Verbesserung der Qualitätssicherung bei grenzübergreifenden Studien in Aussicht
Wien (pk) – Studierende sollen ab 2015 ihre ÖH-Vertretungen wieder bundesweit direkt wählen können.
Das sieht der Entwurf für das neue HochschülerInnenschaftsgesetz vor, den der Wissenschaftsausschuss
des Nationalrats am 05.06. mehrheitlich verabschiedete. Das Wahlrecht wird dabei auf StudentInnen aller höheren
Bildungseinrichtungen, also auch von Fachhochschulen oder Pädagogische Hochschulen, ausgeweitet. Zudem können
Studierende aus Nicht-EU-Staaten ebenfalls für die Wahl kandidieren. Die Registrierungsbestimmung für
ausländische Studienanbieter in Österreich wird in der Regierungsvorlage geändert, wobei eine mehrheitlich
angenommene Ausschussfeststellung die Notwendigkeit weiterer Schritte der Qualitätsverbesserung bei grenzüberschreitenden
Studien festhält. Anträge der Grünen zur Regierungsvorlage blieben in der Minderheit.
Ein Entschließungsantrag der FPÖ auf mehr Mittel für die Grundlagenforschung wurden in weiterer
Folge ebenso vertagt wie die NEOS-Forderung nach Maßnahmen gegen die Akademikerflucht aus Österreich.
Auf mehrheitliche Ablehnung stieß ein Antrag der Freiheitlichen, die Leistungsvereinbarungen zwischen Wissenschaftsministerium
und Universitäten auf fünf Jahre auszudehnen.
Bei der Ausschussdebatte über eine Bürgerinitiative gegen zusätzlichen Studienbeschränkungen
traten vor allem die unterschiedlichen Einstellungen der Koalitionsparteien zum freien Hochschulzugang zutage.
Während die SPÖ klar für den Erhalt der freien Studienentscheidung plädierte, mahnte die ÖVP
angesichts begrenzter Ressourcen Studienobergrenzen, besonders bei Massenstudien, ein. Letztendlich einigten sich
die Regierungsfraktionen auf die Vertagung der Initiative, unter anderem, um die Evaluierung der Studienfinanzierung
als Grundlage für weitere Maßnahmen abzuwarten.
Mitterlehner: ÖH-Gesetz soll Studierendenvertretung stärken
Die Bewertung des Regierungsvorschlags zum neuen Hochschülerinnen- und Hochschülerschaftsgesetz (HSG)
durch die sechs Fraktionen fiel im Wissenschaftsausschuss sehr unterschiedlich aus. Einig waren sich Regierungsparteien
und Opposition nur darüber, es sei ein demokratiepolitischer Fortschritt, dass die ÖH-Bundesvertretung
wieder direkt gewählt werden soll. Derzeit setzt sich ja die Bundes-ÖH aus den stärksten Fraktionen
der jeweiligen Universitäts- und Hochschulvertretungen zusammen.
Kritik kam aber von den Grünen, die Vorlage sehe eine unnötige Ausweitung der Kontrolle durch das Ministerium
gegenüber der ÖH vor, das Team Stronach beanstandete die automatische ÖH-Mitgliedschaft von Privatunis
und die FPÖ bezweifelte die verfassungsmäßige Legitimität einer Kandidatur von Drittstaatenangehörigen
bei ÖH-Wahlen an nicht öffentlichen Universitäten. Wissenschaftsminister Reinhold Mitterlehner wies
sämtliche Vorhaltungen dezidiert zurück, immerhin sei der Gesetzesentwurf mit allen StudierendenvertreterInnen
akkordiert worden. Überdies betreffe die geplante Ausweitung der Aufsichtsrechte seines Ressorts vorrangig
das wirtschaftliche Gebaren der ÖH. Politische Intentionen seien damit in keiner Weise verbunden, replizierte
er in Richtung Grüne. Deren Wissenschaftssprecherin Sigrid Mauer bezog mit einem Abänderungsantrag gegen
eine Ausweitung der bestehenden Kontrollrechte Position; ihrer Meinung nach könne dies zur politisch motivierten
Amtsenthebungen von ÖH-Vorsitzenden genutzt werden. Der Antrag fand jedoch bei den anderen Parteien keine
Zustimmung und wurde somit abgelehnt. Asdin El Habbassi (V) und Andrea Kuntzl (S) begrüßten wiederum
namens ihrer Fraktionen den Gesetzesvorschlag ausdrücklich, wobei die SPÖ-Mandatarin dafür eintrat,
im ausgeweiteten Kontrollrecht des Ministeriums nicht gleich einen Anschlag auf die Entscheidungsfreiheit der ÖH
zu sehen.
Mit dem Gesetzesentwurf werde im gesamten Hochschulbereich eine homogene und somit gestärkte Studierendenvertretung
geschaffen, unterstrich Wissenschaftsminister Mitterlehner. Man komme damit auch dem ausdrücklichen Wunsch
der Privatunis nach, richtete er Rouven Ertlschweiger (T) aus. Dieser monierte speziell, ungeachtet vieler positiver
Aspekte des Entwurfs würden Privatunis zukünftig darin zur Mitgliedschaft bei der ÖH gezwungen,
wodurch sie im internationalen Wettbewerb Nachteile hätten. Im Detail geht aus dem Gesetzesentwurf hervor,
dass erstmals Studierende der verschiedenen Einrichtungen für höhere Bildung, also Universitäten,
Fachhochschulen, Privatuniversitäten, Pädagogische Hochschulen sowie der Universität für Weiterbildung
Krems, einheitliche Vertretungsstrukturen in Form einer Hochschülerinnen- und Hochschülerschaft (ÖH)
erhalten. Geplant ist, ÖHs an allen Bildungseinrichtungen mit über 1.000 Studierenden als Körperschaften
öffentlichen Rechts zu schaffen, bei kleineren Bildungseinrichtungen würde die Bundesvertretung deren
rechtsgeschäftliche Vertretung übernehmen. Das Aufsichtsrecht über die ÖH durch das Wissenschaftsministerium
wird laut Vorlage gestärkt, wobei die ÖH-Kontrollkommission Beiratsfunktion haben soll.
Weiters sieht die Vorlage eine Begrenzung der ÖH-Bundesvertretung auf 55 Mitglieder vor. Zentral sei im Vorschlag
aber die Direktwahl der Vertretungsmitglieder, hob Mitterlehner hervor. Die Studierenden könnten sich folglich
besser mit den KandidatInnen identifizieren, so der Minister, der daraus nicht zuletzt eine höhere Wahlbeteiligung
ableitete. Um der traditionell geringen Wahlbeteiligung bei ÖH-Wahlen beizukommen, will die Regierung die
Stimmabgabe zudem per Briefwahl ermöglichen. Gerade dieser Punkt missfiel den Freiheitlichen, die bei postalischer
Stimmabgabe ein Umgehen der Grundsätze für eine geheime, freie und persönliche Wahl befürchteten,
wie Axel Kassegger (F) präzisierte. Bundesminister Mitterlehner hielt dem entgegen, Briefwahlen seien bei
zahlreichen Körperschaften, wie etwa dem Nationalrat oder der Abeiterkammer, bereits Normalität, ohne
dass hier derartige Bedenken laut würden.
NEOS-Wissenschaftssprecher Nikolaus Scherak lobte an der Regierungsvorlage, darin werde zukünftige allen Studierenden,
unabhängig von ihrer Herkunft, das ÖH-Wahlrecht zugestanden. Die Vermutung der FPÖ-Abgeordneten
Andreas Karlsböck, Gerhard Deimek und Petra Steger, das passive Wahlrecht von Drittstaatenangehörigen
könne zumindest bei Wahlen an Privatuniversitäten dem Staatsgrundgesetz zuwiderlaufen, widersprach Mitterlehner
entschieden. Weil Studierende kein öffentliches Amt bekleiden, sei in diesem Zusammenhang deren Staatsbürgerschaft
kein Problem.
Eine breite Debatte entspann sich um eine Änderung im Hochschul-Qualitätsgesetz zur Registrierungsverpflichtung
ausländischer Studienanbieter, die mit der Regierungsvorlage ebenfalls Fuß fassen soll. Bundesminister
Mitterlehner stellte fest, oftmals sei die obligatorische Registrierung von grenzüberschreitenden Studien
in Österreich als Qualitätsgütesigel missbraucht worden, daher müsse die Bestimmung neu formuliert
werden. Überlegungen dazu liefen gerade, ergänzte Karlheinz Töchterle (V). Mit den Stimmen von SPÖ,
ÖVP und FPÖ wurde in einer Ausschussfeststellung das Anliegen deponiert, die Neugestaltung der Registrierungsregelung
unter Einbeziehung der Qualitätssicherungsagentur AQ Austria, der Hochschulen sowie Interessenvertretungen
zu nutzen, um betroffene Studienangebote qualitativ weiterzuentwickeln.
Vor einer völligen Streichung des Registrierungsverfahrens warnten demgegenüber die Grünen. Einer
Qualitätsminderung bei grenzübergreifenden Studien würde dadurch Vorschub geleistet, so ihr Tenor.
Sigrid Maurers (G) Abänderungsantrag zur Registrierungsbestimmung fand aber nur Unterstützung bei den
NEOS, für ihren Entschließungsantrag auf eine Novelle zur Qualitätssicherung ausländischer
Studien stimmten neben den Grünen lediglich FPÖ und NEOS. Beide Vorstöße blieben also in der
Minderheit. Nikolaus Scherak (N) führte dabei die bislang ungeklärte Registrierungsfrage als Grund für
die NEOS-Ablehnung des gesamten Regierungsvorschlags im Ausschuss an, er behielt sich indes eine Zustimmung seiner
Fraktion im Nationalratsplenum vor. Mit den Stimmen von SPÖ und ÖVP machte der Ausschuss die Vorlage
für das neue ÖH-Gesetz trotzdem mehrheitlich plenumsreif.
FPÖ: Wissenschaft muss langfristig finanzierbar sein
Um den Universitäten mehr Planungssicherheit zu geben, will FPÖ-Abgeordneter Andreas Karlsböck die
Leistungsvereinbarungen zwischen den Hochschulen und dem Bund im Universitätsgesetz künftig auf fünf
Jahre abschließen ( 180/A). Mit einer nachhaltigeren Steuervorgabe würde auch die Finanzierung längerfristig
sichergestellt, gab er im Ausschuss zu bedenken, die Regierungsfraktionen lehnten seinen Antrag dennoch mehrheitlich
ab. Karlheinz Töchterle (V) machte geltend, der bestehende dreijährige Planungszyklus für Universitäten
bewähre sich und werde bereits häufig zur universitären Entwicklungsplanung herangezogen. Denn Leistungsvereinbarungen
würden sich nicht nur auf die Finanzierungsbelange beschränken.
Darüber hinaus forderte Karlsböck mehr Geld für die Grundlagenforschung. Wenn Österreich das
Ziel einer Forschungsquote von 3,76 % bis 2020 erreichen soll, konstatiert der Freiheitliche, müsse dafür
ein jährlich um 5% gesteigertes Budget zur Verfügung gestellt werden ( 448 /A(E)). Angesichts des erst
kürzlich beschlossenen Forschungsbudgets stellte Töchterle hierzu einen Vertagungsantrag, der mit SPÖ-ÖVP-Mehrheit
angenommen wurde. Wissenschaftsminister Reinhold Mitterlehner meinte, tatsächlich gebe es bei der Dotierung
der Grundlagenforschung keine Verschlechterung. Im Gegenteil sei in Bezug auf die Projektvergaben nunmehr eine
Kontinuität der Finanzierung geschaffen worden, sagte er mit Verweis auf die Akademie der Wissenschaften und
den Wissenschaftsfonds.
NEOS: Brain Drain aus Österreich stoppen
Grundsätzlich vom ganzen Ausschuss befürwortet wurde das Anliegen der NEOS, im Sinne des Wissens- und
Wirtschaftsstandorts Österreich die Abwanderung von AkademikerInnen, den sogenannten Brain Drain, hintanzuhalten
und eine qualifizierte Zuwanderung zu gewährleisten( 459/A(E)). Die dafür von Nikolaus Scherak (N) eingeforderten
legistische Vorkehrungen seien allerdings im Regierungsprogramm schon enthalten, gaben Brigitte Jank (V) und Elmar
Mayer (S) zu bedenken. Die Regierungsfraktionen vertagten deshalb auch diesen Oppositionsantrag, bis die dazu anvisierten
Regierungsprojekte greifen, wie sie erklärten.
Bürgerinitiative gegen Studienbeschränkungen
Inwieweit freie Studienwahl in Österreich Zukunft hat, darüber debattierte der Ausschuss, als eine Bürgerinitiative
zum Abbau von Hürden beim Hochschulzugang zur Beratung stand ( 16/BI). Für die Anhebung der niedrigen
Akademikerquote Österreichs seien verbesserte Studienbedingungen aber keine zusätzlichen Zugangsbeschränkungen
notwendig, heißt es in der Initiative. SPÖ und Grüne sahen damit ihre Grundhaltung zu freier Studienentscheidung
bestätigt. So verdeutlichte Katharina Kucharowits (S), es gelte, die geeigneten Rahmenbedingungen zur Beseitigung
von Problemen im Universitätsbetrieb zu schaffen. Zwar bekannte sich auch die FPÖ generell zu einem Hochschulzugang
ohne Beschränkung, Axel Kassegger (F) hinterfragte trotzdem, ob die Fähigkeiten von MaturantInnen wirklich
immer den akademischen Anforderungen entsprechen.
Brigitte Jank (V) machte sich daraufhin für eine intensivere Studieninformation bereits während der Schulzeit
stark, Sigrid Maurer (G) überhaupt für eine komplette Neugestaltung der Studieneingangsphase. Die unbestreitbare
Ressourcenproblematik an Universitäten führte schließlich Karlheinz Töchterle (V) als Begründung
an, weshalb er in überaus nachgefragten Fächern für eine Zugangsobergrenze ist. Eine per Gesetz
vorgegebene völlig freie Studienwahl komme mangels der nötigen Ressourcen einem Betrug der Studierenden
gleich, so der ÖVP-Mandatar. Unter Bedachtnahme des laufenden Projekts der Studienplatzfinanzierung, das noch
evaluiert wird, sprachen sich SPÖ und ÖVP für die Vertagung der Bürgerinitiative aus.
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