Neue Standortstrategie gestartet - Wettbewerbsfähigkeit der Leitbetriebe erhöhen,
um Wachstum und Arbeitsplätze zu sichern - Wertschöpfungskette mit Klein- und Mittelbetrieben stärken
Wien (bmwfw/iv) - Wissenschafts-, Forschungs- und Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner hat gemeinsam
mit der Industriellenvereinigung und den Vorstandschefs führender Unternehmen eine neue Standortstrategie
für heimische Leitbetriebe lanciert. In die Erarbeitung sind mehr als 20 CEOs direkt eingebunden, darunter
als eigene Themenfeldleiter Sabine Herlitschka, Vorstandsvorsitzende von Infineon Technologies Austria, Peter J.
Oswald, CEO Mondi Europe & International, Elisabeth Engelbrechtsmüller-Strauß, Geschäftsführerin
Fronius International GmbH, Günther Apfalter, President Magna International Europe sowie voestalpine-Generaldirektor
Wolfgang Eder. Die erste Arbeitssitzung hat am 23.06. stattgefunden. "Starke Leitbetriebe sichern Wachstum,
Beschäftigung und Innovation und sind in der Wertschöpfungskette eng mit hunderten kleinen und mittleren
Unternehmen vernetzt. Daher müssen wir die Rahmenbedingungen für sie schrittweise verbessern, um auch
in Zukunft wettbewerbsfähig zu sein", begründet Mitterlehner die neue Initiative, die auch im Regierungsprogramm
vorgesehen ist. "Wir wollen damit eine differenzierte Aufarbeitung der Herausforderungen ermöglichen
und den Standort gemeinsam weiterentwickeln. Das sichert Wachstum, Arbeitsplätze und Wertschöpfung im
Land", so Mitterlehner.
"Österreich liegt mit einem Industrieanteil von 18,3 Prozent deutlich über dem EU-Schnitt von 15,2
Prozent, hat aber noch viel Potenzial nach oben. Zudem wird der internationale Wettbewerb mit anderen, stärker
wachsenden Weltregionen außerhalb der EU immer schärfer. In diesem Sinne müssen wir das Umfeld
für Leitbetriebe in Österreich und Europa verbessern und haben die Strategie bewusst international ausgerichtet.
Inhaltlich geht es dabei auch um neue Trends wie zum Beispiel Industrie 4.0", so Mitterlehner. Ein besonders
wichtiger Aspekt ist darüber hinaus, dass 80 Prozent der Leitbetriebe regelmäßig mit Fachhochschulen
und Universitäten kooperieren, die ihre wichtigsten Forschungspartner darstellen. "Daher wollen wir auch
den Innovationszyklus gezielt stärken und dafür die Chancen unserer neuen Ressortstruktur nützen",
betont Mitterlehner.
Am 24.06. wird das Strategiekonzept dem Ministerrat zur Beschlussfassung vorgelegt, die Ergebnisse der neuen Strategie
sollen dann im Herbst vorliegen: "Die Standortstrategie soll auf allen Ebenen gelebt werden und nicht nur
als Anspruch am Papier stehen bleiben. Neben konkreten Maßnahmen geht es uns auch darum, die Wertschätzung
für Leitbetriebe in der Gesellschaft zu heben", so Mitterlehner.
Industriellenvereinigung: Leitbetriebe mit vereinten Kräften stärken
"Als Industriellenvereinigung widmen wir uns seit zehn Jahren intensiv dem Thema Leitbetriebe, deren Bedeutung
in unzähligen Studien belegt wird. Internationale Leitbetriebe sind das Herzstück der innovativen Industrie
und Kernsubstanz der Volkswirtschaft. Jeder Leitbetrieb unterhält Kooperationsbeziehungen mit durchschnittlich
900 verbundenen KMU", hebt Christoph Neumayer, Generalsekretär der Industriellenvereinigung (IV) hervor.
So würden 33 ausgewählte, weltmarktführende Leitbetriebe in Österreich unter anderem für
eine gesamtwirtschaftliche Wertschöpfung von 15 Milliarden Euro sowie 214.000 Arbeitsplätze stehen, ebenso
für 1,1 Milliarden Euro an Ausgaben für Forschung und Entwicklung und jeden sechsten Euro, der in Österreich
durch Export erwirtschaftet wird.
"Die enorme Bedeutung dieser Unternehmen ist offensichtlich. Umso mehr gilt es, für die entsprechenden
Rahmenbedingungen zu sorgen, um den Leitbetriebe-Standort Österreich international wettbewerbsfähig zu
halten, bzw. weiterzuentwickeln", so Neumayer. Handlungsbedarf bestehe insbesondere bei der Effizienz der
Bürokratie, im Steuersystem, der Arbeitszeit und bei der Attraktivierung des Innovationsstandortes Österreich.
"Wir verstehen das Bestreben von Wirtschaftsminister Mitterlehner daher als Chance, mit vereinten Kräften
und gemeinsam mit der 'IV-Plattform für Leitbetriebe', Österreich als international attraktiven Player
zu positionieren und österreichische Unternehmen bei Ihren nationalen und internationalen Aktivitäten
zu unterstützen", betont der IV-Generalsekretär.
Die Themenfelder der neuen Standortstrategie im Überblick
Unter Einbindung von Experten werden die teilnehmenden CEOs an führender Stelle die Inhalte ihrer Themenfelder
erarbeiten, um gemeinsam mit der Politik Verbesserungen für den Standort zu erreichen. Die einzelnen Themenfelder
sind wie folgt strukturiert:
Themenfeld Wissens-, Forschungs- und Innovationsbasis, geleitet von Sabine Herlitschka, Vorstandsvorsitzende
von Infineon Technologies Austria: "Österreich ist ein Innovationsland - zwei Drittel unseres Wohlstandes
verdanken wir technologischer Veränderung, Forschung und Innovation. Insbesondere Leitbetriebe gehören
dabei zu den Innovationstreibern am Standort. Allein 33 dieser weltmarktführenden Unternehmen investieren
1,1 Milliarden Euro in F&E. Sie tragen damit 14 Prozent der gesamten heimischen F&E-Ausgaben und kooperieren
regelmäßig mit österreichischen Hochschulen. Um Leitbetriebe als Forschungsknotenpunkte auch weiterhin
halten zu können, ist eine Re-Dynamisierung des Innovationstandortes dringend nötig. Die wichtigsten
Stellschrauben dabei sind ein klares politisches Commitment für eine Forschungs- und Innovationsoffensive
über die gesamte Innovationskette mit entsprechender Planungssicherheit, insbesondere auch für die angewandte
Forschung. um wieder mehr Dynamik aufzubauen, die Konkretisierung der FTI-Strategie, die Unterstützung der
Leitbetriebe im konzerninternen Wettbewerb und ganz grundsätzlich die Weiterentwicklung Österreichs hin
zum Innovation Leader."
Themenfeld Klima, Energie, Umwelt und Ressourcen, geleitet von Peter J. Oswald, CEO Mondi Europe & International:
"Der klima- und energiepolitische Rahmen bis 2030 bedeutet eine große Herausforderung für die Industrie
Österreichs. Um eine Abwanderung von Unternehmen oder einen Investitionsstopp zu vermeiden, müssen diese
Zielsetzungen im internationalen Gleichschritt erfolgen. Insbesondere gilt es, die energieintensive Industrie zu
entlasten. Es muss darum gehen, einen Maßnahmenkatalog vorzuschlagen, der nachhaltigen Erfolg verspricht,
den Wirtschaftsstandort Österreich mittel- bis langfristig stärkt und Arbeitsplätze schafft. Schwerpunkte
sollten sein: die Förderung der Energieeffizienz und Energieforschung sowie die Etablierung eines marktkonformen
Fördersystems im Bereich der Erneuerbaren Energiebereitstellung. Für die in Österreich wichtige
Papier- und Zellstoffindustrie sollte die Rohstoffversorgung durch faire und ökologisch sinnvolle Wettbewerbsbedingungen
sichergestellt werden. Alle Interessensgruppen sollen gemeinsam die Brücke schlagen zwischen Arbeitsplatzschaffung
und Umwelt."
Themenfeld Arbeitsumfeld, Arbeitsproduktivität, "Skills", geleitet von Elisabeth Engelbrechtsmüller-Strauß,
Geschäftsführerin Fronius International GmbH: "Aus meiner Sicht wird Österreich in Zukunft
nur durch seine Innovationskraft bestehen können. Dafür brauchen wir sehr gut ausgebildete Mitarbeiter
und Spitzenkräfte. Wir sind gefordert, Spitzenkräfte auszubilden und auch zu halten. Die Aufgabe meines
Arbeitspaketes sehe ich darin, Rahmenbedingungen und Maßnahmen aufzuzeigen, die dies ermöglichen. Wichtige
Eckpfeiler dazu sind:
- Attraktives unternehmerisches Umfeld: Sich alleine auf Wissensarbeit und Dienstleistungen
zu konzentrieren, halte ich für den falschen Weg. Wir werden einen hohen Wertschöpfungsanteil in Österreich
halten müssen. Ansonsten wandert das Wissen mit der Wertschöpfung ab, und wir verlieren an Innovationskraft.
Die USA unternimmt mittlerweile große Anstrengungen zur Reindustrialisierung.
- Ausbildung: Aktive Zusammenarbeit zwischen Wirtschaft und den Ausbildungseinrichtungen,
damit die richtigen Zukunftsfelder erkannt werden und praxisnahe unterrichtet wird.
- Beweglichkeit: Unterstützung der Mobilität ins Ausland und vice versa
durch einfache, unbürokratische Abwicklung für Mitarbeiter und deren Familien, sowie Anerkennung von
im Ausland abgelegten Prüfungen und Erfahrungen.
- Generell sollte ein starkes Bewusstsein für Unternehmertum, Wirtschaft und
Innovation in einer breiten Bevölkerungsschicht geschaffen werden. Dadurch kann es gelingen, die Jugend für
diese Themen zu begeistern und den Grundstein für die Berufswahl legen."
Themenfeld Finanzierung und Rechtsrahmen, geleitet von Günther Apfalter, President Magna International
Europe: "Multinationale Unternehmen - unter anderem auch Magna - begründen ihre Entscheidung, in Österreich
zu investieren und zu wachsen, mitunter in der Stabilität und Planbarkeit der österreichischen Steuergesetzgebung.
"Global agierende Konzerne verfolgen ihre Investitions- und Wachstumspläne auf Basis durchdachter Standortanalysen
und langfristig strategischer Ziele. Planbarkeit und damit verbunden die potenzielle Unsicherheit, in Zukunft in
Österreich von rückwirkenden Gesetzesbeschlüssen betroffen zu sein, verunsichert uns als internationales
Unternehmen in besonderem Maße. Die hohen Systemkosten führen zudem dazu, dass österreichische
Unternehmen im Vergleich zu anderen EU-Ländern, wie beispielsweise Deutschland, mit relativ hohen Lohnnebenkosten
belastet werden, ohne dass diese zu einer erkennbaren und nachhaltigen Verbesserung der individuellen Kaufkraft
führen. Die bestehenden Rahmenbedingungen bringen für österreichische Unternehmen Einschränkungen
und Nachteile in Bezug auf Flexibilität und Wettbewerbsfähigkeit mit sich. Davon sind insbesondere die
großen Leitbetriebe mit erheblichem Multiplikator-Effekt für heimische KMUs betroffen. In unserer Arbeitsgruppe
werden wir konstruktive Vorschläge und damit einhergehende Prozesse zur Umsetzung erarbeiten, um den Wirtschaftsstandort
Österreich nachhaltig zu stärken und damit Arbeitsplätze zu erhalten."
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