Das Licht braucht mehr Bass

 

erstellt am
21. 05. 14
11.30 MEZ

Wien (tu) - Ganz neue Möglichkeiten, ultrakurze Laserpulse zu formen bringt eine Technologie der TU Wien: Ein „optischer Synthesizer“ ermöglicht hundertmal stärkere Lichtblitze als herkömmliche Methoden. Sie bringen Licht in die Welt der Atome und Moleküle: Ultrakurze Lichtpulse werden benötigt, um extrem schnell ablaufenden Quantenphänomene studieren zu können. Seit Jahren wird daran gearbeitet, die Form dieser Lichtwellen gezielt anzupassen, etwa um die Bahn von Elektronen genau zu steuern. An der TU Wien wurde nun in Zusammenarbeit mit dem Imperial College London und dem Max-Born-Institut Berlin eine ganz neue und außerordentlich mächtige Methode entwickelt, die Laser-Wellenform zu beeinflussen. Ähnlich wie der charakteristische Klang von Musikinstrumenten entsteht, indem man verschiedene Frequenzen gleichzeitig zum Klingen bringt, kombiniert man nun verschiedene Licht-Frequenzen zu einer genau passenden Wellenform. Der Trick liegt im Hinzufügen eines langwelligen Anteils – also dem, was in der Musik der Basston wäre.

Lichtpulse machen noch kürzere Lichtpulse
Ein Milliardstel einer Milliardstelsekunde ist eine Attosekunde. Auf diese unvorstellbar kurze Zeitskala muss man sich begeben, um etwa die Bewegung von Elektronen im Atom zu untersuchen. „Lichtpulse im Attosekunden-Bereich kann man erzeugen, indem man zunächst von tausendfach längeren Laserpulsen ausgeht und sie auf ein Atom abfeuert“, erklärt Stefan Haessler, Wissenschaftler am Institut für Photonik der TU Wien. Der Laserpuls entreißt dem Atom ein Elektron und treib es zunächst vom Atom fort. Doch nach kurzer Zeit wird das Elektron vom oszillierenden elektrischen Feld des Lasers abgebremst und schließlich in die entgegengesetzte Richtung beschleunigt, sodass es schließlich zurückkehrt und wieder mit dem Atom kollidiert.

„Ob das Elektron das Atom wieder trifft und mit welcher Wucht das geschieht, hängt von der genauen Form der Laserwelle ab“, sagt Stefan Haessler. Im optimalen Fall hat das Elektron durch ein genau richtig geformtes Laserfeld so viel Energie mitbekommen, dass beim heftigen Zusammenstoß mit dem Atom dann ein hochenergetischer, noch viel kürzerer Laserpuls ausgesandt wird – ein Attosekundenpuls, mit einer Frequenz im Ultraviolett- bis Röntgenbereich.

Eine Symphonie aus Laserpulsen

Am besten gelingt das,wenn man bei der Herstellung des ersten, längeren Laserpulses verschiedene Wellen unterschiedlicher Wellenlänge zusammenfügt, sodass nicht bloß eine Sinus-förmige Oszillation entsteht, sondern eine kompliziertere, sägezahnartige Form. Ähnliches kennt man aus der Akustik: Unterschiedliche Klangfarben werden erzeugt, indem man Wellen unterschiedlicher Frequenz überlagert.

Schon bisher gab es Versuche, die Form der Laserwelle zu beeinflussen. Man verdoppelte die Frequenz des Laserpulses und kombinierte die ursprüngliche Welle mit der Welle doppelter Frequenz. Doch die Möglichkeiten, die sich aus dieser Frequenzverdopplung ergeben, sind beschränkt. An der TU Wien ging man in die andere Richtung: Man verwendet nicht bloß eine zusätzliche Welle mit höherer Frequenz, sondern auch eine Welle mit niedriger Frequenz – man fügt dem Laserpuls also in gewissem Sinn einen „optischen Basston“ hinzu – und das erweitert die Möglichkeiten für das Formen des Laserpulses ganz gewaltig.

„Wir können nun drei verschiedene Frequenzen in Intensität und Phasenbeziehung aufeinander abstimmen“, sagt Stefan Haessler, „damit kommen wir der theoretisch berechneten ‚perfekten Welle‘ schon ziemlich nahe.“ Mit den neu geformten Laserpulsen kann den Atomen sehr effizient ein Elektron entrissen werden, das dann viel Energie erhält – so konnte eine hundertfach stärkere Strahlung an Attosekunden-Pulsen erzeugt werden, als man mit herkömmlichen Sinus-Wellen herstellen könnte.

Auch viele andere Laser-getriebene Effekte können auf diese Weise optimiert werden, ist Stefan Haessler überzeugt: Nicht nur Atome, sondern auch Moleküle, Plasmen oder Festkörper könnte man mit maßgeschneiderten Laserpulsen beschießen und ganz unterschiedliche Effekte damit auslösen. Die Methode ist nun im Prinzip erweiterbar: Nachdem man jetzt weiß, wie man dem Laserpuls niedrigere Frequenzen hinzufügen kann, spricht nichts dagegen, noch weitere Frequenzen dazuzunehmen. Je mehr Frequenzen man kombiniert, umso vielfältiger werden die Möglichkeiten – ähnlich die die Möglichkeiten, die ein Komponist vorfindet, wenn er nicht mehr bloß für Flöte, sondern für ein ganzes Orchester komponiert.

 

 

 

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