Debatte um Steuerreform 

 

erstellt am
04. 06. 14
11.30 MEZ

 Faymann: Volle Kraftanstrengung für Steuerreform
Fahrplan für Ausarbeitung der Steuerreform steht fest – Diskussion über inhaltliche Unterschiede sachlich führen
Wien (bpd) - "Österreich hat nach den jüngsten Arbeitsmarktdaten mit 4,9 Prozent die niedrigste Arbeitslosenrate in Europa. Darüber hinaus ist ein um 5,2 Prozent gewachsenes Stellenangebot ein positives Signal. Dennoch ist jeder Arbeitslose einer zu viel, denn dahinter steht immer ein Menschenschicksal. Daher werden wir unsere ganze Kraft für eine Steuerreform einsetzen, um die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu entlasten und um ihre Kaufkraft zu steigern. Denn die Stärkung der Kaufkraft ist ein wesentlicher Beitrag zum Wirtschaftswachstum", sagte Bundeskanzler Werner Faymann am 03.06. beim Pressefoyer nach dem Ministerrat.

Eine Arbeitsgruppe werde umgehend eingesetzt und bis zum Ende des Jahres die Eckpunkte ausarbeiten, damit im nächsten Jahr die Steuerreform umgesetzt werden könne. "Wir werden Nägel mit Köpfen machen, damit die Menschen sehen, dass hart gearbeitet wird", so Faymann.

Über den Fahrplan bis zum Sommer 2015 seien sich die Koalitionspartner einig, über die Gegenfinanzierung für eine Steuerentlastung der Arbeitnehmerseite gebe es allerdings noch inhaltliche Auffassungsunterschiede. "Österreich steht bei der Belastung des Faktors Arbeit in Europa an 3. Stelle, bei der Besteuerung des Vermögens an 26. Stelle. Das ist ein Grund, um die Ärmel aufzukrempeln", betonte der Bundeskanzler. "Wir werden, ohne die Unterschiede zu verschweigen, zu diskutieren haben, welche Steuerquellen sinnvollerweise zu nutzen sind, um die Kaufkraft zu steigern und um die Wirtschaft sinnvoll anzukurbeln." Gleichzeitig sei auch zu analysieren, welche Strukturreformen noch möglich seien, die kurz-, mittel- und langfristig budgetwirksam seien. "Wir haben ja schon vieles begonnen und es zeigt sich immer wieder: Wenn man allgemein Effizienzsteigerung fordert, sind alle dafür, wenn man ins Detail geht, wird es schwierig. Oft verursachen gerade auch diese Reformen anfangs erhöhte Kosten", so der Bundeskanzler.

Angesprochen auf eine etwaige neue Immobiliensteuer sagte Faymann: "Wir haben etwa auch in der Wiener Innenstadt in den letzten Jahren enorme Wertsteigerungen bei Zinshäusern beobachten können. Wer aber zahlt dort die Steuern? Die zahlt der kleine Bäcker, und nicht der Immobilienbesitzer der von dieser Wertsteigerung profitiert." Die Heranziehung des Verkehrswertes zur Besteuerung sei daher eine logische Forderung.


 

 Spindelegger: Steuerreform ohne neue Steuern und weitere Schulden
Strukturreformen schaffen Volumen für echte Entlastung – Expertenvorschläge für Vereinfachung des Steuersystems bis Oktober - Entlassung aus EU-Defizitverfahren zeigt: Budgetstruktur weist in richtige Richtung
Wien (övp-pd) - "Eine Steuerreform muss eine echte und nachhaltige Steuerentlastung sein: Ohne neue Steuern und ohne weitere Schulden aufzunehmen", stellt Vizekanzler und Finanzminister Michael Spindelegger nach dem Ministerrat vom 03.06. zu den Auffassungsunterschieden zwischen ÖVP und SPÖ bei der angestrebten Steuerreform klar. Die Steuerquote in Österreich sei hoch, nun geht es darum, in Richtung echter Entlastung der Bürger zu gehen. Michael Spindelegger setzt dabei auf Strukturreformen, die nun umzusetzen sind: "Mit diesen Strukturreformen möchte ich ein Volumen aufstellen, mit dem diese Entlastung möglich ist. Entscheidend ist, dass wir ernsthaft an diese Arbeit herangehen." Im Budget 2015 sei dafür kein entsprechender Spielraum vorgesehen, dieser soll durch neue Maßnahmen wie eine Verschlankung des Staates geschaffen werden. Die Regierung habe sich auf einen Zeitplan für eine Steuerreform geeinigt, der eine Vereinfachung des Steuersystems vorsieht. "Wir erwarten bis Oktober die Ergebnisse unserer Experten, die dann die notwendigen politischen Entscheidung ermöglichen", betont Michael Spindlegger. Bis Dezember soll ein Vorschlag für eine Steuerentlastung entwickelt werden, im März 2015 dann die legistische Arbeit abgeschlossen sein. Dann stehe genügend Zeit für ausführliche Diskussionen in den zuständigen parlamentarischen Ausschüssen zur Verfügung, sagt der Vizekanzler. "Im Juli 2015 können wir im Parlament eine Entscheidung treffen", hält Spindelegger fest.

Zur gestrigen Empfehlung der EU-Kommission, Österreich aus dem Defizitverfahren zu entlassen, hebt Michael Spindelegger hervor: "Wir sind aus dem Defizitverfahren gekommen, weil unsere Budgetstruktur in die richtige Richtung weist." Österreich ist eines jener Länder, das aus dem Defizitverfahren entlassen wurde. Von 28 EU-Staaten befinden sich künftig noch 11 Länder unter Budgetüberwachung. Man habe der EU-Kommission kommuniziert, dass Österreich 2016 ein strukturelles Nulldefizit erreichen wird. "Wir sind auf dem richtigen Weg, weil wir konsolidieren. Aber wir haben uns vorgenommen, nicht nur zu konsolidieren und zu sparen, sondern auch richtig zu investieren", sagt Michael Spindelegger, der unterstreicht: "Ab dem Jahr 2016 werden wir ein nachhaltiges, strukturelles Nulldefizit erreichen."

Der Ministerrat hat heute außerdem ein neues Elektrizitätsabgabegesetz beschlossen, mit dem die bisherige Freigrenze für Anlagen, die erneuerbare Energie erzeugen, von 5.000 auf 25.000 Kilowattstunden jährlich angehoben wird. "Damit ist klar, dass 90 Prozent der in Betrieb befindlichen Photovoltaikanlagen keine Elektrizitätsabgabe leisten müssen. Damit sind wir weiter auf unserem Kurs, erneuerbare Energien und Investitionen in diese zu fördern."


 

Podgorschek: Schwarze Reformbestrebungen sind nicht ernst zu nehmen
ÖVP verhöhnt Österreicher mit Massenaussendung
Wien (fpd) - "Die Worte hör ich wohl, allein mir fehlt der Glaube", kommentiert der freiheitliche Budgetsprecher NAbg. Elmar Podgorschek die Forderungen von Finanzminister Michael Spindelegger nach Reformen in den Bereichen Förderungen, öffentliche Verwaltung und Pensionsantrittsalter. Immerhin sei die ÖVP seit 28 Jahren ununterbrochen in der Bundesregierung vertreten, ohne dass Reformen in diesen Bereichen ernsthaft angegangen wurden. Auch unter der Führung von Spindelegger in den letzten drei Jahren habe sich leider nichts getan. "Eigentlich stellt Spindelegger Forderungen an sich selbst, ist er doch immerhin Vizekanzler und Bundesobmann einer der beiden Regierungsparteien", stellt Podgorschek fest. Eine besondere Verhöhnung der österreichischen Bevölkerung sei es, dass dieselbe inhaltsleere Forderung von immerhin dreizehn verschiedenen Stellen der ÖVP wortident ausgesandt wurde, um von der eigenen Unfähigkeit, endlich die Abgabenlast zu senken, abzulenken.

"Auch sei es äußerst unwahrscheinlich, dass Spindelegger sich mit seinen Reformwünschen gegen seine übermächtigen Landeskaiser durchsetzen werde können. "Ohne Zustimmung von Erwin Pröll und Co. geht in der ÖVP gar nichts. Nachdem diese jedoch nicht an einer Veränderung der Verhältnisse, die ihnen mehr Verantwortung für ihre Landesfinanzen bescheren würde, interessiert sind, sind Spindeleggers Ankündigungen nicht mehr als Theaterdonner", kritisiert Podgorschek. Immerhin sei es erfreulich, dass Spindelegger langjährige freiheitliche Forderungen aufgreife. "Seit Jahren plädieren wir für eine Struktur- und Verwaltungsreform sowie eine Beschränkung der ausufernden Förderungen. Auch die Pensionsproblematik wird von uns Freiheitlichen seit langem thematisiert", stellt Podgorschek fest.

Mit ihrer Politik der bloßen Ankündigungen befinde sich die Volkspartei jedoch bei ihrem Koalitionspartner SPÖ in guter Gesellschaft. Selbst die Forderung nach einer Vermögenssteuer, der einzige Reformvorschlag der SPÖ in letzter Zeit, sei bisher völlig unkonkret gehalten. "Faymann und seine Genossen sollten doch endlich klar darlegen, wie sie sich eine Vermögenssteuer im Detail vorstellen", fordert Podgorschek. Eine Vermögenssteuer, die budgetwirksame Einnahmen brächte, sei nur bei Besteuerung breiter Bevölkerungsschichten denkbar. "Offenbar fehlt den Vorkämpfern der Umverteilung deswegen der Mut, ihre Pläne endlich offen darzulegen" vermutet Podgorschek.

Podgorschek verweist dagegen auf die Möglichkeit einer Abgabensenkung ohne die Gegenfinanzierung neuer Steuern. "Es ist durchaus möglich, dass Budget ausgabenseitig durch eine umfassende Reform des Verwaltungsapparates sowie eine Reduzierung der maßlosen Förderungen zu sanieren und damit den Weg zu einer Abgabensenkung zu ebnen. Allein sowohl ÖVP als auch SPÖ fehlt dazu der Mut und der Wille", schließt Podgorschek.


 

Nachbaur: Willkommen in Absurdistan!
SPÖ plant Umverteilung statt Reformen - ÖVP fällt darauf herein
Wien (str) - Zur Steuerdebatte zwischen SPÖ und ÖVP merkt Team Stronach Klubobfrau Kathrin Nachbaur an: "Willkommen in Absurdistan, der Klassenkampf hat begonnen!" Dabei scheine fast das Motto zu gelten: "Je weniger man leistet, umso begünstigter wird man. Das kann auf Dauer nicht funktionieren." Nachbaur kritisiert, dass von der Regierung nur reiner Populismus gemacht werde. Sie fordert: "Wir wollen eine echte Steuersenkung, nicht nur eine Umschichtung, wo man wieder dem Mittelstand mehr wegnimmt!"

"Die Steuern auf Arbeit sind zu hoch, da sind sich alle einig. Klar sind sie zu hoch, da wir an der Weltspitze liegen", kritisiert Nachbaur. Doch es dürfe nicht gegenfinanziert werden durch kommunistische Umverteilung und durch die Wiedereinführung der Erbschaftsteuer - "die übrigens von einem Roten abgeschafft wurde", erinnert Nachbaur. Peinlich sei, dass die ÖVP auf diesen Trick hereinfällt. "Das hat dann überhaupt nichts mit einer Steuerreform zu tun, die Regierung ordnet nur eine reine Umverteilung an - und wir bleiben voll in der Liga der höchsten Steuersätze", warnt Nachbaur.

"Die SPÖ will nun auch bei Vermögenssteuern an die Spitze. Man sollte sich daran erinnern, dass unter einem roten Bundeskanzler KESt und Stiftungsrecht eingeführt wurden, um Vermögen in unserem Land zu erhalten", so die Team Stronach Klubobfrau. Bei der neuerlichen Umverteilung komme es vielleicht zu einem kurzfristigen Imagegewinn für die SPÖ, "aber nachhaltige Strukturreformen sind damit endgültig begraben", warnt Nachbaur. Außerdem werde es dann nur eine Frage der Zeit sein, "bis jene, die es sich leisten können, auswandern. Jene, die durch ihre Leistung die Gesellschaft tragen."

Als absurd bezeichnet Nachbaur, dass in Österreich bereits ab 60.000 Euro die maximale Steuer gezahlt werden muss. In Deutschland ist die Obergrenze erst bei 250.000 Euro angesiedelt und in der Schweiz für Bundessteuern nahe bei 700.000 Euro. "Zudem lassen SPÖ und ÖVP die kalte Progression bequemerweise wirken - und die Leistungsträger werden bestraft!", so Nachbaur.

 

 

 

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