Von 13.07. bis 02.11.2014 in der Kunsthalle Krems
Krems (kunsthalle) - Die Kunsthalle Krems widmet der 1940 in Wien geborenen, großen Einzelgängerin
der österreichischen Kunstszene die erste Retrospektive mit Werken aus fünf Jahrzehnten. Nach ihrem Studium
an der Hochschule für angewandte Kunst in Wien (1956-1963) tritt sie mit Arbeiten in unterschiedlichen Medien
wie Bleistiftzeichnungen, Aquarellen sowie Arbeiten in Öl und Tusche an die Öffentlichkeit. Bereits früh
folgen Auszeichnungen wie der "Theodor-Körner-Preis" (1964) oder der "Joan-Mirò-Preis"
(1967). 1968 zählt sie als einzige Frau zu den Gründungsmitgliedern der losen Gruppe der „Wirklichkeiten“.
Allerdings beschritt Jungwirth mit ihrer bereits damals zwischen gestisch-abstrakten und gegenständlichen
Kompositionen hin und her oszillierenden Malerei konsequent einen eigenständigen und unverwechselbaren Weg.
Thematisch kreiste ihr zeichnerisches Werk anfänglich um das soziokulturelle Umfeld der Frau. Zyklen mit
Titeln wie „Hausfrauen-Maschinen“ (1975) oder „Die Schwarze Küche“ (1976) lassen feministische Ansätze
vermuten; vielmehr jedoch faszinierte Jungwirth dabei das Innenleben von Alltagsgeräten, nicht zuletzt inspiriert
durch die Strenge der Architekturzeichnungen eines Mies van der Rohe. Mit diesen wie Röntgenbilder anmutenden
Zeichnungen von Haushaltsgeräten rückte Jungwirth 1977 auf der documenta 6 in Kassel erstmals in den
Blickpunkt der internationalen Kunstszene.
Neben Alltagsgegenständen sind reale Vorlagen wie Stadt- oder Landschaftsdarstellungen eine Inspirationsquelle
oder – wie die Künstlerin es formulierte – ein „Vorwand“, um persönliche, visuelle Eindrücke festzuhalten.
Jungwirths Werke haben immer eine in der Realität vorgefundene Situation zur Grundlage, die als Stimulus fungiert
und aus deren Seherlebnis die Künstlerin ihren Schaffensprozess generiert. Dabei geht es ihr nie um eine Rekonstruktion,
sondern immer um eine Reflexion auf die Wirklichkeit.
In diesem Schöpfen aus dem eigenen Erleben bannt sie Spiegelbilder menschlichen Seins auf die Bildträger.
Dies geschieht aus einer Kombination energiegeladener Spontaneität und zeitgleicher Kontrolle ihrer ästhetischen
Prinzipien. In diesem Spannungsfeld zwischen Gestik, Form, Spur und Farbe untersucht Jungwirth die Grundprinzipien
malerischer Parameter. Dies entspricht einem ständigen Experimentieren mit offenem Ausgang: Spontanen Eingebungen
folgend, setzt Jungwirth energiegeladene Markierungen auf Leinwand oder Papier, die sich zugleich durch Schichtung,
Überlagerung oder Verwischung wieder entziehen und durch diesen ambivalenten Akt des Zeigens und Verbergens
das Bildfeld in Bewegung und zugleich in einen Schwebezustand versetzen. Ihr resoluter Arbeitsprozess bleibt nachvollziehbar,
nichts wird kaschiert oder verschönt, im Gegenteil, der Zufall und das energisch Intuitive mit all den Korrekturen,
Flecken, Schlieren und Rinnsalen des Malerischen bleibt sichtbar und schafft eine Atmosphäre der Offenheit,
Leichtigkeit und Transparenz.
Jungwirths charakteristische Kompositionen, die sich durch ihren eruptiven gestischen Duktus und ihr kraftvolles
Kolorit auszeichnen, sind poetische wie dramatische Notationen von Erfahrungen, Stimmungen und Erinnerungen, die
aufgrund ihres hohen Abstraktionsgehalts Raum für zahlreiche Assoziationen lassen.
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