Justizminister strebt auch Senkung einzelner Gerichtsgebühren an
Wien (pk) - Justizminister Wolfgang Brandstetter kündigte am 14,05, eine Durchforstung der Rechtsordnung
von diskriminierenden Bestimmungen an. Bei der Behandlung des Budgetentwurfs für die Jahre 2014 und 2015 im
Budgetausschuss zeigte sich der Justizminister erfreut darüber, dass der Erfolg von Conchita Wurst die Diskussion
über die Gleichbehandlung Homosexueller wieder belebt hat, und versicherte, sein Ressort werde in dieser Frage
"nichts auf die lange Bank schieben". Schwerpunkte in der Debatte mit den Abgeordneten waren überdies
die Gerichtsgebühren, Reformvorhaben im materiellen Strafrecht und im Strafprozessrecht, der Jugendstrafvollzug
sowie die Zusammenlegung der Bezirksgerichte.
Der Finanzierungsvorschlag sieht in der Allgemeinen Gebarung für das Jahr 2014 Ausgaben in der Höhe von
1,298 Mrd. € vor, die sich 2015 auf 1,309 Mrd. € erhöhen. Die Einnahmen werden in beiden Jahren mit jeweils
980 Mio. € angesetzt. Als vorrangige Wirkungsziele nennt der Entwurf die Gewährleistung der Rechtssicherheit
und des Rechtsfriedens, die Sicherstellung des Zugangs zu Leistungen der Gerichtsbarkeit durch Ausgleich von einkommensmäßigen,
sozialen und sonstigen Benachteiligungen sowie eine objektive, faire und unabhängige Führung und Entscheidung
von Verfahren durch Gerichte und Staatsanwaltschaften in angemessener Dauer. Seine wichtigsten Herausforderungen
für die kommenden zwei Jahre sieht der Justizbereich dabei vor allem in der Reform des Sachwalterrechts und
des Strafgesetzbuches, in der kundenfreundlichen und barrierefreien Adaptierung der Gerichtsgebäude, aber
auch in einer weiteren Verkürzung der Verfahrensdauer und dem Ausbau der elektronischen Einbringungsmöglichkeiten.
Brandstetter: Es darf keine Diskriminierungen geben
Die Frage des Abbaus von Diskriminierungen Homosexueller wurde in der Debatte vor allem von den beiden SPÖ-Abgeordneten
Johannes Jarolim und Gisela Wurm sowie von NEOS-Mandatarin Beate Meinl-Reisinger aufgeworfen, die insbesondere
eine Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare forderten. Justizminister Wolfgang Brandstetter
erinnerte an seine Gespräche mit den Interessensverbänden der Homosexuellen und an seine Zusage, die
Gesetze auf mögliche Diskriminierungen hin zu prüfen und gegebenenfalls zu durchforsten. Er versicherte,
dass sich sein Ministerium diesem Thema widmen und nichts auf die lange Bank schieben werde, meinte aber gleichzeitig,
es brauche noch Zeit. Er gehe dabei von dem Grundsatz aus, dass es keine Diskriminierung geben dürfe, hielt
Brandstetter mit Nachdruck fest.
Behutsamkeit und Vorsicht bei gesellschaftspolitisch strittigen Fragen
Was nun die Forderung nach Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare betrifft, bemerkte der Justizminister,
mit dem Rechtsinstitut der Verpartnerung sei man bis jetzt sehr gut gefahren. Es stelle sich vor allem die Frage,
inwieweit es noch Verbesserungen und Nachjustierungen bedürfe. Bei gesellschaftspolitisch derart strittigen
Themen sei jedenfalls ein behutsames und vorsichtiges Vorgehen geboten, gab Brandstetter zu bedenken, bekräftigte
aber sein Ziel, jegliche Diskriminierung abzuschaffen.
Sparen bei Ermessensausgaben, keine Einschränkungen von Neustart
Im Zusammenhang mit der allgemeinen Budgetsituation im Justizbereich konnte Brandstetter die Einschätzung
des Justizsprechers der Grünen Albert Steinhauser, das Justizressort sei durch Sparvorgaben überproportional
belastet worden, nicht teilen. Er fühle sich im Verhältnis zu anderen Ressorts nicht schlechter behandelt,
betonte der Minister und fügte an, man habe bei den Verhandlungen das Beste herausgeholt. Das Ressort müsse
sich aber nach der Decke strecken, Einsparungen seien nur bei den Ermessensausgaben möglich. Um die Vorgaben
zu erreichen, sei man auch gezwungen gewesen, die Rücklagen in die Schlacht zu werfen und Bauvorhaben aufzuschieben.
Ausgeschlossen waren für Brandstetter Einschränkungen bei der Präventionsarbeit in Gefolge der Einsparungen.
So werde, wie Brandstetter gegenüber Steinhauser und Meinl-Reisinger versicherte, alles, was der Verein Neustart
macht, fortgeführt. Der Minister drückte zudem seine Hoffnung aus, dass es noch in diesen Jahr gelingen
werde, Neustart eine bessere Vergütung zukommen zu lassen.
Brandstetter will Gebührenschraube nach unten drehen
Einer Meinung mit Steinhauser, aber auch mit Team Stronach-Justizsprecher Georg Vetter und FPÖ-Abgeordnetem
Philipp Schrangl war Brandstetter in der Frage der Gerichtsgebühren. Hier sei man an der absoluten Obergrenze
angelangt, betonte der Minister und sprach sich dafür aus, die Gebührenschraube nach unten zu drehen.
Denkbar war für Brandstetter eine Senkung beziehungsweise Abschaffung von bestimmten Gebühren im Familienrechtsbereich,
so etwa könnte die Gebühr für den Antrag auf Durchsetzung von Besuchsrecht gänzlich abgeschafft
werden.
Brandstetter bestätigte, dass es nun 100 neue Planstellen für die Justizwache geben wird. Diese sollen
dort eingesetzt werden, wo es den größten Bedarf gibt. Dem FPÖ-Abgeordneten Christian Lausch, der
in diesem Zusammenhang auch die Frage des Jugendstrafvollzugs angesprochen hatte, teilte der Minister mit, man
müsse im Rahmen der Sanierung des Gefangenenhauses Josefstadt Haftkapazitäten in ein Ausweichquartier
absiedeln. Mit dem Gebäude am Hernalser Gürtel biete sich dabei nun die Möglichkeit, das Notwendige
mit dem Nützlichen zu verbinden. Es wäre eine logistische Herausforderung, dort in weiterer Folge ein
Jugendgefängnis in Verbindung mit neuen Formen der Betreuung zu etablieren. Erwartungen auf einen Gefängnisneubau,
wie sie der SPÖ-Abgeordnete Harald Troch äußerte, dämpfte Burgstaller hingegen unter Hinweis
auf die angespannte budgetäre Situation.
Reformvorhaben StGB, Strafprozess, Sachwalterschaft
An gesetzlichen Reformvorhaben nannte Burgstaller zunächst die Modernisierung des Strafgesetzbuches, an der
derzeit eine Expertengruppe arbeitet. Dabei werde auch über eine Entkriminalisierung bestimmter Bereiche nachgedacht,
bestätigte Burgstaller dem FPÖ-Abgeordneten Johannes Hübner gegenüber. Ziel der Reform des
Strafprozesses wiederum, die von den Abgeordneten Friedrich Ofenauer (V) und Georg Vetter (T) zu Sprache gebracht
wurde, sei eine zeitliche Begrenzung der Verfahren. Dies soll unter anderem durch den Einsatz von hauseigenen Experten
ermöglicht werden. Die geplante Neuregelung des Sachwalterrechts schließlich bezweckt eine Reduktion
der Zahl der Besachwaltungen. Wie der Minister der ÖVP-Justizsprecherin Michaela Steinacker erklärte,
sei die Reform derzeit aber noch nicht auf Schiene, gelte es doch zunächst, die Ergebnisse des Modellversuchs
der unterstützten Entscheidungsfindung abzuwarten.
Minister für Abschaffung des Überschneidungsverbotes
Mit Nachdruck begrüßte Brandstetter die Zusammenlegung von Bezirksgerichten, von der er sich neben einer
Kostenersparnis vor allem auch eine Serviceverbesserung erwartete. Die Reform laufe aber Gefahr, an dem in der
Verfassung festgelegten Überschneidungsverbot zu scheitern, gab der Minister dem Abgeordneten Philipp Schrangl
(F) zu bedenken. Diese Bestimmung sei nicht mehr nachvollziehbar und völlig unsinnig und sollte abgeschafft
werden, betonte Brandstetter, wies aber auf die dafür notwendige Verfassungsmehrheit im Nationalrat hin. Was
die Auflassung von Bezirksgerichten betrifft, stellte Brandstetter überdies klar, für größere
Schritte in dieser Richtung sei er nicht zu haben. So werde es in der Steiermark, aber auch in Niederösterreich
zu keinen Schließungen mehr kommen.
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