Innsbruck (universität) - Die Mikrobiologin Sigrid Neuhauser, die Mathematikerin Karin Schnass und der
Informatiker René Thiemann erhalten für ihre Forschung den START-Preis. Die beiden Forscherinnen und
der Forscher erhalten für ihre Projekte eine finanzielle Starthilfe von jeweils bis zu 1,2 Millionen Euro.
Der vom Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (FWF) vergebene START-Preis ist die höchste
Auszeichnung für Nachwuchswissenschaftler in Österreich.
Am 16.06. wurden die Preisträgerinnen und Preisträger des START-Preises in Wien bekannt gegeben. Von
den acht jungen Forscherinnen und Forschern, die diese höchste Auszeichnung für Nachwuchswissenschaftlerinnen
und –wissenschaftler in Österreich erhalten, stammen drei von der Universität Innsbruck. Ihnen stehen
jeweils bis zu 1,2 Millionen Euro für ihre Forschung zur Verfügung. „Drei START-Preise für unsere
Universität von insgesamt acht – das macht mich sehr stolz und zeigt auch die hohe Qualität der Arbeit
unseres wissenschaftlichen Nachwuchses. Trotz teilweise schwieriger Rahmenbedingungen sind wir in der Lage, unseren
Forscherinnen und Forschern ein ausgezeichnetes Umfeld zu bieten“, hält Rektor Tilmann Märk fest.
Die Preisträgerinnen und der Preisträger (alphabetische Reihenfolge):
Sigrid Neuhauser, „Hi-Phy: Interaktionen von Phytomyxea und ihren Wirten – Untersuchungen basierend auf Transkriptom
Analysen und In-Situ Transkript Visualisierung“
Die Mikrobiologin will im Rahmen ihres Forschungsprojekts anhand einer Gruppe von parasitischen Einzellern,
den sogenannten ‚Phytomyxea‘, die grundlegende Mechanismen der Interaktion zwischen Parasiten und ihren Wirten
klären. Einige Phytomyxea sind als Krankheitserreger an wichtigen Kulturpflanzen bekannt: Plasmodiophora brassicae,
der Erreger der Kohlhernie, ist beispielsweise für 10 Prozent Ausfall der weltweiten Produktion von Kohlgewächsen
verantwortlich. Neben Blütenpflanzen parasitieren Phytomyxea auch Braunalgen, Kieselalgen und Eipilze. Phytomyxea
sind zwingend auf einen lebenden Wirt angewiesen. Nach der Infektion übernehmen sie dessen Zellregulation
und programmieren seinen Stoffwechsel für die eigene Energiegewinnung um. Um das Zusammenspiel zwischen Phytomyxea
und ihren Wirten auf genetischer Ebene zu verstehen, verwendet sie eine Methodenkombination aus Transkriptom-Analyse
und In-Situ-Transkript-Visualisierung. Von diesen Analysen verspricht sich Neuhauser völlig neue Erkenntnisse
zur Biologie der Phytomyxea-Wirt Beziehung, was auf weitere Sicht großes Potenzial für die Entwicklung
von Strategien zur Bekämpfung und Kontrolle dieser wirtschaftlich bedeutenden Krankheitserreger birgt.
Sigrid Neuhauser wurde 1980 in Rum geboren und studierte von 1999 bis 2005 Biologie an der Universität Innsbruck.
2007 schloss sie ihr Doktoratsstudium am Institut für Mikrobiologie ab und forschte dort erst als Postdoc
und von 2008 bis 2011 als Hertha Firnberg Research Fellow. 2012 ging Neuhauser für ein Erwin Schrödinger
Research Fellowship nach London (Department of Life Sciences, Natural History Museum) und kehrte 2014 im Rahmen
der Rückkehrphase des Stipendiums an das Institut für Mikrobiologie der Universität Innsbruck zurück.
Karin Schnass, „Optimierung, Modelle & Algorithmen für Dictionary Learning“
Ob es die 300 Millionen hochgeladener Fotos auf Facebook pro Tag sind, die 800 GB pro Sekunde, die der Teilchenbeschleuniger
am CERN aufzeichnet – eines ist klar, wir sind im Zeitalter der großen Datenvolumen angelangt. Allein im
vergangenen Jahr stieg die Menge der weltweiten Daten auf etwa 4.000 Milliarden GB. Es wird angenommen, dass davon
in etwa 23 Prozent nützlich sind, wobei davon nur etwa 1 Prozebt tatsächlich analysiert werden kann.
Schnass untersucht, wie man mit diesen Datenmengen und den damit verbundenen Herausforderungen umgehen kann. Auf
der Seite der Signalverarbeitung basieren einige der vielversprechendsten Strategien auf dem Schlüsselkonzept
der dünnen Besetzung (sparsity), d.h., der geringen Komplexität sogar hochdimensionaler Daten, sobald
diese in einem geeigneten Repräsentationssystem (dictionary) dargestellt werden. Für eine ganze Datenklasse
bietet solch ein Repräsentationssystem zusammen mit der dünn besetzten Darstellung außerdem eine
reiche Basis für die Datenanalyse. Ihr Projekt befasst sich mit der grundlegenden Frage, wie man für
eine gegebene Datenklasse automatisch ein Repräsentationssystem lernen kann, das dünn besetzte Darstellung
erlaubt, auch bekannt als dictionary learning oder sparse coding. Es zielt darauf ab, ein tieferes theoretisches
Verständnis für dictionary learning zu liefern und auf dessen Grundlage stabile und effiziente Lernalgorithmen
für hochdimensionale Daten zu entwickeln.Karin Schnass wurde 1980 in Klosterneuburg geboren. 2004 erwarb sie
ihr Diplom in Mathematik an der Universität Wien bevor sie im Jahr 2009 das Doktorat in der Schweiz an der
„École polytechnique fédérale de Lausanne“ absolvierte. Derzeit arbeitet Karin Schnass als
Erwin Schrödinger Stipendiatin vom FWF an der Università degli studi di Sassari in Italien. Im Oktober
diesen Jahres wird Schnass an das Institut für Mathematik in Innsbruck wechseln.
René Thiemann, „Zertifizierte Terminierung und Komplexität von Programmen“
Der Informatiker René Thiemann beschäftigt sich mit der Zuverlässigkeit aktueller Analyse-Programme:
Fundamentale Eigenschaften von Computerprogrammen sind Terminierung (alle Berechnungen führen zu einem Ergebnis)
und Komplexität (wie lange dauert die Berechnung, wie hoch ist der Speicherbedarf). Hierzu gibt es zwar viele
automatische Verfahren, jedoch sind diese Verfahren komplex, weshalb entsprechende Analyse-Programme oft nicht
fehlerfrei sind. Dies kann katastrophale Folgen haben, etwa ein generierter Terminierungsbeweis für ein nicht-terminierendes
Programm: eine trügerische Sicherheit, die nicht ohne weiteres entlarvt werden kann. Eine Lösung für
diese Problem bieten Zertifizierer, die die generierten Beweise der Analyse-Programme überprüfen können.
In seinem Projekt wird Thiemann die Anwendbarkeit der Zertifizierer in zwei wichtige Richtungen erweitern: Sie
sollen eine große Klasse von Komplexitäts-Beweisen unterstützen, außerdem Terminierungs-Beweise
für die Programmiersprachen Java und Haskell. Dazu muss Thiemann die Semantik für Haskell formalisieren
sowie die existierende Formalisierung von Jinja in Richtung Java ausbauen (Jinja ist eine eingeschränkte Variante
von Java). Diese Arbeit wird die Zuverlässigkeit aktueller Terminierungs- und Komplexitäts-Analyse-Programmen
stark verbessern.
René Thiemann wurde 1976 in Stadtlohn (Nordrhein-Westfalen) geboren. Nach dem Studium und der Promotion
in Informatik an der RWTH Aachen wechselte er 2007 an das Institut für Informatik in Innsbruck, wo er als
Projektmitarbeiter tätig ist. Im Juli 2013 habilitierte er sich in Innsbruck mit der Arbeit „A Formalization
of Termination Techniques in Isabelle/HOL“.
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