Wiener Kulturjuwel erstrahlt in neuem Glanz; Freilegung originaler Stuckoberflächen; Rekonstruktion
eines Teppichs nach dem Originalentwurf Otto Wagners
Wien (rk) - Die ehemalige Stadtbahnstation für den Kaiser und seinen Hof wurde im Auftrag der Stadt
Wien seit 2012 - in enger Abstimmung mit dem Bundesdenkmalamt - einer Sanierung unterzogen. Mit der Wiedereröffnung
ist eines der architektonischen Schlüsselwerke der Wiener Moderne ab 21.06. erneut für die Öffentlichkeit
zugänglich. Am 13.06. präsentierten Wohnbaustadtrat Michael Ludwig, Wien Museum-Direktor Wolfgang Kos,
Architekt Manfred Wehdorn sowie Kurator Andreas Nierhaus - er übernahm die kunsthistorische Begleitung des
Projekts - das revitalisierte Kulturjuwel.
"Der Otto Wagner Hofpavillon zählt zu den herausragenden Kulturdenkmälern unserer Stadt und ist
über die Grenzen Österreichs hinaus bekannt. 1899 fertiggestellt war der Pavillon mehr als 110 Jahren
der freien Bewitterung ausgesetzt, die vor allem Spuren am äußeren Erscheinungsbild hinterlassen hat.
Dies machte eine Restaurierung des Wiener Kulturjuwels notwendig. Die Kosten für die Sanierung - rund 1,8
Millionen Euro - wurden zur Gänze von der Stadt Wien - durch die Geschäftsgruppe Wohnen, Wohnbau und
Stadterneuerung und die Geschäftsgruppe Finanzen, Wirtschaftspolitik und Wiener Stadtwerke - getragen. Die
Stadt Wien ist sich ihrer Verantwortung gegenüber ihrem kulturellen Erbe und dessen Erhaltung für die
Nachwelt sehr bewusst. Umso erfreulicher ist es, dass der Hofpavillon - dank einer sehr ambitionierten und plangerechten
Restaurierung - nun wieder in neuem Glanz erstrahlt", betonte Wohnbaustadtrat Michael Ludwig.
"Der Otto Wagner Pavillon Hietzing ist neben jenem am Karlsplatz ein zentraler Bestandteil von Wagners künstlerischem
Konzept zur Gestaltung der Stadtbahn", so Wolfgang Kos, Direktor des Wien Museums, in dessen Bestand sich
hunderte Architekturzeichnungen von Otto Wagner sowie Modelle und Materialien zu Leben und Werk befinden. "Im
Wagner-Pavillon am Karlsplatz haben wir 2005 eine kompakte Dokumentation über den Architekten eingerichtet
- eine ideale Einführung in Otto Wagners Wien. In Hietzing ist der Hofpavillon mit seiner großartigen
Innenausstattung selbst das eigentliche Ausstellungsobjekt. Es handelt sich hier also um kein Museum, sondern um
eine bedeutende Wiener Sehenswürdigkeiten mit präziser Dokumentation."
Architekt Manfred Wehdorn ergänzte: "Die ehemalige Stadtbahnstation in Hietzing gilt als Ikone der beginnenden
Moderne - gleichsam ein architektonisches ,Glaubensbekenntnis' Otto Wagners. Aber auch Ikonen unterliegen den Veränderungen
und Schäden, die im Laufe eines mehr als einhundertjährigen Bestands entstehen. So war etwa der strahlend
weiße Originalputz - nicht zuletzt wegen des damaligen Betriebs mit Dampflokomotiven - bald nach der Errichtung
des Pavillons durch einen herkömmlichen Putz ersetzt worden. Die aufwändige Restaurierung baute auf der
technologischen Befundung von Materialien, Farbfassungen und vielem anderen mehr auf. Die Außenerscheinung
des Hofpavillons entspricht daher heute wieder dem bauzeitlichen Erscheinungsbild, das heißt jenem Aussehen,
wie es Otto Wagner geplant und ausgeführt hatte."
"Pavillon des k. u. k. Allerhöchsten Hofes"
Otto Wagner wurde 1894 mit der künstlerischen Gestaltung der Wiener Stadtbahn beauftragt: nicht nur ein
Höhepunkt im Schaffen des Architekten, sondern zugleich ein Meilenstein in der Architekturgeschichte. Denn
zum ersten Mal erfolgte die architektonische Durchgestaltung eines Massenverkehrsmittels - gleichsam die ästhetische
Überhöhung eines konstruktiven Meisterwerks, ein Aufeinandertreffen von Ingenieurskunst und Architektur
"im modernsten Styl der Gegenwart" (Neue Freie Presse). Bis heute prägen Wagners Stationsgebäude,
Trassen, Viadukte und Brücken das Stadtbild Wiens.
Die Idee zu einem eigenen Stationsgebäude für den "k. u. k. Allerhöchsten Hof" hatte der
Architekt selbst. Er verfolgte damit zwei Ziele: Zum einen wollte er, wie auch mit anderen Projekten, die Aufmerksamkeit
des Kaiserhauses auf sich lenken, zum anderen ging es Wagner um die Nobilitierung seines eigenen Hauptwerkes. Erste
Entwürfe entstanden 1896/97, sie mussten allerdings mit Rücksicht auf die barocke Architektur des nahen
Schloss Schönbrunn adaptiert werden. Schon das Äußere des im Frühjahr 1899 vollendeten Pavillons
ist eine Synthese von imperialen Elementen (Kuppel, Wagenauffahrt, Baldachin etc.) und reduzierter moderner Formensprache,
wie sie etwa die betont flächigen Fassaden darstellen.
Nachnutzung und Sanierung
Nach dem Ende der Monarchie diente der Pavillon lange Zeit als Bildhaueratelier, nach 1945 war er nicht zuletzt
aufgrund von Bombenschäden schwer mitgenommen. 1957 wurde das Gebäude als Ausstellungsraum an das Österreichische
Gesellschafts- und Wirtschaftsmuseum vermietet. Seit 1987 ist der Wagner-Bau eine Außenstelle der Museen
der Stadt Wien (Wien Museum), von 1987 bis 1989 erfolgte eine Sanierung durch Adolf Krischanitz.
Intensive wissenschaftlich-denkmalpflegerische Analysen und Recherchen bildeten die Basis zahlreicher Maßnahmen
der nunmehr abgeschlossenen Restaurierung: So konnte etwa für den "Salon de Suite" ein apfelgrüner
Teppich nach dem Originalentwurf Otto Wagners rekonstruiert werden. Das Dunkelgrün von Eisenteilen, Türen
und Fenstern wurde ebenso rekonstruiert wie das blendende Weiß des Fassadenputzes. Im Inneren erfolgte die
Freilegung originaler Stuckoberflächen und die Reinigung von Vertäfelungen und Wandbespannungen. Nach
der jüngsten Instandsetzung präsentiert sich der Otto Wagner Pavillon Hietzing heute wie bei seiner Eröffnung
1899.
"Open House" bei freiem Eintritt
Die Wiedereröffnung für das Publikum erfolgt am Wochenende des 21. und 22. Juni mit einem "Open
House" bei freiem Eintritt (jeweils 10 bis 18 Uhr). Danach ist der erneuerte Standort des Wien Museums jeden
Samstag und Sonntag von 10 bis 18 Uhr geöffnet.
Eintrittspreise
- Erwachsene: 4 Euro
- SeniorInnen, Wien-Karte, Ö1-Club, Menschen mit Behinderung, Studierende
bis 27 Jahre, Lehrlinge, Präsenz- und Zivildiener, Gruppen ab 10 Personen: 3 Euro
- Kinder, Jugendliche unter 19 Jahren: Eintritt frei
- Jeden 1. Sonntag im Monat ist der Eintritt für alle BesucherInnen frei!
Anlässlich der Sanierung ist eine rund 80-seitige Begleitpublikation "Der Pavillon des k. u. k. Allerhöchsten
Hofes. Eine Stadtbahnstation für den Kaiser" (Hg. v. Andreas Nierhaus und Manfred Wehdorn; Metroverlag)
erschienen.
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