Das älteste Hallenbad Wiens in Betrieb feiert Geburtstag
Wien (rk) - Am 22.5.1914 ging das "Kaiser-Franz-Joseph-Bad", das die WienerInnen heute als Jörgerbad
kennen, in Betrieb. Es war das erste von der Stadt Wien errichtete Hallenbad. Aus diesem Anlass eröffneten
Stadtrat Christian Oxonitsch, Bezirksvorsteherin Ilse Pfeffer und der Wiener Bäderchef Hubert Teubenbacher
am 22.05.2014 die Feierlichkeiten zum runden Jubiläum.
"Man sieht dem Jörgerbad seine hundert Jahre wirklich nicht an, das ist der Beweis dafür wie sorgsam
sich die MA 44 um ihre Bäder kümmert. Mein Dank gehört an dieser Stelle allen MitarbeiterInnen,
die so hervorragende Arbeit leisten. Mit dem neuen barrierefreien Eingang, der Reaktivierung des Brunnens in der
Kassenhalle und der Einrichtung von WLAN verbindet das Jörgerbad historisches Ambiente mit den Anforderungen
des 21. Jahrhunderts", zeigte sich der zuständige Stadtrat Christian Oxonitsch erfreut.
Ab November soll im Bezirksmuseum Hernals eine Ausstellung zum Jörgerbad anlaufen, auch ein Buch zu Ehren
des Bades ist geplant.
Geschichte des Jörgerbades
In der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts stellten die zunehmende Industrialisierung und das Wachstum der Stadt
die Stadtverwaltung vor neue Aufgaben. Tausende Menschen strömten aus weiten Teilen der Kronländer sowie
aus der Umgebung nach Wien, um hier Arbeit zu finden. Auch durch die Eingemeindung der Vororte nahm die Bevölkerung
rasch zu. 1880 zählte Wien 700.000 Einwohner, 1910 waren es bereits knapp über 2 Millionen.
Die billigen Arbeitskräfte hausten in notdürftig errichteten Arbeiterquartieren. Die katastrophalen Hygieneverhältnisse
sowie zu wenig und zu teure Badeanstalten zwangen zu kommunalen Maßnahmen und die Stadt Wien übernahm
eine internationale Vorreiterrolle: Im Gemeinderatsbeschluss vom 9. November 1886 wurde prinzipiell beschlossen,
in allen Bezirken Wiens Volksbäder zu errichten. Bereits am 22. Dezember 1887 wurde das erste Wiener Volksbad
in der Mondscheingasse 9 im 7. Bezirk eröffnet.
Während zunächst dem Schwimmen der breiten Bevölkerung keine Bedeutung beigemessen wurde, beschloss
der Wiener Gemeinderat 1912 die Errichtung des ersten städtischen Hallenbades.
Sowohl optisch im Jugendstil als auch technisch mit der Anwendung von Stahlbeton unterschied es sich von den damaligen
privaten Hallenbädern. Weiter flossen modernste technische, hygienische und medizinische Erkenntnisse in die
Errichtung des Bades ein. Erstmals wurde auch ein Kinderbecken errichtet.
Am 22. Mai 1914 wurde schließlich das "Kaiser Franz Joseph-Bad" feierlich eröffnet und erfreute
sich sofort größter Beliebtheit. Neben Schwimmhalle und Dampfbad wurden auch Wannenbäder 1. und
2. Klasse sowie ein "Luft- und Sonnenbad" eröffnet. Neuartig war das verschiebbare Glasdach.
Nach Ende des ersten Weltkrieges und dem Zerfall der Monarchie begann eine hitzige Diskussion um die Umbenennung
des Bades. Der Antrag des Gemeinderates Jenschig auf Umbenennung in "Hernalser Volksbad" wurde wegen
Verwechslungsgefahr mit dem in der nahen Gschwandnergasse befindlichen Volksbad nicht angenommen. Der Vorschlag
der städtischen Sammlungen, das Bad nach der Wassernixe Melusine aus dem französischen Sagenkreis zu
benennen, wurde aus Furcht vor dem Spott der Wiener Bevölkerung ebenso abgelehnt.
Letztendlich setzte sich der Vorschlag des Wiener Stadtbauamtes, das Bad mit dem im Volksmund bereits gebräuchlichen
Namen "Jörgerbad", der sich aus der gleichnamigen Straße ableitete, zu benennen.
Im zweiten Weltkrieg nahezu unbeschädigt ist das Jörgerbad heute das älteste noch in Betrieb befindliche
Hallenbad Wiens. 1968 bis 1978 wurde es modernisiert und generalsaniert. Finnische Saunaanlagen ersetzten die Dampfbäder,
die Kohlenkesselanlage wurde abgetragen und das Bad an die Fernwärme angeschlossen. Unter Einbeziehung eines
Teiles des Pezzlparks mit dem dortigen Kinderfreibad wurde es zum "Hernalser Badezentrum" erweitert.
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