Wissenschaftsausschuss debattiert Aussagekraft von Ranglisten
Wien (pk) - Der internationale Vergleich der Universitäten auf Basis von regelmäßig erstellten
Ranglisten war am 05.06. Gegenstand einer kritischen Erörterung im Wissenschaftsausschuss. Die Abgeordneten
setzten sich dabei mit der Frage nach der Aussagekraft von Hochschulrankings und dem richtigen Umgang der Politik
mit deren Ergebnissen auseinander. Den Anstoß für die Debatte gaben Don F. Westerheijen vom Center for
Higher Education Policy Studies (CHEPS) in den Niederlanden und der Leiter des Austrian Institute of Technology
Karl-Heinz Leitner, die grundsätzliche Aussagen über die Substanz der Rankings trafen.
Leitner weist auf methodische Schwächen von Rankings hin
Leitner erinnerte daran, dass es weltweit rund 20 Universitätsrankings gibt, die die Leistungsfähigkeit
auf Basis von 6-30 Indikatoren messen und dabei unterschiedliche Gewichtungen vornehmen, ohne dabei eine Aussage
über die Effizienz der Universitäten zu treffen. So würden traditionell englischsprachige und forschungsorientierte
Universitäten bevorzugt. Die Rankings wirken dabei als Selbstverstärkungsprozess und führen in der
Praxis dazu, dass diejenigen profitieren, die ohnehin schon an der Spitze liegen. Österreich könne sich
den Rankings trotz deren methodischer Schwächen aber nicht entziehen, gab Leitner zu bedenken und empfahl,
die Wertungen als Informationsgrundlage für politische Entscheidungen zu nutzen. Die alleinige Zielgröße
der Wissenschaftspolitik dürften Rankings allerdings nicht sein, mahnte er.
Westerheijden präsentiert U-Multirank mit mehrdimensionalem Ansatz
Westerheijden sah die Schwäche der derzeitigen Rankings vor allem darin, dass sie sich nur auf eine einzige
Dimension beschränken, und präsentierte als Alternative das System des U-Multirank, auf dessen Grundlage
weltweit bereits 879 Universitäten und Hochschulen geprüft werden. Man gehe dabei von einem multidimensionalen
Ansatz aus und stelle auf fünf Kriterien – Studierende und Lehre, Forschung, Wissenschaftstransfer, internationale
Orientierung, regionales Engagement – ab, was wiederum eine Beleuchtung der Stärken und Schwächen der
einzelnen Bildungseinrichtungen erlaube. Geprüft werden die Universitäten überdies in einzelnen
Fachbereichen, auch Fachhochschulen und spezialisierte Hochschulen können an U-Multirank teilnehmen. Die Ergebnisse
des Verfahrens seien ausschließlich im Internet abrufbar.
Mitterlehner will aus den Rankings die richtigen Schlüsse ziehen
Nicht überbewerten, aber darauf reagieren und die richtigen Schlüsse ziehen, lautete die Devise von Bundesminister
Reinhold Mitterlehner, der vor allem auf die unterschiedliche Gewichtung bei den geprüften Indikatoren hinwies.
So würden die meisten Rankings große Universitäten bevorzugen, auch nehme man keine Rücksicht
auf unterschiedliche Rahmenbedingungen. Mitterlehner erinnerte in diesem Zusammenhang an den "Absturz"
der Universität Wien, der allein durch die Ausgliederung der Medizinischen Universität ausgelöst
wurde. Klar war für den Minister jedenfalls, dass sich Österreich den Rankings nicht verschließen
könne. Vielmehr sollten die Ranglisten als Anlass für die Weiterentwicklung im Hochschulsektor und insgesamt
für politische Entscheidungen, wie etwa die Veränderung der Ressourcenströme, gesehen werden. Konkret
leitete Mitterlehner daraus unter anderem den Auftrag ab, die Verbesserung der Betreuungssituation im Rahmen des
Projektes des Studienplatzmanagements weiter voranzutreiben.
Abgeordnete stehen Uni-Rankings distanziert gegenüber
Zu einem nationalen, faktenorientierten Umgang mit den Ergebnissen rief auch SPÖ-Wissenschaftssprecherin Andrea
Kuntzl auf, die sich grundsätzlich kritisch mit den Rankings auseinandersetzte. Publikationen und Forschungsoutput
würden überproportional bewertet, überhaupt liege das Übergewicht im naturwissenschaftlichen
Bereich. Auch würden viele Indikatoren die Finanzkraft einer Hochschule widerspiegeln, während die Lehre
und das Betreuungsverhältnis in den Hintergrund treten. Österreich könne sich den Rankings trotzdem
nicht entziehen, war Kuntzl einer Meinung mit Karlheinz Töchterle (V). Der ÖVP-Wissenschaftssprecher
äußerte Bedenken gegen die Messbarkeit von Universitäten und hielt es grundsätzlich für
fragwürdig, Wissenschaft, Forschung und Lehre zu quantifizieren. Als besonders problematisch wertete er dabei
die Gewichtung von Publikationen.
Gegen eindimensionale Rankings sprach sich auch Axel Kassegger namens der FPÖ aus. Man müsse dabei aufpassen,
dass man nicht Äpfel mit Birnen vergleicht, meinte er und begrüßte ausdrücklich das von Westerheijden
vorgestellte System des U-Multirank. Er erwartete sich davon eine bessere Vergleichbarkeit, dies insbesondere auf
Institutsebene, und schlug darüber hinaus vor, auch die Zielerreichung im Bologna-Prozess als Indikator heranzuziehen.
Klar war Kassegger, dass Rankings nichts über die Relation zwischen Input und Output aussagen können.
Quantitative Daten ermöglichen keine qualitativen Aussagen, stand für Grünen-Wissenschaftssprecherin
Sigrid Maurer fest. Die Rankings würden bloß der Ökonomisierung, nicht aber den Studierenden dienen
und dabei Objektivität suggerieren, die es nicht gibt, fasste sie ihren kritischen Standpunkt in dieser Frage
zusammen. Im Vordergrund der Hochschulpolitik sollte jedenfalls die Verbesserung der Qualität der Lehre und
nicht eine Strategie des besten Umgangs mit den Rankings stehen, mahnte Maurer.
Dass Rankings nicht die qualitative Situation an den Universitäten beschreiben, sondern bloß eine Momentaufnahme
erlauben, lag auch für Rouven Ertlschweiger vom Team Stronach auf der Hand. Entscheidend war für ihn
eine differenzierte Betrachtungsweise, wobei er die Frage in den Raum stellte, ob Österreich überhaupt
mit den internationalen Rankings mitschwimmen müsse oder ob es nicht besser wäre, eigene Wege zu beschreiten.
Auch NEOS-Wissenschaftssprecher Nikolaus Scherak war sich der Schwächen von Rankings bewusst. Die Wertungen
seien allerdings aus dem öffentlichen Diskurs nicht mehr wegzudenken und sollten Anstoß für den
politischen Entscheidungsprozess im Hochschulbereich sein. Tatsache sei jedenfalls, dass Österreichs Universitäten
in allen internationalen Rankings schlecht dastehen.
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