Sammellust

 

erstellt am
18. 06. 14
16.00 MEZ

Die Galerie Erzherzog Leopold Wilhelms Intermezzo 06 – von 17. Juni bis 28. September 2014
Wien (khm) - Im Jahr 2014 jährt sich der Geburtstag von Erzherzog Leopold Wilhelm (1614-1662) zum 400. Mal. Mit seiner außergewöhnlichen und umfassenden Sammeltätigkeit leistete er einen wesentlichen Beitrag zur Fülle und Vielfalt der heutigen weltberühmten Sammlungen des Kunsthistorischen Museums. Aus diesem Anlass widmet das Museum diesem in der Öffentlichkeit wenig bekannten Mitglied des Hauses Habsburg seine sechste Intermezzo-Ausstellung.

Als jüngster Sohn Kaiser Ferdinands II. wurde Leopold Wilhelm bereits als Kind für den geistlichen Stand bestimmt. Zur finanziellen Absicherung wurden ihm schon im Alter von 12 Jahren die Bistümer Passau und Straßburg übertragen; weitere geistliche Würden folgten. Sein Leben war aber vor allem durch den Dreißigjährigen Krieg geprägt, da Leopold Wilhelm in zwei Perioden den Oberbefehl über die kaiserlichen Truppen führte. Seine wahre Leidenschaft galt aber nicht dem Krieg, sondern in erster Linie den Künsten. Selbst inmitten der Kriegswirren schrieb Leopold Wilhelm mit Hingabe italienische Poesie. In einem Gedicht bezeichnete ihn ein Zeitgenosse als Kämpfer "mit Degen und Feder". Ebenso bekannt war seine Liebe zur Musik.

Zur rechten Zeit am rechten Ort
1647 trat Leopold Wilhelm die Statthalterschaft in den spanischen Niederlanden an. Damals explodierte förmlich seine Begeisterung für Kunst, und er begann - zur rechten Zeit am rechten Ort und in der Tradition seiner Vorgänger - leidenschaftlich zu sammeln. Durch die politischen Umbrüche in England - Cromwell übernahm die Macht, und König Karl I. wurde hingerichtet - kamen zahlreiche englische Sammlungen zum Verkauf, u.a. in Antwerpen und Brüssel. Leopold Wilhelm erwarb - nicht nur aus dem englischen Angebot - über 500 Kunstkammerstücke aus Marmor, Bronze und Elfenbein, Skulpturen, Tapisserien, rund 1400 Gemälde und 350 Zeichnungen. Die Sammlung beeindruckte sowohl durch ihre Quantität, als auch durch ihre Qualität. So gelangten zahlreiche bedeutende Meisterwerke, u.a. von Jan van Eyck, Francesco Laurana, Giorgione, Tizian, Antico, Raffael und Rubens, in die Sammlung des Habsburgers. Dabei machte er sich auch als Förderer der damals zeitgenössischen Barockmalerei und -bildhauerei einen Namen. Mehr als 60 Künstler ließ er in seinem Auftrag arbeiten, darunter bedeutende Flamen wie David Teniers d.J., Jan Davidsz. de Heem oder Jérôme II. Duquesnoy.

Tradition und Repräsentation
Mit seiner Sammeltätigkeit folgte Leopold Wilhelm einer langen Tradition der Habsburger in diesen Ländern. Bereits Margarete von Österreich (1480-1530), Tochter Kaiser Maximilians I., entfaltete als Statthalterin der habsburgischen Niederlande ein bedeutendes Mäzenatentum in ihrer Residenz in Mechelen. Ihr Neffe, Kaiser Karl V., der in Mechelen aufwuchs, begründete mit seinen Kunstwerken die Sammlung im Prado. Seine Schwester Maria von Ungarn sammelte in Brüssel als Statthalterin und folgte ihm nach seiner Abdankung mit ihren Kunstwerken nach Spanien.

Erzherzog Matthias, später Kaiser, verschuldete sich als Statthalter in Brüssel für seine Kunstankäufe derart, dass seine Schuldner ihn am Ende seiner Statthalterschaft nicht abreisen ließen. Erst nach einigem Zögern entschloss sich sein Bruder, Kaiser Rudolf II., gleichfalls ein großer Sammler, ihn auszulösen.

Die Regenten Erzherzog Albrecht und Infantin Isabella förderten die Künste und richteten im Brüsseler Schloss eine Galerie ein. Ihre Sammlung wurde allerdings nach ihrem Tod aufgelöst, so konnte Leopold Wilhelm nur die dort verbliebenen Bilder von Rubens bewundern.

Leopold Wilhelm nützte seine Kunstsammlung - wie zu dieser Zeit üblich - auch für repräsentative Zwecke. Der umfangreiche künstlerische Bestand steht für die umfassende Bildung des Besitzers, für seinen visuellen und geistigen Kosmos, und stellt einen Spiegel des eigenen Selbstverständnisses dar. Sein Kammermaler David Teniers d.J. setzte die erzherzogliche Bildersammlung auf zahlreichen Galeriebildern beeindruckend ins rechte Licht. Nur so sind die unterschiedlichen Versionen der gemalten Galerie zu verstehen, die er an die großen europäischen Fürstenhöfe versandte. Die nach Wien gelangte Fassung mit all ihren Aspekten wird einen Schwerpunkt der Ausstellung bilden.

Die Ausstellung
Die Ausstellung "Sammellust" bietet einen Überblick über die beeindruckende Vielfalt der Sammeltätigkeit des Erzherzogs, die nicht nur Gemälde umfasst. Sie thematisiert Sammlungspräsentationen und zeigt auch, wie Leopold Wilhelm durch die Galeriebilder und den ersten ‚Sammlungskatalog' der Geschichte, das Theatrum Pictorium, den exzellenten Ruf seiner Sammlung geschickt verbreitet hat. Nach wie vor bestimmt der auf uns gekommene Teil der Sammlung Erzherzog Leopold Wilhelms den Ruhm und die Bedeutung des Kunsthistorischen Museums in Wien.

Neben dem speziell für die Ausstellung konzipierten Sonderausstellungssaal können sich die Besucherinnen und Besucher auf "Sammeljagd" begeben und mittels eines Begleitheftes durch die Gemäldegalerie und die Kunstkammer die Reichhaltigkeit seiner ehemaligen Kunstsammlung erkunden.

Die Ausstellung ist die sechste in der Reihe INTERMEZZO, mit der das Kunsthistorische Museum ausgewählte Kunstwerke aus seinen verschiedenen Sammlungen zu einem Thema präsentiert und miteinander in einen spannenden Dialog setzt. Erarbeitet wurde sie von Kuratorinnen und Kuratoren aus den beteiligten Sammlungen.

Kuratorenteam
Anna Fabiankowitsch (Münzkabinett), Gerlinde Gruber (Gemäldegalerie), Rotraut Krall (Kunstvermittlung), Stefan Krause (Hofjagd- und Rüstkammer), Manuela Laubenberger (Antikensammlung), Konrad Schlegel (Kunstkammer), Heinz Winter (Münzkabinett), Karin Zeleny (Lektorat) sowie Renate Schreiber (Historikerin)

 

 

 

Allgemeine Informationen:
http://www.khm.at

 

 

 

 

 

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