 2014.
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