Aussprache des Finanzausschusses mit Ewald Nowotny und Andreas Ittner
Wien (pk) - Die wirtschaftliche Entwicklung in der EU und in Österreich, aber auch die Zinspolitik
der EZB standen am 24.06. im Mittelpunkt einer Aussprache des Finanzausschusses mit Nationalbank-Gouverneur Ewald
Nowotny und Vizegouverneur Andreas Ittner. Ausgangspunkt war dabei der routinemäßige Halbjahresbericht
der OeNB über die erfolgten geld- und währungspolitischen Maßnahmen, der der Nationalbankspitze
auch die Gelegenheit bot, die Abgeordneten über die zu erwartenden wirtschaftlichen Trends zu informieren.
Wachstum wird sich bis 2016 auf 2,1 % beschleunigen, Inflation zunächst rückläufig
Was die gesamtwirtschaftliche Prognose betrifft, rechnet Ewald Nowotny für 2014 und 2015 mit einem Wachstum
des realen BIP in Österreich von 1,6 bzw. 1,9 % und einer weiteren Beschleunigung im Jahr 2016 auf 2,1 %.
Sinkende Energie- und Rohstoffpreise werden dabei zu einer Fortsetzung der Abschwächung der Inflationsdynamik
führen, sodass die Inflationsrate im laufenden Jahr weiter auf 1,8 % und 2015 auf 1,7 % zurückgehen wird.
2016 hingegen wird nach Einschätzung Nowotnys die Inflation aufgrund der anspringenden Konjunktur wieder leicht
auf 1,9 % steigen. Die Arbeitslosenquote wiederum wird in den kommenden Jahren gemäß Eurostat konstant
bei 4,9 bis 5,0 % - dem niedrigsten Wert in der EU - bleiben.
Die Hypo lässt die Schuldenquote steigen
Wie Nowotny in seiner Präsentation zu bedenken gab, wird sich 2014 der Budgetsaldo nach Maastricht insbesondere
aufgrund weiterer Zahlungen an Banken vorübergehend auf -2,5 % des BIP verschlechtern, bevor es 2015 und 2016
zu einer Verbesserung auf -1,2 bzw. -0,7 % des BIP kommen wird. Wegen der Restrukturierung der Hypo wird die öffentliche
Schuldenquote im laufenden Jahr auf 79,2 % des BIP steigen, in den beiden kommenden Jahren aber auf 75,3 % zurückgehen.
Nach den neuen Grundsätzen der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung werde, wie Nowotny präzisierte, die
Schuldenquote ab 2014 aber über 80 % liegen, da Schulden der ÖBB sowie Schulden der Länder und Gemeinden
aus dem Spitalsbereich eingerechnet werden müssen. Um das mit der EU vereinbarte mittelfristige strukturelle
Budgetziel (-0,45 % des BIP) 2015 zu erreichen, ergibt sich nach den Einschätzungen der OeNB ein weiterer
Konsolidierungsbedarf von 1/4 % des BIP.
Nowotny sprach im Zusammenhang mit dem Aufschwung allerdings von hohen Unsicherheiten. So gehe das mit Abstand
größte Risiko von einer Verschärfung der Russland/Ukraine-Krise und den Effekten möglicher
weiterer Sanktionen der EU aus. Die aktuellen Entwicklungen um den Abschuss eines ukrainischen Militärflugzeugs
und das Scheitern der Gaspreisverhandlungen zwischen Russland und der Ukraine würden jedenfalls nicht auf
eine Entspannung der Lage hindeuten.
Nach wie vor hohe Verflechtung der heimischen Banken mit Osteuropa
Hinsichtlich der Lage der heimischen Banken sprach Vizegouverneur Andreas Ittner von einer Verschlechterung der
Profitabilität. Mittel-, Ost- und Südosteuropa, der sogenannte CESEE-Raum, bleibe wichtiger Ertragstreiber,
dies vor allem auch angesichts der schwachen Ertragskraft im Österreich-Geschäft. Ittner wies aber auf
eine im internationalen Vergleich hohe Exposure gegenüber Russland und der Ukraine hin. Auch seien die österreichischen
Geldinstitute unterdurchschnittlich kapitalisiert, wiesen aber andererseits eine deutlich geringere Verschuldung
als vergleichbare Banken anderer EU-Länder auf. Große Bedeutung maß der Vizegouverneur überdies
dem neuen Europäischen Bankenaufsichtsmechanismus zu, der vor allem auch Regeln für die Abwicklung von
Banken vorsieht.
Nowotny sieht derzeit keine Deflation in Europa
In der Debatte betonte Nowotny gegenüber dem Grün-Abgeordneten Bruno Rossmann sowie SPÖ-Finanzsprecher
Kai Jan Krainer, dass es derzeit in Europa keine Deflation gibt. Man sei aber einer deflationären Entwicklung
deutlich nahe, zumal die EZB die Preisstabilität bei einer Inflationsrate von 2 % definiert. Niedrige Zinsen,
wie sie derzeit von der EZB praktiziert werden, würden sich wirtschaftspolitisch als hilfreich auswirken,
ob sie aber auch ausreichen, um Wachstumsimpulse zu setzen, sei fraglich. Nowotny plädierte in diesem Zusammenhang
dafür, auch auf der Nachfrageseite stärkere Akzente zu setzen. Die Möglichkeiten der Geldpolitik,
Wirtschaftswachstum zu fördern, seien aber beschränkt, gab er zu bedenken.
Mit Nachdruck bestätigte der Gouverneur gegenüber dem FPÖ-Abgeordneten Elmar Podgorschek einmal
mehr, dass die Hypo aus seiner Sicht nicht als typisch für das österreichische Bankensystem angesehen
werden könne. "Wackelkandidaten" gebe es in der österreichischen Bankenlandschaft keine, unterstrich
er überdies und meinte, man solle hinsichtlich der Sicherheit der Banken nicht leichtfertig mit Vermutungen
umgehen.
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