Auftakt der Reihe "Autorinnen feiern Autorinnen" im Wiener Rathaus; Marlene Streeruwitz
würdigte Werk und Wirken von Bertha von Suttner
Wien (rk) - "Autorinnen feiern Autorinnen" lautet der Titel einer neuen Initiative der Stadt Wien,
die sich gegen die Dominanz von männlichen Autoren in der Literaturgeschichtsschreibung wendet und ihren Blick
gezielt auf das OEuvre von Wiener Autorinnen wirft. Bei der Auftaktveranstaltung am 18.06. im Wiener Rathaus würdigte
Marlene Streeruwitz in einer rund einstündigen Rede das außergewöhnliche Werk und Wirken der großen
Bertha von Suttner (1843-1914), die als erste Frau den Friedensnobelpreis erhielt und deren Tod sich am 21. Juni
2014 zum 100. Mal jährt. Eröffnet wurde die Veranstaltung von Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny.
"Bertha von Suttner gilt heute als Utopistin, die eine überragende Rolle sowohl in der österreichischen
Geschichte als auch international einnimmt", erklärte Mailath. "Die Schriftstellerin, Politikerin,
Journalistin und Pazifistin setzte sich unermüdlich für den Weltfrieden ein. Bertha von Suttners pazifistischer
Roman 'Die Waffen nieder', im Geburtsjahr von Adolf Hitler verfasst, besitzt leider immer noch traurige Aktualität,
wenn wir beispielsweise heute in die Ukraine blicken. Der heutige Abend ist daher neben der Würdigung einer
großen Frau auch das gemeinsame Bekenntnis zu Friede, Kunst, Kultur und Demokratie", so der Kulturstadtrat.
Gezielter Blick auf Wiener Autorinnen
Anlass für die Initiative "Autorinnen feiern Autorinnen" ist die überproportionale Benennung
von Auszeichnungen, Veranstaltungen oder Vereinigungen im Literaturbereich nach renommierten männlichen Künstlern.
So erhielten in den letzten zwanzig Jahren zum Beispiel 15 Männer und nur sechs Frauen den Preis für
Literatur; mit dem H.C. Artmann Preis wurden bisher überhaupt nur Männer ausgezeichnet. Die Kulturabteilung
der Stadt Wien versucht dieser Tendenz entgegenzuwirken. Beginnend mit 2014 wird jährlich eine Wiener Autorin
beauftragt, eine Rede zu Ehren einer bedeutenden (verstorbenen) Wiener Schriftstellerin zu verfassen und diese
öffentlich vorzutragen. "Es gibt viele Schriftstellerinnen, die von der Literaturgeschichtsschreibung
kaum beachtet wurden, die aber die literarische Identität der Stadt Wien mitprägten. Diese wollen wir
sichtbar machen", erklärte Mailath.
In den kommenden Jahren sollen die Autorinnen Betty Paoli (2015 -200. Geburtstag) und Marie von Ebner-Eschenbach
(2016 - 100. Todestag) im Rahmen der Reihe fokussiert werden. Eine Jury nominiert jene Wiener Autorin, die mit
der Verfassung des circa einstündigen Vortrags über die jeweils geehrte Schriftstellerin beauftragt wird.
Die Reden werden im Rahmen einer eigenen Reihe publiziert und verstehen sich als Infragestellung für Kanonisierungs-
und Werteprozesse sowie als Chance für Neuperspektivierungen im Hinblick auf eine geschlechterausgewogene
österreichische Literaturgeschichtsschreibung.
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