… unter Anwesenheit von Bunderspräsident Heinz Fischer – Niessl: „Starke Länder und
starke Gemeinden sind der Garant für Bürgernähe und Effizienz“
Oberwart/Eisenstadt (blms) - In Oberwart wurde am 13.06. der tags zuvor begonnene 61. Österreichische
Gemeindetag, das größte kommunalpolitische Ereignis des Jahres, fortgesetzt. Rund 2.000 Gemeindevertreter
aus ganz Österreich hatten bei dieser zweitägigen Veranstaltung über Zukunftsfragen der Gemeinden
beraten und diskutiert. Hochrangige Gastredner am Vormittag des 13.06. waren Bundespräsident Heinz Fischer,
Landeshauptmann Hans Niessl sowie Außenminister Sebastian Kurz. Verwaltungsreformen, Finanzausgleich und
Bürokratieabbau standen inhaltlich im Mittelpunkt der Haupttagung. Landeshauptmann Niessl betonte einmal mehr
die Notwendigkeit zur Stärkung des ländlichen Raumes und sprach sich für einen fairen Finanzausgleich
– die Vorgabe ist, dass jeder Bürger gleich viel wert sein muss – und den Ausbau der Breitbandinfrastruktur
im ländlichen Raum aus. Eine scharfe Absage erteilt der Landeschef Liberalisierungs- bestrebungen bei der
Daseinsvorsorge: „Müllentsorgung, Wasser als öffentliches Gut oder auch weitere Infrastruktureinrichtungen,
zum Beispiel die Kanalisation, werden zur Gänze oder zum Teil von den Gemeinden verwaltet. Ich sage hier ganz
klar: Qualitätssicherung in diesen Bereichen wird nur gelingen, wenn eben diese Bereiche in der öffentlichen
Hand bleiben.“
Der Gemeindetag findet jedes Jahr in einem anderen Bundesland statt, heuer waren die heimischen Kommunalpolitiker
in der burgenländischen Messestadt Oberwart zu Gast.
Die burgenländische Kommunalpolitik und die Bürgermeister des Landes hätten mit ihren Leistungen
entscheidend zum Aufstieg des Burgenlandes vom ehemaligen, durch seine Lage entlang des Eisernen Vorhanges benachteiligten,
wirtschaftlichen Nachzügler zur aufstrebenden Herzregion in Europa beigetragen, betonte Landeshauptmann Hans
Niessl in seiner Begrüßungsrede: „Die Kommunalpolitik und die Bürgermeister haben zu dieser erfolgreichen
Entwicklung nicht nur im Burgenland, sondern in der gesamten Republik Österreich große Beiträge
geleistet.“ Daran könne man ermessen, wie wichtig auch in Zukunft die Stärkung des ländlichen Raumes
sei, das gelte umso mehr, weil „die Anforderungen an die Gemeinden in den letzten Jahren immer mehr geworden sind“,
so der Landeshauptmann. So hätten die Gemeinden viel zum Ausbau des Gesundheits- und Sozialwesens beigetragen,
seien heute eine wesentliche Säule im Schul- und Bildungswesen und würden auch sehr viel für den
Ausbau der kommunalen Infrastruktur, für die elementare Daseinsvorsorge leisten – mit der Konsequenz, dass
„ohne diese Leistungen der Gemeinden nicht dieses hohe Maß an Lebensqualität in unserem Land vorhanden
wäre.“
Bundespräsident Heinz Fischer, der in seiner Amtszeit jeden Gemeindetag besucht hat, nahm in seiner Rede Bezug
auf das Motto „Gemeinden öffnen Grenzen“ des Gemeindetages und auf den noch gar nicht so lange zurückliegenden
Fall des Eisernen Vorhanges: „Ich bin davon überzeugt, dass der europäische Weg der Kooperation, des
Abbaus der physischen Grenzen, und immer mehr auch der Grenzen in den Köpfen der Menschen, der richtige Weg
ist. Dazu tragen auch die Gemeinden zum Beispiel mit ihren Partnerschaften viel bei.“
Niessl: „Starke Länder und starke Gemeinden sind der Garant für Bürgernähe und Effizienz“
„Als ehemaligem Bürgermeister ist es mir bewusst, dass die Arbeit in den Gemeinden bzw. in der Kommunalpolitik
sehr viel harten Einsatz und ständiges Engagement erfordert“, so Niessl. Nur die ernsthafte Kooperation zwischen
Bund, Land und Gemeinden werde sicherstellen, dass das Burgenland nachhaltig so lebenswert bleibt, wie es heute
sei. Niessl sprach sich deshalb einmal mehr für eine Stärkung des Föderalismus aus, gemäß
dem Motto: „Starke Regionen – unsere Zukunft! Und starke Regionen brauchen starke Gemeinden.“ Die Bundesländer
ziehen hier an einem Strang. Bei der Landeshauptleutekonferenz, die vor kurzem unter dem Vorsitz des Burgenlandes
in Stadtschlaining stattfand, sprachen sich die Landeshauptleute einhellig für dezentrale Strukturen aus,
denn, so Niessl: „Starke Länder und starke Gemeinden sind der Garant für Bürgernähe und Effizienz.
Je näher die Verwaltung beim Bürger ist, umso zufriedener sind die Bürger mit dieser Verwaltung.“
Niessl fordert ab 2016 einen modernen und zeitgemäßen Finanzausgleich
Wenn die Gemeinden und der ländliche Raum gestärkt werden sollen, dann müssten auch die finanziellen
Rahmenbedingungen angepasst werden, sagte Niessl. 2016 tritt ein neuer Finanzausgleich in Kraft. Das Ziel müsse
mehr Gerechtigkeit für die Gemeinden sein. Um dieses Ziel zu erreichen, müssten fünf Punkte erfüllt
werden, fordert Niessl: „Die Aufgaben der jeweiligen Gemeinden müssen klar definiert werden. Jeder Bürger
ist gleich viel wert. Der abgestufte Bevölkerungsschlüssel ist abzuschaffen.“ Außerdem dürfe
es kein Ausspielen zwischen Gemeinden und Städten sowie zwischen West und Ost geben. Darüber hinaus seien
Strukturfonds besonders zu berücksichtigen, so Niessl: „Das Burgenland hat hier bisher aufgrund der kleinsten
Gemeinden am wenigsten profitiert.“
Breitbandinfrastruktur im ländlichen Raum ausbauen
Nicht auf halbem Weg stehen bleiben will Niessl beim Ausbau der Breitbandinfrastruktur im ländlichen Raum.
Aus gutem Grund. „Eine gut funktionierende Internet-Breitbandinfrastruktur ist unerlässlich. Kein Betrieb
wird sich in einer Gemeinde ansiedeln, wenn es kein vernünftiges Internet gibt. Kein Student kann in seiner
Heimatgemeinde bleiben, wenn er keine vernünftige Internetverbindung hat.“ Der Ausbau der Breitband-Infrastruktur
im ländlichen Raum sichere und garantiere zusätzliche qualitativ hochwertige Arbeitsplätze. Hier
müssten einfach endlich gute Rahmenbedingungen entstehen. „Die Landeshauptleute-Konferenz hat einstimmig beschlossen,
dass rasch die notwendigen und auch schon vorhandenen finanziellen Mittel des Bundes zum Ausbau des Breitband Internets
zur Verfügung gestellt werden. Die Bundesländer stellen selbstverständlich die notwendigen Kofinanzierung
bereit“, so der Landeshauptmann.
Gegen Ausverkauf unseres Trinkwassers
Die Gemeinden seien wesentliche Träger der öffentlichen Daseinsvorsorge, ob bei der Müllentsorgung,
der Wasserversorgung oder der Abwasserentsorgung. „Ich sage hier ganz klar: Qualitätssicherung in diesen Bereichen
wird nur gelingen, wenn eben diese Bereiche in der öffentlichen Hand bleiben. Im Burgenland haben wir das
Wasser, als öffentliches Gut, in die Verfassung geschrieben, als einziges Land. Das zeigt, welch hohe Bedeutung
dies für uns hat“, sagte Niessl. Privatisierungen in diesem elementaren Bereich werde es mit starken Ländern
und Gemeinden nicht geben, betonte Niessl mit Blick auf das geplante Freihandelsabkommen zwischen der Europäischen
Union und den USA. Kritiker des Abkommens befürchten, dass mit der Transatlantischen Handels- und Investitionspartnerschaft
(TTIP) Liberalisierungsbefürwortern der Weg geebnet werden soll. „Vor allem muss der Verkauf unseres Trinkwassers
an internationale Konzerne verhindert werden“, forderte Niessl. Das gelte in besonderem Maße auch für
die Energieversorgung.
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