Schloss Ambras Innsbruck und Kunstraum Innsbruck – 04.06. - 31.08.2014
Innsbruck (schloss ambras) - Schloss Ambras Innsbruck und der Kunstraum Innsbruck geben im Rahmen ihrer
ersten Zusammenarbeit einen umfassenden Einblick in das Werk des belgischen Künstlers Kris Martin. Kris Martin
(1972) stellt in seinen Werken mittels minimaler Eingriffe gefundene Alltagsobjekte in neue Sinnzusammenhänge,
die uns nach Themen wie Leben und Tod, Sein und Endlichkeit und unserer Existenz befragen. Martin bezeichnet sich
selbst jedoch nicht als Konzeptkünstler, da er seinen künstlerischen Impuls aus der intensiven Rezeption
und Auseinandersetzung gewinnt und nicht, einer Konzeptidee folgend, ein Objekt sucht und sich aneignet. So spannt
seine vielfältige Arbeitspraxis einen Bogen zwischen der Historie des gefundenen Objekts und seinem Widerhall
in der Gegenwart, was beide Institutionen - Schloss Ambras Innsbruck mit seinen kunsthistorischen Sammlungen und
den Kunstraum Innsbruck mit seiner Plattform für zeitgenössische Kunst - darin bestätigt, das Werk
von Kris Martin im Dialog auszustellen.
Im Kunstraum Innsbruck zeigt Martin seine neue Werkserie "Lechtaler Impressionen" (2014), bestehend aus
69 schwarz-weißen Buchseiten des von Fritz Honold 1968 unter gleichem Titel veröffentlichten Bildbands.
Kris Martin hat jedes Blatt mit einem einzelnen schwarzen Fingerabdruck verändert. Die individuelle Markierung
entschlüsselt im semiotischen Sinne einen Index, dessen Zeichencharakter aus einer direkten, physischen Beziehung
zwischen Künstler und dem bezeichneten, historischen Bild resultiert. Darauf beziehen sich auch die drei Skulpturen
der sechsteiligen Werkserie "Summit" aus dem Jahr 2009. Die der Romantik entlehnte Vorstellung einer
erhabenen Bergwelt wird in seiner Bildgewaltigkeit miniaturisiert. Kris Martin sensibilisiert unsere Wahrnehmung
mit der Detailgenauigkeit seiner Skulpturen und Interventionen, die eine poetische wie auch lakonische Sicht auf
unsere Welt entwerfen. So ergeht es uns auch mit der Biene, die lebensgroß in Gold gefasst am Rücken
liegend in der Vitrine ruht. Die Werkserie "End-Points" unterstreicht schließlich unser Zeitgefühl
und die daran angeschlossene Endlichkeit unseres Seins.
In der Bacchusgrotte von Schloss Ambras Innsbruck ist Kris Martins Bronzeskulptur "Noah" (2011) zu sehen.
Nach seiner Ausstellung "Festum II" ist dies die zweite Ausstellung von Kris Martin in Zusammenarbeit
mit dem Kunsthistorischen Museum. Die lebensgroße Darstellung eines toten Vögelchens aus dem 19. Jahrhundert
hat er mit einem silbernen Weinkrug versehen. Der biblische Noah sandte einen Vogel nach dem anderen aus der Arche
aus, um herauszufinden, ob die Sintflut vorüber sei. Von Noah heißt es auch: "Er pflanzte als Erster
einen Weinberg. Und da er von dem Wein trank, ward er trunken." Die Bacchusgrotte eröffnet eine weitere
Ebene der Interpretation: Sie bietet Schutz wie eine Arche und war zu ihrer Entstehungszeit Ort geheimnisvoller
Trinkrituale. "Noah" steht aber auch in Beziehung zur Ambraser Kunstkammer: Europäische Fürsten
wie Erzherzog Ferdinand II. waren begeistert von der Idee, die Natur täuschend echt nachzuahmen, was in der
Technik des Naturabgusses seinen augenfälligsten Ausdruck findet.
Wer Kris Martins "Noah" betrachtet, wird sich dazu aufgefordert sehen, über die Vielschichtigkeit
des Rausche(n)s, ob es nun das Wasser der Sintflut hervorruft oder der Wein, der in den Kehlen der Gäste beim
Trinkritual verebbt, genauso nachzudenken wie über die Natur und deren Imitation - ein Thema, das auch die
Ausstellung im Kunstraum Innsbruck bestimmt.
Zur Ausstellung erscheint ein Katalog im Kerber Verlag
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