Außenbudget: Kürzungen bei Entwicklungszusammenarbeit stoßen auf breite Kritik
Wien (pk) – Mit schlanken Strukturen setzten die heimischen Vertretungsbehörden im Ausland alles daran,
Österreichs Interessen bestmöglich Rechnung zu tragen, verdeutlichte Außenminister Sebastian Kurz
im Plenum des Nationalrats, als am 21.05. die Budgetentwürfe und das Bundesfinanzrahmengesetz seines Ressorts
zur Debatte standen. Von Konsularbelangen bis zur Unterstützung für expandierende Unternehmen böten
die Botschaften somit wichtige Dienste, gerade in Zeiten der Globalisierung. Für die FPÖ war dagegen
die Zusammenlegung mehrerer österreichischer Botschaften zumindest im EU-Raum einen Gedanken wert. Eine Vertretungsbehörde
in jedem der 27 anderen Mitgliedsländer hielten die Freiheitlichen nämlich für nicht gerechtfertigt.
Breit diskutierte der Nationalrat zudem die geplanten Kürzungen bei der Entwicklungszusammenarbeit (EZA) im
kommenden Jahr. SPÖ und Grüne traten dabei für eine gesetzliche Verankerung eines Stufenplans zur
Steigerung der EZA-Mittel ein. Seitens der ÖVP und des Team Stronach kamen ebenfalls Bekenntnisse zu den Anstrengungen,
das UN-Ziel erreichen, wonach 0,7% des BIP für die EZA aufzubringen sind.
An Budgetmitteln stehen dem Außenministerium 2014 laut Bundesvoranschlag insgesamt 418,8 Mio. € für
seine Aufwendungen zur Verfügung. 2015 sinkt das Außenbudget auf 409,1 Mio. €. Demgegenüber stehen
in beiden Jahren erwartete Einnahmen von 5,8 Mio. €. Für die Entwicklungszusammenarbeit inklusive Auslandskatastrophenfonds
sind 2014 82 Mio. € veranschlagt, 2015 reduziert sich dieser Budgetposten auf 65,4 Mio. €.
Kontroverse über Sparmaßnahmen im Außenamt
Die geplanten Einsparungen im Budget des Außenministeriums wurden zwar von allen Fraktionen bedauert, jedoch
fielen die Kommentare dazu bei SPÖ, ÖVP, FPÖ, Grünen und Team Stronach sehr unterschiedlich
aus. Uneinig waren die Parteien speziell darüber, ob das Ministerium die Einschnitte an den richtigen Stellen
gesetzt hat.
Für Johannes Hübner (F) ist das Sparpotential des Außenamts bei weitem nicht ausgenutzt worden.
"Die Entwicklungshilfe ist häufig ineffizient und schlecht organisiert", meinte er, so seien sogar
für kleine EZA-Projekte eigene Büros eingerichtet. Hübner bezweifelte auch stark den Nutzen einer
österreichischen Vertretungsbehörde in jedem EU-Land und empfahl, Botschaften zusammenzuführen.
Mit einem Entschließungsantrag forderte er überdies den wechselseitigen Verzicht europäischer Partnerländer
auf Privilegien ihrer MitarbeiterInnen bei internationalen Organisationen in der EU, um "Steuerschlupflöcher"
zu schließen. "Das Außenministerium hat kein großes Budget, erbringt aber große Leistungen"
replizierte Reinhold Lopatka (V) und verwies auf die vielen internationalen Organisationen und Konferenzen im Land,
die Österreich immer wieder "zum Zentrum der Weltpolitik machen". Daher sei es von den Freiheitlichen
kleinlich, den Gewinn schmälern zu wollen, den internationale Amtssitze brächten – in Zahlen seien das
immerhin 500 Mio. € pro Jahr. Und da selbst in der EU noch viele Angelegenheiten auf nationalstaatlicher Ebene
geregelt würden, seien Botschaftsschließungen im Unionsraum kein Thema, betonte Lopatka. Jessi Lintl
(T) sprach sich ebenso gegen weitere Schließungen von Botschaften aus, die in ihren Augen auch nicht durch
Honorarkonsulate ersetzt werden können.
Von Josef Cap (S) nach der Perspektive des österreichischen Vertretungsnetzes im Ausland gefragt, verwies
Außenminister Sebastian Kurz zunächst auf das Bemühen seines Ressorts, trotz Sparzwangs das beste
Service für österreichische BürgerInnen und Unternehmen im Ausland anzubieten. Konkret zur Verteilung
der Botschaften sagte Kurz, das Außenamt überprüfe ständig, in welchen Ländern der Erde
Botschaften den heimischen Interessen am besten entgegenkommen, wobei Osteuropa und Westbalkan etwa wichtige Regionen
seien.
Im Zusammenhang mit dem EZA-Budget verdeutlichte Kurz sein Bedauern über die Einschnitte im kommenden Jahr.
Dennoch erwartet er, dass die Mittel für Projekte der Entwicklungszusammenarbeit durch Beiträge anderer
Ministerien und internationaler Finanzinstitutionen auch 2015 den veranschlagten Betrag insgesamt übersteigen.
Schließlich habe die Austrian Development Agency auch für dieses Jahr einen höheren Betrag im EZA-Budget
prognostiziert, informierte der Außenminister.
An Alev Korun (G) gerichtet, unterstrich Kurz, die Budgetmittel für den Integrationsbereich blieben gleich
hoch wie im Vorjahr. Aus dem Bundesvoranschlag des Außenministeriums gehe die genaue Summe nur deswegen nicht
hervor, weil ein gewisser Teil der Integrationsagenden im Innenressort verblieben sei. Korun hatte beanstandet,
dass dem Budgetvorschlag zufolge das Integrationsbudget 2014 um mehr als ein Drittel gekürzt werde. Insgesamt
bezweifelte die Grünen-Mandatarin, dass im Außenressort der Wille besteht, Integration in Österreich
tatsächlich zu erleichtern. Claudia Durchschlag (V) verteidigte dagegen die Überführung des Integrationsbereichs
vom Innen- ins Außenministerium. Damit könnten Einwanderungswilligen bereits in ihrem Heimatland bei
der Integration in Österreich unterstützt werden, hierzulange bildeten Sprachkurse eine gute Basis für
MigrantInnen. Nachholbedarf ortete Durchschlag ungeachtet dessen bei Nostrifikationsverfahren; diese seien zu beschleunigen,
um raschere Eingliederung in den hiesigen Arbeitsmarkt zu ermöglichen, hielt sie fest.
EZA-Kürzungen stoßen parteiübergreifend auf Unmut
Mit den Kürzungen bei der Entwicklungszusammenarbeit werde an der falschen Stelle gespart, kritisierten wiederum
Tanja Windbüchler-Souschill (G) und Jessi Lintl (T). Besonders Windbüchler-Souschill monierte, Kurz mangle
es an Entscheidungskraft für richtige außen- und entwicklungspolitische Prioritätensetzung, da
er den Schnitt von 17 Mio. € am Budget für bilaterale EZA 2015 nicht verhindert habe. Auf Grund der Mittelkürzung
würden bedeutende Projekte mit Partnerländern unmöglich, warnte die Grünen-Mandatarin, darüber
hinaus würden Beiträge für multilaterale Entwicklungsprogramme, etwa durch die UNICEF, schon heuer
reduziert und der Auslandskatastrophenfonds erhalte erneut keine Aufstockung. Lintl wertete es schlicht als "peinlich",
dass Österreich immer noch nicht das 0,7%-Ziel der UNO für EZA erreicht hat. Es werde durch die EZA-Kürzungen
in Bereichen gespart, die "für eine erfolgreiche Außenpolitik wichtig sind", konstatierte
sie. Beispielsweise um Flüchtlingen den Verbleib in ihren Heimatländern zu ermöglichen, sei mehr
Unterstützung notwendig. Franz-Joseph Huainigg (V) erinnerte daraufhin an die Gesamtverantwortung der Regierung,
die Kohärenz der Entwicklungszusammenarbeit zu stärken. Das Außenministerium trage nicht alleine
zur EZA bei. Die EZA-Kürzungen 2015 seien wohl schmerzhaft, räumte Huainigg ein, er vertraute aber darauf,
dass wie schon in den Vorjahren der Vollzug ein besseres Ergebnis bringen wird als im Budgetentwurf veranschlagt.
Sobald Österreich ein strukturelles Null-Defizit erreicht hat, sei jedenfalls ein gesetzlicher Stufenplan
zur EZA-Erhöhung umzusetzen, so der EZA-Sprecher der Volkspartei.
Christine Muttonen (S) war ebenfalls betrübt über die voraussichtlichen Sparmaßnahmen, insbesondere
bei der Flüchtlingshilfe. Grundsätzlich sollten ihrer Meinung nach Afrika sowie der Nahe Osten im Fokus
der österreichischen Außenpolitik stehen. Gerade angesichts des Sparzwangs, dem das Außenamt eben
auch unterliege, seien die Mittel zielgerichtet einzusetzen, um Österreichs Interessen weltweit sicherzustellen,
resümierte die SPÖ-Abgeordnete. Ihr Parteikollege Josef Cap ergänzte, Österreich müsse
eine EZA-Steigerung in Phasen anstreben. Noch deutlicher wurde Petra Bayr, die ihrer Hoffnung Ausdruck verlieh,
dass es bis zum Ende der Budget-Plenardebatten Verbesserungen in diesem Bereich geben werde. Sie wollte auch nicht
auf ein strukturell ausgeglichenes Budget warten, um einen zwischen den Ressorts und dem Parlament abgestimmten
EZA-Stufenplan zu erstellen, denn die Arbeit dafür müsse sofort beginnen. Weiters bezog Bayr für
eine Höherdotierung des Auslandskatastrophenfonds Position; wie notwendig dies sei, zeige gerade die Flutkatastrophe
am Balkan. Dem Abgeordneten Christoph Hagen richtete die SPÖ-Mandatarin aus, immer noch entscheide die OECD,
ob bestimmten Ländern auf Grund von Menschenrechtsverletzungen ein Schuldenschnitt verwehrt wird. Hagen brachte
in der Debatte einen Entschließungsantrag ein, um die Durchführung des geplanten Schuldenschnitts für
den Sudan zu verhindern. Als Erklärung seines Vorstoßes schilderte er den Fall einer wegen ihrer Religion
zum Tode verurteilten christlichen Sudanesin. Das Eintreten zum Schutz religiöser Minderheiten ist auch für
Andreas Karlsböck (F) ein essentieller Bestandteil der österreichischen Außenpolitik, denn Religionsfreiheit
trage maßgeblich zur nationalen Sicherheit bei. Vor allem Christinnen und Christen seien weltweit oft von
Verfolgung bedroht, zeigte sich der FPÖ-Mandatar erschüttert und verlangte, auch in Österreich das
Anbringen von Kruzifixen im öffentlichen Raum nicht in Frage zu stellen.
Lob erntete Kurz für seine außenpolitische Arbeit in weiterer Folge von Gisela Wurm (S), Elisabeth Pfurtscheller
(V), Anton Heinzl (S) und Franz Kirchgatterer (S). Besonders das Auftreten des Außenministers für Menschenrechte
in internationalen Organisationen und im Europarat fand Zuspruch bei ihnen. Heinzl verband die derzeitige außenpolitische
Strategie sogar mit der "stolzen außenpolitischen Tradition" Österreichs, auf der Grundlage
von Dialog Frieden zu schaffen und zu sichern. Kirchgatterer rundete seinen Redebeitrag mit einem SPÖ-ÖVP-Entschließungsantrag
ab, in dem die Regierung zur weiteren Unterstützung der humanitären Hilfe für die Opfer der aktuellen
Hochwasserkatastrophe in den Balkanländern aufgerufen wird. Kurz hatte eingangs von der 1 Mio. €-Flutopferhilfe
Österreichs aus dem Auslandskatastrophenfonds berichtet.
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