Bundesrats-Enquete: Erneuerbare Energien und lokale Wertschöpfung
Wien (pk) - Die Chancen, Potentiale und Zukunftsperspektiven von erneuerbaren Energieformen, vor allem bezogen
auf den ländlichen Raum, standen am 11.06.im Mittelpunkt einer parlamentarischen Enquete, die auf Initiative
der Länderkammer veranstaltet wurde. Zahlreiche hochrangige ExpertInnen diskutierten gemeinsam mit Bundes-
und Nationalräten über die energiepolitischen Herausforderungen der Zukunft und die Rolle der Regionen
und Länder bei der Bewältigung der Zukunftsfragen auf dem Energiesektor.
Lampel: Burgenland ist Modellregion für nachhaltiges Wachstum
Der aktuelle Präsident des Bundesrates, Michael Lampel, der am 1. Jänner 2014 für das Burgenland
den Vorsitz in der Länderkammer übernommen hat und stellte einleitend fest, dass es sich beim Thema erneuerbare
Energien um eine ganz wichtige Zukunftsfrage vor allem für die Länder handle. Gerade das Burgenland,
das sich in den letzten Jahren zu einer Modellregion in Bezug auf die Nutzung von erneuerbaren Energien entwickelt
habe, sei dafür ein sehr gutes Beispiel, meinte er. So sei es etwa im Jahr 2013 erstmals gelungen, mehr als
100 % des Strombedarfs aus erneuerbaren Energieformen, vorwiegend Windkraft, abzudecken. Dies war nur deshalb möglich,
weil das Burgenland schon sehr frühzeitig die Chancen und Potentiale dieser Technologien erkannt und neue
Wege der Energieversorgung beschritten hat. Man habe bewusst auf ein nachhaltiges wirtschaftliches Wachstum gesetzt,
das im Einklang mit den Anforderungen des Umwelt- und Klimaschutzes steht.
Das Burgenland habe mit dieser Entwicklung unter Beweis gestellt, wie regionale Stärken und Potentiale optimal
genutzt und gleichzeitig Arbeitsplätze geschaffen werden können. Dieser erfolgreiche Weg soll auch in
Zukunft fortgesetzt werden, führte Lampel weiter aus, bis 2020 sollen 50 % des gesamten Energiebedarfs aus
erneuerbaren Energiequellen stammen, im Jahr 2050 werden 100 % angepeilt. Erreicht werden sollen diese ehrgeizigen
Ziele durch die verstärkte Nutzung von Windkraft, Photovoltaik und Biomasse, durch die Steigerung von Energieeffizienz
und durch den Einsatz neuester Technologien. Lampel war überzeugt davon, dass auch die übrigen Regionen
ein enormes Potential in Bezug auf den Ausbau erneuerbarer Energieträger haben. Die heutige Enquete soll einen
Beitrag dazu leisten, dass all diese Chancen und Möglichkeiten auch genutzt werden, wünschte sich Lampel
abschließend.
Mitterlehner: Chancen für die Regionen durch Erneuerbare Energie
Bundesminister Reinhold Mitterlehner stimmte mit Lampel darin überein, dass erneuerbare Energieformen ein
sehr wichtiger regionalwirtschaftlicher Faktor sind. Im Jahr 2012 waren in diesem Bereich über 42.000 Menschen
beschäftigt, informierte der Minister, der Umsatz dieser Firmen belief sich auf etwa 14 Mrd. €. Laut Statistik
Austria erwirtschaftete der gesamte Sektor "Umweltorientierte Produktion und Dienstleistungen" sogar
35,8 Mrd. €. Was das Thema Energiewende angeht, so stellte Mitterlehner klar, dass er darunter vor allem die Erreichung
der EU-2020-Ziele in Bezug auf Klimawandel und Energiepolitik verstehe; also eine Reduktion der T reibhausgasemissionen
um 20 % und die Steigerung des Anteils an erneuerbaren Energien sowie die Erhöhung der Energieeffizienz um
jeweils 20 %. Aufgrund der geographischen Situation stehe Österreich, was den Anteil an erneuerbaren Energien
im Rahmen der Stromproduktion angeht, sehr gut da und rangiere weltweit hinter Norwegen an zweiter Stelle. Auch
bei der Windkraft und der Photovoltaik sei man nach Ansicht von Mitterlehner auf einem guten Weg. Da aber der Stromanteil
am Gesamtenergieverbrauch nur 20 % beträgt, werde man auch in Zukunft nicht auf fossile Energieträger
verzichten können, gab der Minister zu bedenken. Der Ausbau der erneuerbaren Energien biete aber gerade für
die Regionen viel Potential und Chancen, um die lokale Wertschöpfung zu erhöhen, war der Minister überzeugt.
Bures: Politik muss Antworten auf "postfossiles Zeitalter" geben
Die Ministerin für Verkehr, Innovation und Technologie, Doris Bures, ging in ihrem Einleitungsstatement vor
allem auf die energiepolitischen Herausforderungen der Zukunft ein. Aufgrund der zunehmenden Ressourcenverknappung
sei völlig klar, dass die nächsten Generationen in einem "postfossilen Zeitalter" leben werden
und nicht mehr auf billiges Öl und Gas zurückgreifen können. Die Politik sei daher gefordert, auf
die geänderten Rahmenbedingungen einzugehen und langfristige Weichenstellungen vornehmen, unterstrich die
Ministerin. Gerade in ihrem Ressort werden wichtige Schwerpunktsetzungen gemacht, die von Maßnahmen in den
Bereichen Mobilität, Information und Kommunikation bis eben hin zur Förderung der Energietechnologien
reichen. Bei all diesen Vorhaben stehe für sie im Vordergrund, dass es eine hohe österreichische Wertschöpfung
gibt und dass ein gleicher und leistbarer Zugang zu den neuen Technologien, Produkten und Dienstleistungen gewährleistet
wird.
Bures war überzeugt davon, dass Österreich bei der Entwicklung und Verwertung erneuerbarer Energien eine
hohe Kompetenz vorweisen und sich mit seinen innovativen Produkten auch im internationalen Umfeld sehr gut behaupten
könne. Als Beispiel führte die Ressortchefin den Anlagenbau an; heimische Wasserkraftwerke, Turbinen
etc. seien ein Exportschlager. Auch in jedem zweiten Windkraftwerk, das irgendwo in der Welt steht, und in jedem
dritten Sonnenkollektor in Europa sei österreichische Technologie enthalten, hob Bures hervor. Besonders hohe
Wachstumsraten gebe es bei der Photovoltaik, was u.a. darauf zurückzuführen ist, dass die Produktionskosten
in den letzten Jahren massiv gesenkt werden konnten. Aufgrund all dieser Anstrengungen sei es gelungen, dass Österreich
den Strukturwandel – weg von fossilen, hin zu erneuerbaren Energieträgern – gut überstanden hat, resümierte
Bures; dieser Weg müsse nun aber konsequent fortgesetzt werden.
Die Erfolgsstory des Burgenlands
Unter der Moderation von Bundesratsvizedirektor Harald Himmer leitete der Geschäftsführer der Burgenländischen
Energieagentur, Hans Binder, die Reihe der Fachvorträge mit einer Präsentation der "Energiestrategie
Burgenland 2020" ein. Das Burgenland hat 2013 die bilanzielle Stromautonomie erreicht und in diesem Jahr mehr
elektrischen Strom produziert als verbraucht. Bis 2020 zielt das Burgenland darauf ab, seinen gesamten Energieverbrauch
von 35.000 Terajoule zu 50 % aus erneuerbaren Ressourcen zu erzeugen. Ab 2050 will das Burgenland mehr als 100
% der im Land benötigten Energie selbst herstellen und somit energieautonom werden. Zunächst steht der
Ausbau der Windkraft – die Erfolgsstory des Burgenlandes – im Mittelpunkt, wobei das Ziel auf eine installierte
Leistung von über 1.000 Megawatt lautet. Grundlage dieser Entwicklung ist die Einbeziehung aller Stakeholder
von Gemeinden über Investoren bis hin zu Natur- und Landschaftsschützern. Derzeit erzeuge das Burgenland
an windigen Tagen bereits viermal mehr Strom als es selbst benötigt. Die Zukunft sieht Hans Binder, der die
Elektromobilität unmittelbar vor dem Durchbruch stehen sieht, aber im Ausbau der Solarenergie. Eine Erhebung
aller Hausdächer des Burgenlands habe eine Produktionskapazität von 2,4 Mrd. Kilowattstunden ergeben.
Vergleichbare Potentiale vermutet der Experte auch in anderen Bundesländern.
Intelligentes Vertriebsmanagement für Millionen Stromerzeuger
Auch der Gründer des Energy Globe Award, Wolfgang Neumann, richtete den Blick auf die Zukunft der Energiepolitik
und riet grundsätzlich dazu, globale Probleme nicht aus den Augen zu verlieren, weil weltweit jeder vierte
Mensch keinen Zugang zu elektrischem Strom habe. "Wir müssen allen Menschen das Grundrecht auf Energie
erfüllen", sagte Neumann. In Österreich haben Sonne, Geothermie und Windenergie strategische Bedeutung,
weil der Ölimport immer teurer werde. Man sollte sich beim Thema erneuerbare Energieträger den Kopf aber
nicht nur über die Produktion zerbrechen, sondern auch über die Lösung der Vertriebsprobleme. Da
es in Zukunft nicht nur einige wenige, sondern Millionen von Stromerzeugern geben werde, setzt Neumann auf vernetzte
Smart Manager. Stromüberschüsse müssen gespeichert oder im lokalen und regionalen Umfeld eingesetzt
werden. Daher sei auch intelligentes Energiemanagement und der Ausbau der Energienetze zu fördern.
Regionen setzen auf unterschiedliche Stärken
Die Geschäftsführerin des Klima- und Energiefonds, Theresia Vogel, konzentrierte sich in ihrem Referat
auf die Integration der Erneuerbaren Energie in das Energiesystem, der Hauptaufgabe des 2007 gegründeten Klima-
und Energiefonds, der seither 70.000 Projekte mit 850 Mio. € gefördert und damit Investitionen von 2 Mrd.
€ ausgelöst hat. Inhaltlich gehe es um zukunftsorientierte Energieforschung und Technologieentwicklung. Den
Umstieg auf erneuerbare Energieträger bezeichnete Vogel ohne Alternative, wenn man Energieprobleme klimaverträglich
lösen wolle. Dazu kommen Maßnahmen zur Bedarfssenkung und zur Steigerung der Energieeffizienz. Die Referentin
unterstrich die Bedeutung von Energiemodellregionen, Smart Cities und Leuchtturmprojekten als Aushängeschilder
für Österreich. Die einzelnen Bundesländer setzten dabei unterschiedliche Schwerpunkte, Salzburg
etwa auf Smart Grids, also intelligente Stromnetze, das Burgenland auf Windkraft und Vorarlberg auf das Thema zukunftsfähiger
Verkehr. Die Regionen nutzen so ihre Stärken, vorhandene Ressourcen und Know-how, bestehende Unternehmen und
das Engagement der Menschen. Aktuelle Schwerpunkte der Technologieentwicklung sah Theresia Vogel bei neuen Materialien,
der Speicherung und Integration Erneuerbarer Energie, der Entwicklung einfacher Lösungen von technisch komplexen
Problemen, der Steigerung der Energieeffizienz, der Entwicklung systemübergreifender Lösungen rund um
das Elektroauto und bei neuen Modellen der Kooperation wie Bürgerbeteiligungskraftwerken.
Fukushima, deutsche Energiewende und die Folgen
Der Vorstand der Ökostromabwicklungsstelle, Bundesrat Magnus Brunner (V/V), erinnerte daran, dass infolge
der deutschen Entscheidung zur Energiewende nach der Katastrophe von Fukushima 20.000 Megawatt Atomstrom vom Netz
gehen und 20 Mio. Menschen im Nachbarland anders mit Energie versorgt werden müssen. Davon sei laut Brunner
auch Österreich betroffen, dessen Pumpspeicherkraftwerke in den Alpen bei Windkraftüberschuss an der
Küste Norddeutschlands als Speicher fungieren, während in Ostösterreich neue Windräder installiert
werden und damit Hochspannungsleitungen immer wichtiger werden. Die Energiewende bedeute viel Arbeit, große
Investitionen, Überzeugungskraft und Erdgas als Brückenenergie. Österreich habe mit der Ausarbeitung
der Energiestrategie reagiert, investiere bis 2020 12 Mrd. € in Ökostrom und habe bereits tausende Green Jobs
geschaffen. Die Kritik der Sozialpartner an Finanzierungsproblemen bei der Ökostromerzeugung nehme er ernst,
sagte Brunner und unterstrich die Bedeutung der sozialen Akzeptanz in der Energiepolitik. Der Experte riet aber
zugleich dazu, volkswirtschaftliche Fragen in den Vordergrund zu stellen. Als Zukunftstrends in der Energiewende
ortete Brunner die Regionalität, die zunehmende Bedeutung des Eigenverbrauchs, die Senkung der Modulpreise
und die zunehmende Bereitschaft der Bürger, in die Energiewende zu investieren. Auch Fragen der Versorgungssicherheit,
des Netzausbaus und der Energieeffizienz gewinnen an Bedeutung, sagte Brunner.
Die Industrie braucht weiterhin fossile Brennstoffe
Stephan Schwarzer vertrat die Wirtschaftskammer Österreich und empfahl, beim Energieumbau und in der Energiewende
Chancen zu nutzen, zugleich aber Gefahren und Kosten zu vermeiden. Man stehe vor einer faszinierenden Gestaltungsaufgabe,
stellte Schwarzer fest und plädierte für einen umfassenden Energiemasterplan. Die Energiewende brauche
Mut und Motivation, aber auch Vorsicht und kühlen Verstand. Man sollte die richtigen Lehren aus den Kyoto-Erfahrungen
ziehen und beachten, dass Österreich und Europa überdurchschnittlich industrialisiert seien. Österreichs
Rolle in der Energiewende sei weniger die des Vorreiters, als vielmehr die des Schrittmachers, der dafür sorge,
dass auch die anderen schneller werden. Die Industrie brauche weiterhin fossile Brennstoffe und im Unterschied
zu anderen Sektoren müssen noch viele Forschungsaufgaben erledigt werden, um den CO2-Ausstoß weiter
zu reduzieren. Im Hinblick auf das geplante Energieeffizienzgesetz hielt es Schwarzer für problematisch, den
Energieerzeugern die Aufgabe zuzuweisen, den Energieverbrauch ihrer Kunden zu senken. Positiv sah der Vertreter
der Wirtschaftskammer die Absicht, die Besteuerung des Eigenverbrauchs von Ökostrom zu senken.
Ökostromproduktion aus der Sicht der KonsumentInnen
Die Leiterin der Wirtschaftspolitischen Abteilung der Arbeiterkammer Wien, Silvia Angelo, ordnete dem Einsatz erneuerbarer
Energien das Ziel zu, den CO2-Ausstoß zu reduzieren, den Ausstieg aus dem Atomstrom zu erleichtern und mit
der Entwicklung innovativer Energien den Industriestandort zu stärken. Daher wurde Ökostrom 2013 mit
500 Mio. € unterstützt und 30 Mio. € an öffentlichen Mitteln zur Forschung für erneuerbare Energieträger
aufgewendet. Im bestehenden System der Förderung erneuerbarer Energieträger seien die Ziele der Kosteneffizienz,
der Marktintegration und der EU-Kompatibilität teilweise nicht gewährleistet, kritisierte die Expertin
der Arbeiterkammer. Anreize bei der Ökostromproduktion seien falsch und die Gewinne würden – etwa bei
der Windkraft – auf Kosten der Haushalte privatisiert. Niedrige Strompreise kämen nur bei der Industrie an.
Auch Silvia Angelo drängte – wie ihr Vorredner – auf ein Gesamtsystem, das erneuerbare Energieträger,
Netz- und Speicherfragen, konventionelle Erzeugung und die Lösung von Effizienzproblemen mit dem Ziel der
Leistbarkeit und Versorgungssicherheit verknüpft.
Rasche Energiewende schont fossile Ressourcen und spart Geld
Der Geschäftsführer der Renewable Energies Consulting, Fritz Binder-Krieglstein, rechnete den Teilnehmern
der Enquete vor, wie hoch Atomstrom gefördert werde und machte zugleich darauf aufmerksam, dass sich die Verstromung
von Erdgas wegen der Subventionen derzeit nicht rechne. Der Börsepreis für Strom liege bei 4 Cent pro
Kilowattstunde, jener für Solarenergie bei 5,5 Cent und jener für Gas bei 6 Cent, jener für Atomstrom
aber bei 20 Cent. Während die Preise für endliche Ressourcen steigen, sinken jene für erneuerbare
Energien, daher sei es dringend notwendig, die Energiewende rasch herbeizuführen und die Übergangszeit
zu verkürzen, weil dies langfristig Kosten spare, sagte Binder-Krieglstein. Der Experte wollte den Politikern
Mut machen, Rahmenbedingungen zu schaffen, um die Energiewende voranzutreiben, etwa durch leichtere elektrizitätsrechtliche
Bewilligungen für Solaranlagen. Der Investor Warren Buffet habe bereits 15 Mrd. € in erneuerbare Energieträger
investiert und plane weitere 15 Mrd. € einzusetzen, teilte der Referent den Teilnehmern der Enquete mit.
InvestorInnen brauchen stabile Rahmenbedingungen
Vorstandsvorsitzender Herbert Stava vom Energiepark Bruck/Leitha informierte über die Entwicklung seines regionalen
Vereins, der 1995 gegründet wurde, seit 1999 ein Biomasseheizwerk betreibt und sich seit 2000 mit Windkraft
beschäftigt. 2004 wurde eine Biogasanlage errichtet und 2005 ein Universitätslehrgang über neue
Energien eingerichtet. Mit Fotovoltaik befasst sich der Verein seit 2010 und betreibt seit 2012 auch einen Fotobioreaktor.
Weitere Aktivitäten sind die Energiebuchhaltung, Energieausweise, alternative Mobilität und regionales
Energiemanagement. Die Botschaft Stavas an die Politik lautete, stabile Rahmenbedingungen zu schaffen, um Investitionen
in erneuerbare Energieträger zu erleichtern. Als aktuelles Beispiel dafür, wie sein Verein auf veränderte
Rahmenbedingungen reagiert, schilderte Stava das Projekt, Biogas in Zusammenarbeit mit Wien Energie, EVN und OMV
so zu reinigen, dass es in das Erdgasnetz eingespeist werden kann.
Gesetzliche Rahmenbedingungen für Energiewende eingefordert
Wie die Energiewende regional vorangetrieben wird, erörterten die Enquete-TeilnehmerInnen in weiterer Folge
mit Fokus auf Initiativen der Bundesländer. Bundesratspräsident Michael Lampel resümierte, die Länder
zeigten, wie sie ihre Ressourcen auf innovative Art und Weise bestmöglich nutzen können, um Energieeffizienz
zu leben. Zuvor betonten mehrere ThemenexpertInnen vor allem die Bedeutung stimmiger gesetzlicher Rahmenbedingungen
für einen erfolgreichen Umstieg Österreichs auf erneuerbare Energien. So zeigte sich Stefan Moidl von
der IG Windkraft zwar höchst erfreut über das geltende Ökostromgesetz, er kritisierte aber, immer
noch gebe es bei der Erzeugung von Strom aus Windkraft hierzulande eine höhere Kostenbelastung als bei Stromimporten.
Seitens der Wasserwirtschaft kamen ähnliche Bedenken. Als Vertreter für den Verband Kleinwasserkraft
Österreich unterstrich Erwin Mayer, der Energieverschwendung sei nicht beizukommen, solange Strom auf Grund
von Überkapazitäten billig verfügbar ist. Mit einer sozial gerechten "Ökosteuer"
wäre hier Abhilfe zu schaffen, ohne der Attraktivität des Wirtschaftsstandort zu schaden, so Mayer und
schilderte in Grundzügen Möglichkeiten für Co2-freie Industrien am Beispiel der Stahlproduktion.
Die Geschäftsführerin von Austria Solar, Doris Hammermüller, brach eine Lanze für Solarwärme
bzw. für politische Maßnahmen, die den Einsatz dieser ihr zufolge leistungsstärksten und preisgünstigsten
Energie fördern. Unterstützung erhielt die Expertin von Helmut Weinhardt aus dem Verteidigungsministerium,
der sein Ressort als Paradebeispiel für die effiziente Nutzung thermischer Solarenergie präsentierte.
Hammermüller betrachtete die Energiewende vor allem als "Wärmewende", weil die Wärmeversorgung
Hauptthema in der gesamten Energiediskussion sei.
Diese Sichtweise relativierte Stefan Merkac( von der Kärntner Landesregierung ein wenig; für ihn spielt
die Mobilität die größte Rolle bei der Energiewende. Er plädierte daher dafür, den Umstieg
auf öffentliche Verkehrsmittel bundesweit attraktiver und leistbar zu machen. Kärnten habe sich mit einem
Energie-Masterplan dementsprechend "mutige Ziele" gesetzt, so Merkac(: In den nächsten zwei Jahrzehnten
wolle das Bundesland von fossilen Brennstoffen unabhängig werden, gerade auch im öffentlichen Verkehr
und durch alternative Mobilitätsformen. Tirol habe vor, die Energieautarkie 2050 zu erreichen, schilderte
daraufhin Stefan Oblasser von der Tiroler Landesregierung die Energiestrategie seines Bundeslands. Generell sollte
Österreich mehr Eigeninitiative bei der Energiepolitik zeigen, fügte er an, lediglich auf Entscheidungen
von der EU zu warten, sei zu wenig. Sein Landsmann Anton Mattle, Vizepräsident des Tiroler Landtags, verwies
auf die bereits erfolgte Effizienzsteigerung in der Energiewirtschaft des westlichen Bundeslandes, vorrangig dank
neuer Technologien der Wasserkraftnutzung in Verbindung mit alten Speichersystemen.
In Oberösterreich zeige sich der ökonomische Vorteil revitalisierter kleiner Wasserkraftwerke zur Stromerzeugung,
meinte OÖ-Landtagsabgeordnete Ulrike Schwarz. Obwohl das Industrieland Oberösterreich die Großindustrie
nicht mit neuen Energieauflagen überladen werde, so Schwarz, setze die Landespolitik doch gemeinsam mit allen
Interessensgruppen die nötigen Schritte hin zur Energiewende, nicht zuletzt auf regionaler Ebene. Einen ähnlichen
Weg beschreite Niederösterreich mit seinem Energie- Effizienz- Gesetz, umriss Peter Obricht aus der niederösterreichischen
Landesverwaltung. Letztlich brauche die Republik allerdings eine kohärente Energie- und Klimastrategie, nicht
nur, um den Einsatz erneuerbarer Energieträger zu forcieren, sondern auch zur Senkung des Energieverbrauchs
insgesamt. Dem stimmte für das Umweltministerium Martina Schuster völlig zu und sie verdeutlichte, Klima-
und Energiepolitik bedingten einander.
Über Österreichs Grenzen hinaus richtete Bundesrat Stefan Schennach (S/W) seinen Blick, als er seine
Vorstellungen zur Energiezukunft skizzierte. Vor einer "Weichenstellung" stehe die Europäische Union
derzeit, die neue EU-Kommission werde sich nämlich entscheiden müssen, ob man auf ökologische Energieträger
oder auf Kohle, Atomkraft und Schiefergas setzt. Europa befinde sich schon auf einem guten Weg in Richtung Unabhängigkeit
von Energieimporten, besonders im Vergleich zu Asien, machte der oberösterreichische ÖVP-Bundesrat Ferdinand
Tiefnig wiederum geltend, der in diesem Zusammenhang auch Potentiale für den Arbeitsmarkt ausmachte.
Eine ganzheitliche Betrachtung der Energiefrage mahnte Gerhard Deimek, Freiheitlicher Bundesrat aus Oberösterreich
ein, um erneuerbare Energieträger umfassend zu etablieren – und zwar von den Privathaushalten, über die
Industrie bis hin zur Mobilität. Entscheidend seien dazu verstärkte Anstrengungen in der Forschungsförderung.
Den Grünen Nationalratsabgeordneten Matthias Köchl und Christiane Brunner reichten Bekenntnisse zur intensivierten
Energieforschung nicht aus. Deutschland habe mit seinem Energieeffizienzgesetz gezeigt, welche legislativen Vorkehrungen
für eine Trendwende bei der Energiepolitik mit stabilen Rahmenbedingungen eigentlich zu treffen sind, fand
Köchl. Brunner ergänzte, die nächsten Jahre würden zeigen, ob sich die Politik auf eine klimafreundliche
Energiewende einstimmt und diesem Vorsatz auch auf EU- sowie globaler Ebene im Sinne erneuerbarer Energieträger
Rechnung trägt.
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