EZB veröffentlicht Konvergenzbericht 2014

 

erstellt am
05. 06. 14
11.30 MEZ

Frankfurt (ezb) - Die Europäische Zentralbank (EZB) veröffentlichte am 04.06. heute ihren Konvergenzbericht 2014, in dem die Fortschritte von acht Mitgliedstaaten der Europäischen Union bei der Erfüllung ihrer Verpflichtungen hinsichtlich der Verwirklichung der Wirtschafts- und Währungsunion beurteilt werden.

Im Mittelpunkt des Berichts stehen Bulgarien, die Tschechische Republik, Kroatien (das erstmalig beurteilt wird), Litauen, Ungarn, Polen, Rumänien und Schweden. Dabei wird geprüft, ob ein hohes Maß an dauerhafter Konvergenz in diesen Ländern erreicht ist (wirtschaftliche Konvergenz) und die rechtlichen Anforderungen eingehalten werden, die erfüllt sein müssen, damit die entsprechenden nationalen Zentralbanken (NZBen) integraler Bestandteil des Eurosystems werden können (rechtliche Konvergenz). Bei der Prüfung der Dauerhaftigkeit der Konvergenz werden auch das neue verbesserte Regelwerk zur wirtschaftspolitischen Steuerung der EU sowie die Solidität des institutionellen Umfelds im jeweiligen Land (auch im Bereich der Statistik) angemessen berücksichtigt.

Litauen wird im aktuellen Bericht einer etwas eingehenderen Prüfung unterzogen als die übrigen Länder. Grund hierfür ist, dass die litauischen Behörden die Absicht ihres Landes bekundet haben, den Euro zum 1. Januar 2015 einführen zu wollen.

Im Konvergenzbericht 2014 werden folgende Ergebnisse vorgestellt:

Preisstabilität
Im zwölfmonatigen Referenzzeitraum von Mai 2013 bis April 2014 war die Inflation in der EU moderat. Dies ist hauptsächlich auf einen niedrigen Druck seitens der Energie- und Nahrungsmittelpreise sowie eine anhaltend schwache Konjunktur in den meisten Ländern zurückzuführen. Der Referenzwert für das Kriterium der Preisstabilität betrug 1,7 %. Er wurde berechnet, indem zum ungewichteten arithmetischen Mittel der in diesem Zeitraum gemessenen HVPI-Inflationsraten von Lettland (0,1%), Portugal (0,3 %) und Irland (0,3 %) 1,5 Prozentpunkte addiert wurden. Die HVPI-Inflationsraten von Griechenland, Bulgarien und Zypern wurden bei der Berechnung des Referenzwertes nicht berücksichtigt, da die Preisentwicklung in diesen drei Mitgliedstaaten als Ausnahme betrachtet wurde.

Im Referenzzeitraum lag der Zwölfmonatsdurchschnitt der Inflationsrate in Rumänien über dem Referenzwert, in den anderen sieben Ländern, die Gegenstand dieses Berichts sind, aber deutlich unter dem Referenzwert.

Öffentliche Finanzen
Was die fiskalpolitischen Kriterien in den untersuchten Ländern betrifft, so liegt zum Berichtszeitpunkt gegen die Tschechische Republik, Kroatien und Polen ein Beschluss des Rates der EU über das Bestehen eines übermäßigen Defizits vor. Im Jahr 2013 wiesen mit Ausnahme Kroatiens und Polens alle untersuchten Länder ein Haushaltsdefizit unterhalb des Referenzwerts von 3 % des BIP aus. Die öffentliche Schuldenquote lag in allen betrachteten Ländern unter dem Referenzwert von 60 %, ausgenommen in Kroatien und Ungarn.

Wechselkurs
Von den in diesem Bericht untersuchten Ländern ist Litauen das einzige, das am Wechselkursmechanismus (WKM II) teilnimmt. Der litauische Litas hat vor der Konvergenzprüfung seit mehr als zwei Jahren am WKM II teilgenommen, und sein Leitkurs wurde im Berichtszeitraum nicht abgewertet.

Langfristiger Zinssatz
Im zwölfmonatigen Referenzzeitraum von Mai 2013 bis April 2014 betrug der Referenzwert für den langfristigen Zinssatz 6,2 %. Der Referenzwert wurde berechnet, indem zum ungewichteten arithmetischen Mittel der langfristigen Zinssätze der drei Mitgliedstaaten, die auf dem Gebiet der Preisstabilität das beste Ergebnis erzielt haben, 2 Prozentpunkte addiert wurden. Herangezogen wurden somit die Zinssätze von Lettland (3,3 %), Irland (3,5 %) und Portugal (5,8%).

In allen untersuchten Ländern lagen die langfristigen Zinsen im Referenzzeitraum unter dem Referenzwert, wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß.

Rechtliche Konvergenz
Litauen ist das einzige Land, dessen Gesetzgebung alle Anforderungen hjnsichtlich der Einführung des Euro gemäß den Verträgen und der Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken und der EZB erfüllt. In keinem der anderen sieben untersuchten Länder wird der Rechtsrahmen allen Anforderungen bezüglich der Einführung des Euro gerecht. In diesen sieben Ländern bestehen Unvereinbarkeiten fort, was die Unabhängigkeit ihrer Zentralbanken anbelangt. Dies trifft insbesondere auf die institutionelle und finanzielle Unabhängigkeit der Zentralbanken und auf die persönliche Unabhängigkeit zu. Darüber hinaus erfüllt keines der untersuchten Länder – mit Ausnahme Litauens und Kroatiens – die Anforderungen im Zusammenhang mit dem Verbot der monetären Finanzierung und der rechtlichen Integration der jeweiligen Zentralbank in das Eurosystem.

Litauen

Im Referenzzeitraum betrug der Zwölfmonatsdurchschnitt der am HVPI gemessenen Inflationsrate in Litauen 0,6 % und lag somit deutlich unterhalb des Referenzwerts für das Preisstabilitätskriterium. Die aktuell niedrige Inflationsrate in Litauen ist hauptsächlich auf temporäre Faktoren zurückzuführen, unter anderem auf weltweit rückläufige Rohstoffpreise und den damit verbundenen geringeren Anstieg bei Energiepreisen und administrierten Preisen. Was die Zukunft angeht, so wird es mittelfristig eine Herausforderung sein, die Teuerungsraten in Litauen nachhaltig niedrig zu halten, da es nicht einfach sein dürfte, den inländischen Preisdruck zu kontrollieren und eine wirtschaftliche Überhitzung in einem Umfeld fester Wechselkurse zu vermeiden. Der Aufholprozess dürfte den Inflationsunterschied zwischen Litauen und dem Eurogebiet mittelfristig verstärken, da das Pro-Kopf-BIP und das Preisniveau in Litauen nach wie vor niedriger sind als im Euroraum. Es bestehen deshalb insgesamt Bedenken hinsichtlich der Nachhaltigkeit der Inflationskonvergenz in Litauen.

Es liegt kein Beschluss des Rates vor, wonach in Litauen ein übermäßiges Defizit besteht. Im Referenzjahr 2013 belief sich das Haushaltsdefizit auf 2,1 % des BIP und blieb damit unter dem Referenzwert von 3 % des BIP. Die öffentliche Schuldenquote betrug 39,4 % und lag somit deutlich unter dem Referenzwert von 60 %.

Vor der Konvergenzprüfung hat der litauische Litas über zwei Jahre am WKM II teilgenommen. Litauen trat dem Wechselkursmechanismus mit seiner bisherigen Currency-Board-Regelung im Rahmen einer einseitigen Bindung bei. Der litauische Litas war während des gesamten Berichtszeitraums stabil, zeigte keine Abweichung von seinem Leitkurs gegenüber dem Euro, und der Leitkurs wurde gegenüber dem Euro auch nicht abgewertet.

Die langfristigen Zinsen lagen im Referenzzeitraum bei durchschnittlich 3,6 % und damit deutlich unterhalb des Referenzwerts für das Zinskriterium von 6,2 %.

Um in Litauen ein der nachhaltigen Konvergenz förderliches Umfeld zu schaffen, bedarf es unter anderem der Durchführung einer auf die Gewährleistung dauerhafter gesamtwirtschaftlicher Stabilität – einschließlich Preisstabilität – ausgerichteten Wirtschaftspolitik. Was makroökonomische Ungleichgewichte anbelangt, so wählte die Europäische Kommission in ihrem Warnmechanismus-Bericht 2014 das Land nicht für eine eingehende Überprüfung aus. Angesichts des durch die fehlende nominale Wechselkursflexibilität begrenzten Handlungsspielraums sind auch andere Politikbereiche gefordert, die Volkswirtschaft mit den notwendigen Mitteln auszustatten, um länderspezifische Schocks bewältigen und so ein Wiederauftreten gesamtwirtschaftlicher Ungleichgewichte verhindern zu können.

Wie bereits erwähnt, ist das litauische Recht mit den Verträgen und der ESZB-Satzung vereinbar.

Mit der Vorlage dieses Berichts erfüllt die EZB die Vorgaben von Artikel 140 des Vertrags, wonach sie dem Rat der EU mindestens einmal alle zwei Jahre oder auf Antrag eines EU-Mitgliedstaats, für den eine Ausnahmeregelung gilt, zu berichten hat, „inwieweit die Mitgliedstaaten, für die eine Ausnahmeregelung gilt, bei der Verwirklichung der Wirtschafts- und Währungsunion ihren Verpflichtungen bereits nachgekommen sind“.

Derzeit nehmen zehn Mitgliedstaaten der EU nicht voll an der Wirtschafts- und Währungsunion (WWU) teil. Zwei dieser Länder, nämlich Dänemark und das Vereinigte Königreich, haben im Einklang mit den Bedingungen der entsprechenden Protokolle, die dem Vertrag beigefügt sind, einen Sonderstatus. Infolgedessen müssen für diese beiden Länder Konvergenzberichte nur auf deren Antrag vorgelegt werden.

 

 

 

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